Kapitel 45.

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In den nächsten Tagen begann mein Körper sich langsam zu erholen. Die blauen Flecke wurden gelb und die Kratzer die mich übersäten wurden zu kleinen hellen Linien. Einzig die gebrochenen Rippen und das gebrochene Bein schmerzten noch. Allerdings wollte ich mich beim besten Willen nicht an den gutaussehenden Mann erinnern, der mein Ehemann sein sollte und der mich gerade vor einem kleinen Haus etwas außerhalb New Yorks absetzte. Unserem Haus. Logan öffnete mir die Autotür des Mercedes und half mir mit meinem Ungetüm von einem Bein auszusteigen. Etwas wacklig stützte ich mich auf die Krücken, die mir das Krankenhaus mitgegeben hatte und betrachtete unser Zuhause.

Es kam mir nicht bekannt vor. Es war mir fremd. Zwar sah es wirklich gemütlich aus mit der kleinen Veranda und den Efeu-Ranken, die das Haus umschlangen, aber da war nichts, was mir im Gedächtnis geblieben war. Logan legte mir einen Arm um die Taille und zog mich an sich. Immer wenn er das tat, verkrampfte ich mich. Seine Berührungen waren so ungewohnt. Er tat so, als würde er es nicht merken und sah mich an. „Und, erinnerst du dich an unser kleines Liebesnest?“, fragte er und ich schüttelte schweren Herzens den Kopf. Es musste unglaublich schwer sein für ihn, dass ich mich weder an ihn noch an unser gemeinsames Leben erinnern konnte. Er seufzte.

„Vielleicht müssen wir hineingehen. Bekannte Gerüche sollen dem Gedächtnis wohl auf die Sprünge helfen.“, sagte er leise und ich nickte. Mir blieb ja auch nichts anderes übrig. Wo sollte ich sonst hin? Mit meinen Eltern hatte ich keinen Kontakt mehr, das wusste ich. Daran konnte ich mich erinnern. Eigentlich konnte ich mich an alles erinnern, nur nicht an da, was in den letzten Wochen passiert war. Und das war es, was mich verwirrte. Nach Logan waren wir bereits seit zwei Jahren verheiratet. Es war zum verrückt werden. „Na komm, Liebling, ich bringe dich rein.“ Langsam lief er neben mir her, als ich auf die Haustür zuhumpelte und schloss auf.

Das erste was mir auffiel war der Geruch nach alten Möbeln. Staub tanzte im Licht, das durch die Fenster fiel und ich stockte. „Wie lange sagtest du, leben wir schon hier?“, fragte ich meinen Ehemann und ich merke, wie er sich neben mir anspannte. „Seit zwei Jahren, Liebling. Wir sind direkt nach der Hochzeit hier eingezogen, das habe ich dir doch schon erzählt.“ Er musterte den Staub und eine tiefe Falte entstand auf seiner Stirn. „Und wir haben vor zwei Jahren auch das letzte Mal sauber gemacht?“, fragte ich spöttisch und fuhr mit dem Finger über das Fensterbrett. Dick legte sich der Staub um meine Fingerkuppe und ich zeigte ihn Logan. Dieser zuckte die Schultern.

„Der Staub hier setzt sich einfach schnell ab. Ich werde eine Putzfrau anrufen, sie wird sich darum kümmern. Lass mich dir jetzt erstmal unser Schlafzimmer zeigen. Ich denke es wäre gut, wenn du dich jetzt erstmal ausruhst.“ Er berührte meinen Ellbogen und ging voraus. Stirnrunzelnd folgte ich ihm, wobei die Krücken laut auf dem hölzernen Boden hallten. Ich sah mich um. Es war wirklich alles ziemlich alt gehalten. Dunkles Holz, dunkle Wandfarbe und merkwürdige Gardienen, die ich mir nie im Leben freiwillig ausgesucht hätte. Aber vielleicht hatte sich mein Geschmack durch den Unfall geändert? Ich glaubte es nicht. Logan blieb vor einer Tür stehen und drückte sie auf. Sie quietschte.

Sein Gesichtsausdruck wurde immer finsterer und als ich eintrat wusste ich, warum. Das Zimmer war leer. Die Tapete hing in Fetzen von den Wänden und die Deckenfarbe bröckelte. Entsetzt drehte ich mich zu ihm um. „Logan, was zum Teufel geht hier vor?“, fragte ich ihn und stützte mich stärker auf die Krücken. Meine Hände begannen zu zittern. Irgendetwas war doch hier furchtbar faul. Warum sollten wir in einem Haus gelebt haben, in dem es kaum Möbel gab und das kurz vor dem Zerfall stand? Logan wurde blass, als er mich ansah und spielte nervös mit dem Ring, den er am Finger trug. Sein Ehering. Mein Blick fiel auf das Gegenstück, das an meinem Finger prangte. Selbst dieser Ring gefiel mir nicht. Wie um alles in der Welt hatte ich ihn mir freiwillig aussuchen sollen?

Lustful - Erwachte BegierdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt