Kapitel 44.

57.2K 1.9K 458
                                    

Ein durchdringendes Piepen gelangte an mein Ohr und ich öffnete stöhnend die Augen. Ich starrte gegen eine weiße Decke. Wo zum Teufel war ich? Langsam drehte ich den Kopf und zuckte zusammen. Verdammt, das tat weh! Mein Blick verschwamm für einen Augenblick und ich blinzelte panisch dagegen an. Was war passiert, wo war ich? Mein Blick fiel auf einen Monitor neben meinem Kopf und ich betrachtete einen Moment lang die kleine rote Linie, die in regelmäßigen Abständen ausschlug. Dabei erklang dieses nervige Piepen. Langsam wurde mir klar, wo ich mich befand. Im Krankenhaus.

Erschrocken schaute ich an mir herab, wobei ich den Kopf heben musste. Ein fieser Schmerz schoss mir in die Augen und ich musste wieder stöhnen. Aber ich wollte wissen, wie es um meinen Körper stand. Mein linkes Bein war in einen dicken weißen Verband gehüllt und ein Schlauch führte unter der Bettdecke hervor. Ein Katheter. Jetzt, wo ich mich auf meinen Körper konzentrierte spürte ich die Schmerzen. Meine Rippen pochten und in meinem Bein hatte sich ein unangenehmes Brennen eingenistet. Als ich die Hand hob, um die Decke wegzuschlagen fiel mein Blick auf die Nadel, die in meinem Handrücken steckte. Ich schluckte. Verflucht nochmal, was war nur mit mir passiert?

Als ich es schaffte, die Decke wegzuschlagen, zischte ich. Mein Körper war von einem dieser furchtbaren Op-Kittel verhangen und doch konnte ich sehen, dass auch ein dicker Verband um meinen Oberkörper lag. „Scheiße.“, fluchte ich und in diesem Moment wurde die Zimmertür geöffnet. Eine kleine dickliche Krankenschwester kam herein und musterte mich erfreut. „Miss Carter, Sie sind wach, wie schön!“, flötete sie und kam auf mich zu. „Ich bin Schwester Anett. Ich wollte gerade ihren Katheter wechseln, aber da Sie wach sind, kann ich ihn auch gleich entfernen.“

Ich nickte nur. Als sie sah, dass ich meine Decke bereits von mir geworfen hatte, runzelte sie die Stirn. „Sie haben also bereits gesehen, wie es um sie steht.“, sagte sie und ich räusperte mich. „Was ist passiert?“ Meine Stimme hörte sich kratzig an. Ich räusperte mich noch einmal. „Oh Liebes, Sie hatten einen furchtbaren Unfall. Ein Taxi hat Sie angefahren, als Sie plötzlich auf die Straße gerannt sind. Man musste Sie zweimal wiederbeleben. Es stand wahrlich nicht gut um Sie. Umso glücklicher bin ich, dass Sie die Augen geöffnet haben.“ Als sie den Katheter entfernte schloss ich vor Scharm die Augen. Sie wusch mich und schaute sich die Verbände an, dann deckte sie mich wieder zu.

„Ich bin auf die Straße gerannt?“, frage ich verwirrt und versuchte mich zu erinnern. Da waren nur Gedankenfetzen, die ich nicht zuordnen konnte. Außerdem verursachte das Denken Kopfschmerzen. „Ja, Liebes. Der Fahrer meinte, Sie wären gerannt, als hätte Sie jemand verfolgt.“ Sie goss mir ein Glas Wasser ein und reichte es mir. „Trinken Sie, das wird Ihnen gut tun.“ Sie half mir, das Glas zum Mund zu führen und als die ersten Tropfen meine Kehle hinunterrannen, merkte ich, wie durstig ich war. „Langsam, langsam. Wir wollen Ihren Körper ja nicht gleich überfordern. Sie lagen schließlich vier Tage im Koma.“ Entsetzt starrte ich sie an. „Wie bitte?“ Sie lächelte leicht. Irgendwie erinnerte sie mich ein an eine liebenswürdige Oma.

„Ja Liebes, ich habe Ihnen ja gesagt, dass es nicht gut um Sie stand. Beinahe hätten wir Sie verloren. Aber anscheinend sind Sie eine Kämpferin.“ Sie nahm mir das Glas ab und stellte es beiseite. „Ach, übrigens. Ihr Mann wartet vor der Tür. Soll ich ihn reinlassen?“ Verwirrt schaute ich sie an. „Mein Mann?“ Ich zerbrach mir den Kopf. Ich war verheiratet? Warum konnte ich mich daran nicht erinnern? „Aber ja. Ich muss zugeben, er ist ein hübsches Kerlchen. Und er wacht seit Tagen an Ihrem Bett.“

Noch immer konnte ich mich nicht erinnern. War ich so schwer auf den Kopf gestürzt, dass ich mich nicht erinnern konnte? „Was hat er gesagt, wie er heißt?“, fragte ich die Krankenschwester und jetzt war sie es, die mich verwirrt ansah. „Liebes, können Sie sich etwa nicht an Ihren Mann erinnern?“ Ich schüttelte den Kopf. Mitleidig musterte sie mich. „Die Erinnerung kommt sicherlich zurück. Ich schicke ihn herein, vielleicht hilft das Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge. Er heißt übrigens Logan. Logan O’Bannion.“ Mit diesen Worten rauschte sie zur Tür hinaus. Logan O’Bannion. Der Name kam mir wage bekannt vor.

Ich blieb nicht lange allein. Wenige Minuten, nachdem die Schwester verschwunden war, öffnete sich die Tür erneut. Diesmal war es ein Mann, der seinen Kopf hereinsteckte. „Lauren, darf ich reinkommen?“, fragte er und ich nickte nur. Er war anscheinend mein Mann. Warum sollte er dann nicht reinkommen dürfen? Erleichterung breitete sich auf seinen Zügen aus, als er hereinkam und die Tür hinter sich schloss. Ich betrachtete ihn. Er sah gut aus. Braunes Haar fiel um sein Gesicht mit den dunklen Bartschatten. Sen Körper war trainiert, das konnte ich unter seiner engen Kleidung erkennen. Als er näher kam, fielen mir seine grünen Augen auf. Er sah gut aus. Er war mein Mann.

„Hey Baby, wie geht es dir?“, fragte er leise und setzte sich neben mich aufs Bett. Vorsichtig ergriff er meine Hand. „Es..es geht so.“, stotterte ich. Merkwürdigerweise empfand ich nichts, als er mich berührte. Kein Kribbeln, kein Herzklopfen, nichts. „Na, das kann ich mir vorstellen. Ich hätte dich beinahe verloren. Du hast mir einen unglaublichen Schrecken eingejagt.“, sagte er und streichelte meinen Handrücken. „Du bist mein Mann?“, fragte ich ihn, als ich mich weiterhin versuchte, an ihn zu erinnern. Er kam mir bekannt vor, das ja. Aber nicht mehr. Enttäuscht sah er mich an. „Du erinnerst dich nicht an mich?“ Seine Stimme klang traurig. Ich schüttelte den Kopf.

„Oh Liebling, Baby. Das wird wieder, ganz bestimmt. Du wirst dich an mich erinnern. An uns. Wir waren so unglaublich glücklich miteinander. Diese Erinnerung muss zurückkommen. Versprich mir, dass du dich anstrengen wirst. Erinnere dich.“ So bestimmt wie er sprach, konnte ich nur nicken. „Ich werde mich erinnern.“, versprach ich ihm und er gab mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. Immer noch kein Kribbeln. Anscheinend war mein Körper vollkommen außer Gefecht gesetzt und musste sich an diese Berührungen erst wieder gewöhnen.

„Weißt du, was passiert ist?“, fragte ich ihn und ließ meinen Kopf in die Kissen fallen. Schmerz durchzuckte mich, doch ich ignorierte ihn. Mitleidig sah er mich an. „Oh Baby, irgendein Verrückter hat dich verfolgt. Du bist vollkommen panisch vor ihm weggelaufen und dann war das das Taxi…“, er brach ab, Tränen sammelten sich in seinen Augen. „Ich dachte, ich verliere dich.“, flüsterte er und ich hob wie aus Reflex die Hand, um ihm die Wange zu streicheln. Er liebte mich anscheinend wirklich. „Ein Verrückter hat mich verfolgt?“, fragte ich ihn und er nickte wild. „Ja. So ein kranker Anwalt. Als sie dich gefunden haben, meinte er, er wäre dein Freund und dass er dich lieben würde. Dabei gehörst du zu mir. Als ich über ihn recherchiert habe, habe ich herausgefunden, dass er schon mal jemanden umgebracht hat. Er ist zwar davon gekommen, weil es wohl nach Notwehr aussah, aber trotzdem. Liebling, stell dir vor, er wollte dich vielleicht umbringen.“

Entsetzt keuchte ich auf. „Ein verrückter Anwalt, der schon einmal jemanden umgebracht hat?“ Ich erschauderte. Verdammt, das hörte sich alles ziemlich übel an. „Ja, er heißt Caulfield. Matthew Caulfield.“ Ich liebe dich. Diese drei Worte waren plötzlich in meinem Kopf, als er den Namen nannte. Das musste daher kommen, dass er es nach dem Unfall behauptet hatte. Mein Unterbewusstsein musste es irgendwie aufgenommen haben. Wieder erschauderte ich. Das Ganze war furchtbar gruselig. Mein Kopf begann stärker zu schmerzen und eine seltsame Müdigkeit legte sich über mich. „Logan, ich bin müde.“, sagte ich leise und er streichelte mir den Kopf. „Das ist vollkommen normal mein Schatz. Ich werde eine Schwester rufen, die dir sicherlich auch noch etwas gegen die Schmerzen geben kann. Du hast sicherlich welche, oder?“ Ich nickte matt. Er stand auf, beugte sich zu mir rüber und gab mir noch einen Kuss auf die Stirn. „Ruh dich aus Liebling, danach sieht die Welt schon gleich ganz anders aus.“ Wieder nickte ich. „Danke..Logan.“, stammelte ich und er lächelte nur. „Wenn du wieder aufwachst, bin ich da. Ich bin immer da. Schlaf gut.“ Mit diesen Worten drehte er sich um und ließ mich allein. Mein Kopf brummte und ich schloss die Augen. Bevor ich einschlief, spukten diese drei kleinen Wörter in meinem Kopf herum. Ich liebe dich.

Lustful - Erwachte BegierdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt