Kapitel 21

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Dass ich letzte Nacht zu viel getrunken hatte, merkte ich als sich meine Augen öffneten. Mein Kopf dröhnte und meine Augen waren angeschwollen. Trotzdem konnte ich mich an alles erinnern. Jj mit diesem Mädchen und den Streit. Ich wollte gar nicht dran denken, was er nach unserem Streit mit ihr gemacht hatte. Mir drehte es den Magen um und ich musste mich stark darauf konzentrieren, mich nicht zu übergeben.

Während ich so da lag und wartete, bis meine Kopfschmerzen ein wenig abschwollen, dachte ich über mein Verhalten nach. Ich hatte kein Recht, so eifersüchtig zu sein. Jj gehörte ja schliesslich nicht mir und in einer richtigen Beziehung waren wir auch nicht. Wieso musste ich dann verdammt nochmal so reagieren? Innerlich wusste ich jedoch, dass ich mich erneut so verhalten würde, wenn ich nochmals in der vergangenen Situation wäre.

Müde stützte ich mich auf meinen Händen ab, während ich vorsichtig aufsass. "Hey", kam Pope auf mich zu. Ich nickte ihm kurz zu. "Geht's wieder besser?" "Ja alles gut", sagte ich schnell, jedoch nicht ganz wahrheitsgemäss. "Siehst aber nicht danach aus", murmelte er. "Wie sehe ich denn aus?", fragte ich ihn zum Spass. "Richtig beschissen", Pope lachte. "Das nehme ich jetzt mal als Kompliment", kicherte ich. Während er lachte spürte ich eine beruhigende Wärme von ihm ausgehen. Sie half mir, mich innerlich zu beruhigen und auf festem Boden zu bleiben. "Ich gehe jetzt mit den anderen, Sarah und Kie abholen. Ich hoffe die beiden konnten ihre Differenzen lösen". Nach einer kurzen Pause fügte er ein "Kommst du auch mit?", dazu.

Mein Herz zog sich bei einem Anblick von Jj zusammen. Allein der Gedanke mit ihm über das Passierte zu sprechen machte mich fertig. Nach vergangener Nacht ist es wohl das Beste, ihm eine Weile fern zu bleiben. "Ich fühle mich noch nicht ganz fit, Alkohol und so", log ich Pope an. Er nickte freundlich, doch an seinem Blick konnte ich ihm ansehen, dass er genau wusste, weswegen ich nicht mitkommen wollte. "Ich komme danach gleich wieder hierher, versprochen". Danach verschwand er aus der Haustüre.

Ich jedenfalls hatte nicht vor, hier zu bleiben. Nachdem ich in den wenigen vergangenen Minuten erkannt habe, dass ich eigentlich von niemandem hier gebraucht werde, fasste ich einen Entschluss. Sobald ich es geschafft hatte aufzustehen lief ich in schnellen Schritten aus der Türe, die auch Pope vor wenigen Minuten verlassen hatte.

Schnell steuerte ich auf das Haus von Jj zu. Da sich dort meine ganzen Sachen befanden, lief ich straight ins Wohnzimmer uns schnappte mir die verstreuten Kleider vom Boden auf. Ich sah die kleinen Momente mit Jj in jeder Ecke dieses Hauses aufblitzen. Um so schnell wie möglich hier raus zu kommen, stopfte ich alles in die Tasche und hob sie dann auf. Nachdem ich sie mir über die Schultern geworfen hatte, verliess ich das Haus. Im Schritttempo lief ich meinem Schicksal entgegen, bis ich von einem Ruf gestoppt wurde. Es war er. "Jade". Der Kuss mit dem Mädchen hatte ich plötzlich wie eine Leinwand vor mir. Den Streit ebenfalls. Nur kleine Ausschnitte, die mir zeigten, wie schlecht er für mich war. Ich begann zu joggen, wurde dann immer schneller und liess die Rufe hinter mir verklingen.

Erst als ich sicher war, dass er mir nicht gefolgt war, hielt ich an. Ausser Atem betrachtete ich das Haus, welches ich vor ein paar Wochen einfach vergessen wollte. Der Garten sah anders aus als vorher. Auch die Aussenfassade des Hauses wurde überarbeitet. Anscheinend hatten sich meine Eltern hier niedergelassen.

Nach einem tiefen Atemzug klingelte ich an der Haustüre. Als sie aufschwang erblickte ich meine Mutter. Sie wirkte niedergeschlagen und müde. "Gott sei Dank", murmelte sie und nahm mich in den Arm. Ein tiefes Gefühl in mir freute sich, sie wieder zu sehen. Ein anderes verabscheute sie immer noch. "Wo bist du gewesen?" "Bei ein paar Freunden. Doch irgendwie haben wir uns aufgelöst und ich wusste nicht mehr wohin". Sie sah mich mitleidig an. "Es tut mir leid. Ich habe vollkommen über reagiert. Als ich nach ein paar Tagen immer noch nichts von dir gehört habe, bin ich dich mit deinem Vater zusammen, suchen gegangen, doch wir konnten dich nicht finden", entschuldigte sie sich. "Darf ich denn wieder hier sein?", fragte ich sie. "Sicher. Geh dich erst mal waschen, dann können wir weiteres bereden". Ich bedankte mich bei ihr und lief in mein Zimmer, welches ich nicht mal richtig bewohnt hatte. Bis jetzt jedenfalls nicht.

Im Schnelldurchlauf versorgte ich meine Kleider, warf die Tasche in eine einsame Ecke und ging dann duschen. Ich liess das schon lange nicht mehr gefühlte warme Wasser auf mich hinunterprasseln. Mit einer Jogginghose und einem frischen Shirt bekleidet, begab ich mich runter zu meinen Eltern. Auch mein Vater nahm mich erleichtert in die Arme und sagte mir, er sei froh mich wiederzuhaben. "Ich will nicht wieder einen Streit auslösen, aber wie geht es jetzt weiter?", fragte mich meine Mum. Ich zuckte mit den Schultern. "Wenn ich etwas passendes finde, könnte ich mir studieren doch noch gut vorstellen". Ich log, was sie aber nicht merkten. Der einzige Grund, wieso ich von dieser Insel runter wollte, waren die Pogues. Zumindest jemand von ihnen. "Das freut uns zu hören", sagte meine Mutter glücklich. Ich schenkte ihnen ein kleines Lächeln, welches alles andere als echt war.

Nachdem ich fertig mit meinen Eltern gesprochen hatte, verzog ich mich in mein Zimmer. Dort warf ich mich aufs Bett und starrte die Decke an. Zum ersten Mal in meinem Leben wusste ich nicht, was ich nun machen sollte.

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