Die nächsten Tage verbrachte ich vor allem mit meinen Eltern. Es war echt ätzend, keine Freunde zu haben. Wir gingen aufs Festland einige Sachen für unser Haus kaufen und besuchten die Eltern meiner Mutter. Seit dem Vorfall auf der Party habe ich es unterlassen, mich am Abend noch einmal hinauszuschleichen. Da ich am heutigen Tag keinen durchgeplanten Ablauf von meiner Mutter bekam, zog ich mir leichte Kleidung an und rief meiner Mutter im Vorbeilaufen zu, ich wäre draussen. Diesmal hatte ich ein Ziel, den Strand. Wahrscheinlich ist sowieso keine Menschenseele da, weil es nicht besonders gutes Wetter war, trotzdem wollte ich die Umgebung weiter erkunden. Gesagt getan lief ich den Weg zum Strand. Mit meiner selbst gedrehten Zigarette lief ich am Meer entlang. Der Wind liess meine Haare hochwirbeln und ich liebte das Gefühl.
"Hey," rief mir eine bekannte Stimme zu. Als ich mich umdrehte, sah ich Kiara. Sie kam auf mich zu. Mit einem überraschten "Hey," antwortete ich ihr. Erst jetzt bemerkte ich das Bikini, welches sie trug. "Du willst jetzt schwimmen?" fragte ich Kiara. Sie lachte. "Wir wollen surfen." "Wer ist wir?" fragte ich sie verwirrt, da ich ausser ihr niemanden sah. Mit dem Kopf zeigte sie hinter mich. Als ich mich umsah, erkannte ich drei Jungs in Badehose. Sie waren alle ziemlich attraktiv, dass musste man ihnen lassen. Die zwei, welche ich nicht kannte, lächelten mir zu. Der andere, welchen ich als Jj von gestern erkennen konnte, ignorierte mich. "Jungs das ist Jade, sie ist neu hier," stellte sie mich vor. "Sie ist ein Kook," bemerkte Jj. "Bin ich denn was anderes Jj?" bemerkte Kiara genervt. "Ja," murmelte er. Was verdammt nochmal ist ein "Kook" und wieso macht er mich gerade so wütend! Um mich zu beruhigen, nahm ich einen tiefen Zug von meiner Kippe und warf sie dann in den Sand. Jj's Augen zeigten einen kurzen Funken Interesse, dann waren sie wieder voller Verachtung. Ich atmete kurz durch. In Situationen wie diesen konnten mir meine Wutanfälle nicht zugunsten kommen. "Ich habe zwar keine Ahnung, was ein Kook ist, aber mit so jemanden wie dir will ja demnach nicht mal ein Kook abhängen," sagte ich wütend. Die anderen zwei Jungs lachten, während Jj mich nur belustigt ansah. Meine Fähigkeit, Leute zu analysieren hielt sich in diesem Moment in Grenzen. "Hey Jade, ich bin John B und ich bin sehr froh, dass Jj wieder mal einen Korb gekriegt hat," stellte sich der Junge mit den längeren hellbraunen Haaren vor. Ich setzte ein kurzes Lachen auf. "Kannst du Surfen?" fragte mich der dunkelhäutige Junge neben John B. "Nein, ich komme aus der Stadt," antwortete ich dem Jungen, der sich als Pope rausstellte. "Das musst du unbedingt lernen," sagte Kiara und schnappte sich ihr Bord. "Fürs erste sehe ich lieber zu," lehnte ich ab. "Na dann, los Pouges," rief sie und rannte los. John B und Pope rannten ihr hinterher, während Jj einfach stehen blieb. Mit einem uninteressierten Blick sah ich in die Ferne. Doch dann begann er ohne Aufforderung zu sprechen. "Wir sind Pogues, die armen Schweine in diesem Viertel und dann gibt es die Kooks, die reich und ohne Sorgen leben. Sie besitzen ein richtiges Haus und Geld." Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte. "Tja, bis dann, Jade." Jj stand auf und sprach meinen Namen extra betont aus. Zum Abschied grüsste er mit einem kurzen Handzeichen der ehemaligen Armee und joggte dann den anderen hinterher. Nachdenklich sah ich ihm nach.
Da ich sowieso nichts Besseres zu tun hatte, sah ich den vieren beim Surfen zu. Alle waren wirklich sehr gut und trafen die Wellen perfekt. Nach gefühlten Stunden kehrte John B als Erster an den Strand zurück. Er schnappte sich sein Handtuch und setzte sich neben mich. "Hey," begrüsste er mich ausser Atem. "Hey." "Und, wie findest du es hier in Outer Banks?" fragte er mich. "Ganz gut schätze ich," beantwortete ich seine Frage. Er zog eine Augenbraue hoch. "Ganz gut?" wiederholte er mich und brachte mich zum Lachen. "Was ist daran falsch?" fragte ich ihn. "Du musst es hier einfach toll finden, du kannst alles machen, was du willst." "Ihr vielleicht. Sobald ich hier meinen Abschluss gemacht habe, muss ich weg, um zu studieren. Sagen jedenfalls meine Eltern," sagte ich frustriert. "Wenigstens sorgen sie sich um dich," sagte er. "Na ja, die einzigen Gespräche, welche ich mit meinen Eltern führe, sind Diskussionen über mein Leben." Ein stilles Schweigen legte sich breit. "Du kommst heute mit uns," beschloss John B plötzlich. "Wohin denn?" "Wir wollten mit unserem Boot in den Sumpf fahren."
Meine Eltern werden sich nicht mal mehr daran erinnern, wo ich im Moment war und deshalb willigte ich ein. Da ich noch nicht wusste, wo sich ihr Boot befand, gab ich Kiara meine Adresse, sodass sie mich abholen konnte.
Bevor ich mich schon bald wieder auf den Weg zu den Pouges machte, zog ich mir noch etwas anderes an. Ich trug eine kurze Jeanshose und ein lockeres weisses Shirt. Mit einem Bandana, welches meine Haare wenigstens ein wenig in Schach hielt, lief ich zu der Eingangstüre vor der Kiara wartete. "Bereit für deine erste Bootstour?" fragte sie mit einem Lachen auf dem Gesicht. "Klar doch." Zusammen liefen wir an einer Strasse entlang, bis wir schliesslich bei einem alten Fischerhaus ankamen. "Hier wohnt John B, falls du mal eine Unterkunft brauchst." Als wir um das Haus liefen, bemerkte ich die vielen umgekippten Baumstämme und das Chaos. Kiara erkannte meinen fragenden Blick und beantwortete mir meine nicht gestellte Frage. "Das war Agatha, ein grosser Sturm, welcher alles zum Einstürzen brachte." "Scheisse," murmelte ich leise. "Das kannst du laut sagen," bemerkte Kiara. "Hey Ladies," rief Jj uns zu. Kiara winkte ihm, während ich ihr nur nachlief. Ich stieg auf das nicht mehr so ganz neu aussehende Boot, das sehr wackelig war. Schnell setzte ich mich neben Pope, der sich ebenfalls auf der Vorderseite des Bootes befand. Während wir ein Gespräch über das Studieren führten, fuhr Jj am Steuer los. John B unterhielt sich mit Kiara. Pope hatte in weniger als einer Woche ein Gespräch für ein Medizinstipendium. Er fand es grossartig. Wenn ich jedoch an sowas denke, muss ich mich eher übergeben, doch das behielt ich für mich. Ich sah grosse Sträucher und Büsche an mir vorbeiziehen. Immer wieder konnte man einige Sandbanken entdecken, auf denen sich Möwen befanden. Mittlerweile hatten John B und Jj den Platz gewechselt. Die Freigabe, nicht mehr am Steuer sitzen zu müssen, nutze Jj, indem er sich ein Bier schnappte und es ganz vorne auf der Boot Spitze versuchte zu trinken. Das Bier landete überall, nur nicht da, wo es sollte. Pope sprang auf. "Jj lass das." sagte er genervt. Als er wieder etwas sagen wollte, gab es einen lauten Aufprall. Ich wurde wie alle anderen nach vorne geschleudert und konnte mich zum Glück noch am Bootsrand festhalten. Jj dagegen machte einen unbeabsichtigten Salto ins tiefe Wasser.
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LOSE YOU TO LOVE ME
FanfictionJade Reed. Das schwarze Schaf der Familie. Sie hatte alles. Ein schönes Haus, eine gute Schule und Geld. Zusammen mir ihren Eltern lebte sie in Georgia, bis ihr Vater seines Geschäftes beraubt worden war. Sofort ging er Bankrott. So kam es, dass die...