Kapitel 18.

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Mein Herz donnerte in meiner Brust als ich wenig später vor Matthews Kanzlei stand, die Hände unsicher ineinander verschränkt. Plötzlich war ich mir nicht mehr sicher, ob es eine gute Idee gewesen war, hierher zu kommen.

Vermutlich würde er mir die Abfuhr meines Lebens erteilen und mir die Tür vor der Nase zuknallen, aber wenn ich ehrlich war, könnte ich ihn verstehen. Ich hatte mich benommen wie ein kleines Kind.

Welche erwachsene Frau machte schließlich solch ein Drama aus einem Traum? Und es war tatsächlich nur ein Traum gewesen, nichts war real gewesen, nur ein schlechter Traum.

Aber ich musste mich ihm erklären, unbedingt. Ich wusste, dass ich mir ewig Vorwürfe machen würde, wenn ich es nicht täte. Und vorallem schuldete ich es meinem Herzen, das wegen mir schon viel zu viel durchmachen musste.

Ich holte tief Luft, dann stieg ich die wenigen Stufen zur Kanzlei hinauf und öffnete die Tür. Der Geruch eines beinahe penetrant süßlichen Parfüms stieg mir in die Nase und ich suchte den Vorraum nach seiner Quelle ab. Ich fand sie schneller als mir lieb war.

Eine blonde, junge Frau saß an der Anmeldung und lächelte mir entgegen. Sie hatte hervorstehende Wangenknochen und wunderschöne grüne Augen und alles in allem erinnerte sie mich an eines der Models auf dem Cover der Vogue.

Sofort fühlte ich mich furchtbar unwohl in meinen einfachen Sachen und meine etwas rundliche Figur war mir mehr als bewusst. Ich riss mich zusammen und versuchte ein Lächeln. Es misslang kläglich.

Doch ihr schien es nicht aufzufallen, denn sie strahlte mich noch immer an. "Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?", fragte sie mich und ihre Stimme hörte sich an wie das Quieken einer Maus.

"Ich.. Ich möchte zu Matt.. Mr. Caulfied.", stotterte ich und hätte mich am liebsten geohrfeigt. Nicht einmal selbstsicher konnte ich klingen! Es war zum Heulen.

"Haben Sie einen Termin?" Sie hob eine ihrer perfekt gezupften Augenbrauen als ich den Kopf schüttelte und seufzte. "Dann tut es mir leid, aber Mr. Caulfield empfängt niemanden, ohne einen Termin. Das steht übrigens auch auf der Internetseite dieser Kanzlei." Hatte sie mir gerade etwa einen abwertenden Blick geschenkt? Blöde, perfekt aussehende blonde Kuh!

"Es ist in privater Sache. Bitte, es dauert auch nicht lange.", versuchte ich es noch einmal, doch wieder schüttelte sie den Kopf. "Tut mir leid, aber ich habe meine Anweisungen." Sie senkte den Blick und studierte den Bildschirm eines hochmodernen Computers, dann fing sie an, mit ihren perfekten Gelnägeln auf die Tastatur einzuhämmern. Das Geräusch brachte mich innerhalb weniger Sekunden zur Weißglut.

Ich ballte die Fäuste und räusperte mich. "Mrs..", ich schielte auf das Namensschild an ihre Bluse "Baker.. Ich möchte sie wirklich nicht provozieren, aber ich muss jetzt wirklich Mr. Caulfield sehen, es ist sehr wichtig. Es... Es geht um einen Krankheitsfall in der Familie. Ich bin.. seine Schwester!", log ich und betete zu Gott, dass sie mir diese Notlüge abnahm.

Ihr Kopf schoss in die Höhe und sie musterte mich von oben bis unten. Als ihr Blick wieder in meinem Gesicht angelangt war, öffnete sie den Mund. "Entschuldigung, ich wusste ja nicht, dass Sie zur Familie gehören. Ich möchte nicht unfreundlich erscheinen, aber Sie sehen ihm wirklich nicht ähnlich."

Autsch. Das hatte gesessen. Ich wusste ja, dass ich mit Matthews Aussehen nicht mithalten konnte, aber dass es so eindeutig war, dass ich nicht mit ihm verwandt war, schmerzte trotzdem. "Ich bin adoptiert.", nuschelte ich und jetzt leuchtete die Erkenntnis in ihren Augen auf. "Ah, ich verstehe. Nun gut, Sie wissen, wo sein Büro ist?", fragte sie und ich nickte nur.

Schließlich hatten wir in seinem Büro schon Sachen getan, die zwischen Bruder und Schwester verboten waren. Aber das sagte ich ihr nicht.

Ich machte mir nicht die Mühe zu klopfen, sondern riss sofort die Tür auf und trat ein. Matthew saß an seinem Schreibtisch und sah in seinem Anzug wie immer zum Anbeißen aus. Er war in irgendwelche Papiere vertieft, doch er riss wegen meines unhöflichen Eintretens sofort den Kopf hoch.

Und seine Reaktion auf mich war wirklich überraschend.

Lustful - Erwachte BegierdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt