Kapitel 2

8.5K 206 17
                                    

Die Fahrt mit dem Auto, plus die Überquerung mit der Fähre, um überhaupt auf die Insel zu kommen, dauerten ein paar Stunden. Die meiste Zeit schlief ich oder hörte Musik, die gerade im Radio lief. Zwar nicht meine Musikrichtung, aber wenn schon etwas. Als unser Auto zum Stehen kam, richtete ich mich auf. Mein Nacken schmerzte von der unbequemen Position, in der ich mich noch vor wenigen Sekunden befunden hatte. Nachdem ich ausgestiegen war, erblickte ich ein grosses weisses Haus. Die wichtigsten Möbel wurden bereits hineingebracht und von ein paar Angestellten an den richtigen Platz gebracht. Mit Koffern bepackt, betrat ich das Haus. Schnell suchte ich mir einen ruhigen Ort, welchen ich anschliessend als mein Zimmer benennen konnte. Tatsächlich fand ich einen sehr schönen Raum. Es gab ein schlichtes dunkles Bett mit einem Nachttisch, einem grossen Pult und einem Kleiderschrank. Meinen Koffer liess ich stehen, während ich sofort zum Fenster lief, um zu überprüfen, ob es möglich wäre, herauszuklettern. Obwohl sich das Zimmer im zweiten Stock befand, sah es nicht viel höher aus, als wenn es sich im ersten Stock befinden würde. Vom Fenster aus konnte man direkt über das Dach laufen und dann den letzten Meter hinunterspringen. Zufrieden wandte ich mich wieder meinem Koffer zu, den ich schlussendlich auch auspackte. "Alles okay bei dir Schatz?", fragte mich meine Mutter, als sie an meinem neuen Zimmer vorbeikam. Ich nickte, was sie zufrieden stellte. "Ach so ja, fast vergessen, in drei Wochen, wenn die Schulferien vorbei sind, gehst du wieder in die Schule." In wenigen Sekunden brachte sie es fertig, meine Laune auf null zu Senken. Ich ging nicht gerne in die Schule, egal wo sie sich befand. Ich war äusserst schlecht, Freunde zu finden. Für manche war ich zu arrogant und für andere war ich ein Freak. Was andere Menschen von mir hielten war mir ziemlich schnuppe, so wie alles andere in meinem Leben.

Einzig und allein begehrte ich die Freiheit. Und die will ich um jeden Preis bekommen...

Es wurde Abend, den ich hauptsächlich in meinem Zimmer verbrachte, bis ich meine Mutter hörte, dass es Abendessen gebe. Gemütlich ass ich mit meinen Eltern, während wir anfangs ganz normal ein Gespräch anfingen. Wie jedoch häufig endete dies mit einem Streit. Manchmal war daran auch ich schuld, doch es gab auch Momente, in denen sie ihre aufgestaute Frust an mir ausliessen. Wütend sprang ich vom Tisch auf, schnappte mir meine zerrissene Jeansjacke und stürmte aus unserem neuen Haus.

Sobald ich draussen war und die frische Nachtluft auf meinem Gesicht spürte, fühlte ich mich besser und konnte mich allmählich beruhigen. Ohne Ziel lief ich durch die Strassen. Ich bemerkte, wie die Strassen mit der Zeit immer kaputter wurden, sowie die Häuser. Aus einer Villa wurde eine heruntergekommene Fischerhütte. Doch es machte mir nichts aus. In der Abendstimmung versunken lief ich weiter und sah erst wieder auf, als ich Musik hörte. Ein paar hundert Meter weiter befand sich der grosse Strand, das Ende der Insel. Ich sah viele Kids in meinem Alter. Sie tranken Alkohol, tanzten zum Beat und machten miteinander rum. Da ich nichts Besseres zu tun hatte, sah ich mir die Sache mal etwas genauer an.

Auf den ersten Blick konnte man nicht viel erkennen, aber wenn man genauer hinsah, bemerkte man gewisse Unterschiede. Etwas weniger der Hälfte der ganzen Partymenge trugen schicke Kleidung. Ihre teuren Accessoires blitzten im Licht hell auf, während gewisse andere nur eine kurze Hose und ein Shirt anhatten. Diese Party bildete die zwei Welten, die in Outer Banks herrschten. Die eine Welt ist die Welt der Reichen, denjenigen welche Geld hatten und meistens zwei oder mehrere Häuser besassen. Die andere Welt hingegen sind die, welche sich das Geld zusammenkratzen müssen, dass sie einigermassen um die Runden kommen. Meistens hatten diese Leute sogar zwei Jobs.

Wie ihr vielleicht gemerkt habt, war ich sehr gut darin, Leute zu analysieren. Jedoch mit ihnen zu sprechen und Gefühle zu zeigen eher weniger. Ich denke es war zum Schutz vor der Aussenwelt und auch vor mir selbst. Aus meinen Gedanken gerissen wurde ich, als ich angerempelt wurde. Ich fuhr herum und sah zwei Jungs, die aufeinander einschlugen. Keiner der beiden zeigte einen kleinen Funken Gnade. Schnell wurden sie von anderen Jungs auseinandergerissen. Meine Aufmerksamkeit richtete sich auf den einen, welcher in die kurze Prügelei involviert war. Er hatte blonde Haare, trug sie ein weniger länger und durcheinander. Seine blauen Augen konnte man sogar im Dunkeln strahlen sehen. Er war gut gebaut und trug kurze Hosen mit einem Tanktop, welches zum Teil Sicht auf seinen Oberkörper freigab. Was machst du denn da? Meine innere Stimme mahnte mich vor dem, was ich gerade tat. Ich starrte einen Jungen an, welcher mich nicht einmal bemerkt hatte. Schnell wandte ich mich ab und sass auf einen Baumstamm, welcher ein wenig ausserhalb des Getümmels war.

Nach wenigen Minuten gesellte sich ein Mädchen zu mir. "Nicht in Partylaune?", fragte sie mich. Die braunen lockigen Haare mit der dunkel gebräunten Haut liessen sie sehr gut aussehen. "Nicht wirklich," antwortete ich ihr. Reaktion auf meine Aussage war ein kurzes Kopfnicken. "Ich habe dich hier noch nie gesehen, bist du neu hier?" fragte sie mich neugierig. Überfordert, dass sie überhaupt mit mir reden wollte, war ich jetzt die, welche nickte. "Cool, ich bin übrigens Kiara," stellte sie sich vor. "Jade." Als ich sie auf die Party ansprechen wollte, fiel ein Schuss. Erschrocken sah ich in die Richtung, aus der der Knall gekommen war. Kiara sprang auf und rannte zu dem Jungen, der eine Pistole in der Hand hatte. Schnell ging ich ihr nach. "Jj bist du verrückt?" schrie sie den Jungen an. Erst jetzt bemerkte ich, dass es der Junge war, den ich vor wenigen Minuten noch angestarrt habe. Jj, so hatte Kiara ihn genannt, ignorierte sie und feuerte einen weiteren Schuss ab. "Verpisst euch alle von unserem Strand, ihr scheiss Kooks," schrie er dazu. "Nimm die Waffe runter," rief Kiara ihm wieder und wieder zu. Die meisten Jugendlichen verschwanden mit ihren Kollegen, nur noch wenige blieben Da richtete der Junge mit der Pistole seinen Blick auf mich. Wankend und sehr wahrscheinlich total betrunken kam er auf mich zu. "Du bist auch ein Kook, runter von unserem Strand," sagte er. Da kam auch schon Kiara angerannt. "Tut mir echt leid, er ist komplett betrunken. Nimm es nicht ernst was er auch immer gesagt hat," sagte sie schnell und packte Jj dann am Arm. Als dann auch noch eine Polizeisirene erklang, machte ich mich schnell aus dem Staub.

LOSE YOU TO LOVE MEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt