Kapitel 28

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Weinend hat Mai sich auf einer Bank, die abgelegen auf dem Schulhof steht, niedergelassen und die Hände auf das Gesicht gelegt, um dieses zu verbergen. Keinerlei Schüler treiben sich momentan hier herum, da noch Unterricht ist und die grauhaarige könnte nicht glücklicher darüber sein.

Nicht fassen kann sie, dass sie der Schule verwiesen wurde und nun nicht mehr Schülerin der Aoba Johsai ist. Das Leben scheint es einfach nicht gut mit ihr zu meinen.

Nach einer Weile, in der Mai bloß stumm dagesessen und über Geschehens nachgedacht hat, rappelt sie sich wieder auf und wischt sich die verbliebenen Tränen vom Gesicht. Momentan scheint die Last auf ihren Schultern, die grauhaarige zu erdrücken und nicht einmal sie weiß, wo ihr der Kopf steht. Nicht nur der Verweis von der Schule und die Ausschließung aus dem Club machen Mai zu schaffen, sondern auch die Liebe. Nicht ganz sicher ist sie sich, wie Oikawa und sie nun zueinander stehen, denn bis jetzt hat er sie ja nicht nach einer Beziehung gefragt gehabt. Bis vorgestern ist Mai tatsächlich felsenfest davon überzeugt gewesen, dass beide zueinander finden und eine Beziehung führen können, doch seit neuestem ignoriert Tooru sie. Nicht einmal auf ihre Textnachrichten antwortet er und in der Schule ist er ihr seit gestern nicht mehr begegnet, so als würde er ihr aus dem Weg gehen.

All diese Dinge versetzten Mai in das reinste Gefühlschaos, noch nie zuvor hat sie so empfunden und auch wenn es ein unbeschreibliches Gefühl ist, tut es weh. Es tut weh, dass er ihr grundlos aus dem Weg geht und nicht einmal auf ihre Nachrichten eingeht. Es tut weh, dass er nicht zu ihr kommt und beide mittels eines Kusses verbindet. Es tut schlicht und einfach weh, zu sehen wie er sich distanziert. Doch noch nicht ganz hat die grauhaarige die Hoffnung aufgegeben, noch heute will sie das Gespräch mit ihm suchen und fragen, was los ist. Bestimmt gibt es eine ganz plausible Erklärung für Oikawas Verhalten und im Endeffekt hat sie sich umsonst verrückt gemacht. Vermutlich hat Tooru bloß- wie immer- verbissen trainiert und einfach viel um die Ohren gehabt, da kann es doch schon mal vorkommen, dass man alles andere vergisst...oder?

Gerade als Mai sich gedankenverloren von der hölzernen Bank erhebt und das Schulgelände verlassen will, da sie keinen Sinn mehr darin sieht, in den Unterricht zurückzukehren, merkt sie eine starke Präsenz neben sich.

Neugierig dreht die grauhaarige ihren Kopf ein Stück zur Seite und ihr Eisblau trifft auf das, ihr allzu bekannte Schokoladenbraun. Für einen kurzen Moment setzt ihr Atem aus und die Zeit scheint stillzustehen. Nicht genau weiß Mai, wie lange sie dort gestanden hat und bloß in das Gesicht Oikawas gestarrt hat, aber es ist ihr wie eine Ewigkeit vorgekommen.

„T-Tooru?" Mit zittriger Stimme gibt Mai den Namen ihres Gegenübers von sich und macht einige Schritte auf ihn zu, um ihn in den Arm nehmen zu können. Gerade noch hat sie gedacht, dass sie sich zusammenreißen kann, aber wenn sie in die Augen des Jungen sieht, wird Mai schwach.

Doch bevor die grauhaarige Oikawa in den Arm schließen kann, blockt dieser ab und schluckt einmal schwer. Verwirrt hebt Mai ihre Augenbraue und versucht sich krampfhaft am weinen zu hindern.

„I-Ich wurde von der Schule geschmissen.." Da der braunhaarige keine Anstalten zu machen scheint, um etwas zu sagen, ergreift die blauäugige das Wort und senkt beschämt den Kopf.

„Ich weiß." Die Stimme des Jungen klingt plötzlich so fremd und distanziert, als würden beide sich kaum kennen. Er weiß es? Woher?

„Mein Vater hat das arrangiert, deshalb weiß ich es." Bei den Worten von Oikawa macht das Herz des Mädchens einen Aussetzer. Sein Vater ist es gewesen? Wie soll sie das denn verstehen?

„Dein Vater?" Fast schon wütend klingen die Worte, die Mai's Mund verlassen und all ihr Frust ist mit einem Mal verschwunden. Alleine Wut, Enttäuschung und Neugierde spiegeln sich in den Augen ihrer selbst wider.

„Mhm", Stille. „Ich glaube es ist besser, wenn ich jetzt gehe." Monoton starrt er ihr für einen Moment in die Augen, ehe er sich abwendet und in dem riesigen Gebäude verschwinden will.

Reflexartig greift Mai nach der Hand des Jungen und veranlasst ihn somit zum stehen bleiben. Widerwillig dreht Oikawa sich herum und versucht vehement den Blicken der grauhaarigen auszuweichen. „Das wars? Mehr hast du dazu nicht zu sagen?"

„Was soll ich deiner Meinung nach denn machen?" Wie ein Messerstich treffen die Worte Tooru's inmitten das Herz von Mai und sie begreift, wie fremd die beiden sich gerade sind.

„D-Dich für mich einsetzten und deinem Vater die Stirn bieten?"

Stille. Erdrückende Stille, die Mai fast umbringt.

„Wieso? Es ist ja nicht so, als wären wir ein Paar und ich müsste mich darum scheren, was mit dir passiert."

Das Blut in den Andern des Mädchens gefriert mit einem Mal. Die Worte knallen ihr regelrecht gegen die Stirn und aggressiv ballt sie ihre Hände zu Fäusten.
Oikawa, der sich schon wieder herumgedreht hat um zu gehen, wird durch die schneidenden Worte der grauhaarigen mal wieder zum stehen veranlasst.

„Hast du mich deshalb andauernd ignoriert?" Lauthals donnert sie ihm diese Frage vor den Kopf und macht ein paar Schritte auf Tooru zu, um den Abstand zu verringern. Das Flehen in ihren Worten ist kaum zu überhören, Mai möchte einfach das Oikawa all diese Verwirrung aufklärt und sagt, dass es ein Missverständnis gewesen ist und sie glücklich sein können. Gemeinsam.

„Ja, es war meines Erachtens besser, dich zu ignorieren und es somit zu beenden."

Was denn beenden? Hat es denn jemals begonnen gehabt? Wie eingefroren steht Mai da und beäugt den fremden Jungen vor sich. Was ist mit ihm geschehen, dass er so kalt und herzlos mit ihr spricht?

„Es hat nicht einmal begonnen!" Wutentbrannt schlägt Mai mit ihrer Faust um die feste Brust ihres Gegenübers und lässt somit all den Fust für einige Sekunden gerinnen.

„Umso besser, dann habe ich es eben beendet, bevor es zu spät war." Mit einem undefinierbaren Blick mustert er das Mädchen vor sich, welches ihn mit glasigen Augen anstarrt. Ohne auch nur irgendeine Reaktion auf den anstehenden Zusammenbruch zu zeigen, dreht Oikawa um und läuft zügig auf das Gebäude zu.

„Leck mich Oikawa! Du bist ein scheiß Arschloch!"

Die verletzenden Worte des Mädchens durchdringen den ganzen Körper des Jungens und einen Moment hält er inne. Am liebsten würde er sich zu ihr herumdrehen und Mai in die Arme schließen, um ihr zu sagen, dass alles gut werden wird. Doch so einfach ist es nun mal nicht. Er kann es sich nicht mehr erlauben, in ihrer Nähe zu sein, dass würde böse enden. Sowohl für ihn, als auch für sie. Es ist besser so, ganz bestimmt.

Ein Ziehen in seiner linken Brust holt Oikawa zurück in die Realität und panisch verschwindet er in dem Schulgebäude. Mit gesenktem Kopf und geballten Händen eilt er durch die Flure und verflucht seinen Vater in Gedanken. Am liebsten würde er diesen Mann sonst wo hin hexen. Überall dort hin, wo er Oikawas und Mai's Glück nicht im Weg stehen würde.

———
Autsch ),:
Auf welche Schule geht Mai wohl als Nächstes? Habt ihr Theorien?

Lots of love, bekki☀️

stitches | oikawa ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt