Kapitel 53

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Kälte kriecht ihre Fingerspitzen empor und mit leerem Gesicht fährt sie über das Fenster ihrer ehemaligen Wohnung. Verblasste Erinnerungen an das vergangene Jahr kommen ihr in den Sinn und leise muss Mai schluchzten.

Auch wenn sie nur eine kurze Zeit hier verweilt hat, birgt diese Wohnung Unmengen an Erinnerungen. Sowohl schöne, als auch traurige und welche, die Mai wiederum vergessen will.

Ihr Herz beginnt wild zu pochen, als sie auf den inzwischen leeren Boden vor sich sieht. Hier hat er sie niedergeschlagen. Ihr Blick verharrt einige Sekunden auf genau diesem Punkt, doch wendet Mai sich schlussendlich kopfschüttelnd ab.

Nach vorne sehen will sie, das hat sie beschlossen.

Ihre Schritte hallen in der leeren Wohnung wider, als sie langsam durch diese hindurch schreitet und jede Erinnerung noch einmal erstrahlen lässt. Zuletzt tritt Mai schüchtern in ihr ehemaliges Zimmer ein und verlegen senkt sie den Kopf, bei den Erinnerungen, die ihr in den Kopf steigen.

Oikawa.

Schon lange hat Mai aufgegeben gehabt, Liebe in all ihren Schönheiten erleben zu dürfen und noch einmal glücklich zu werden. Sie hat dieses Gefühl seit dem Tod ihrer Mutter ignoriert und jeden Menschen abgeblockt, der sich versucht hat ihr zu nähern. Nur Oikawa hat an ihr festgehalten und Mai schließlich eines besseren belehrt. Ja, sie kann Liebe empfinden und nur bei jemandem wie Tooru spielt ihr kleines Herz verrückt. Das Leben ist durch ihre Adern gepumpt und hat sie aus einem vermeidlichem Winterschlaf erwachen lassen. Oikawa hat ihre kleine graue Welt in prachtvollen Farben erstrahlen lassen und sie mit einem Pinsel vollendet.

Ein trauriges Lächeln ziert ihre Lippen.

Doch ist die Farbe langsam wieder verblasst und verwaschen worden. Den Teil, welchen Oikawa so wunderbar hat erstrahlen lassen, fehlt und eine Leere hat sich in Mai's Brust breit gemacht. Bei dem Gedanken, dass Tooru bereits weg ist, wird Mai schlecht und schweratmend klammert sie sich an den Türrahmen.

Wie sehr sie ihm doch noch einmal sagen wollen würde, dass sie ihn liebt und er sie zu einem besseren Mensch hat werden lassen. Doch ist es dafür zu spät.
Die blumigen Zeiten sind verwelkt.

"Kommst du Mai?"

Die raue Stimme ihres Bruders erklingt und stumm, nicht noch einmal zurücksehend, verlässt Mai das Mehrfamilienhaus. Das bereits voll bepackte Auto steht am Straßenrand und lässt sie wieder einmal realisieren, dass sie verloren hat. Dem Umzug nach Tokio steht ihrem Bruder und Mai nichts mehr im Wege. Kein Freund hält sie auf, kein Vater..keine Mutter. Es gibt nur noch Sota und sie, niemanden mehr.

"Können wir los?", Sota durchbricht ihren Gedankengang und stumm bringt Mai ein Nicken hervor. Nicht einmal von ihren Freunden der Karasuno hat sie sich verabschieden können...das..das ist es wohl gewesen. Ein neuer Lebensabschnitt wird nun für sie beginnen..und mal wieder steht Mai alleine da. Ohne Freunde, ohne ein Team und vor allem ohne...Oikawa.

Wie sehr sie sich doch wünschen würde ihn vergessen zu können. Wieso muss ausgerechnet er das fehlende Puzzleteil zu ihrem Herzen bei sich tragen?
Wieso-

"Mai, warte!"

Gerade als Mai in das Auto hat einsteigen wollen, ertönt lautes Getrampel hinter ihr und überrascht fährt sie herum. Mit Plakaten und Fähnchen kommen die Spieler der Karasuno auf sie zu gerannt und rufen ihr wild durcheinander etwas zu.

"Du kannst doch nicht einfach gehen, ohne dich zu verabschieden!", Noya scheint traurig, doch trägt er ein breites Grinsen auf den Lippen. Das gesamte Team formatiert sich vor dem Mädchen und fassungslos starrt sie auf das Plakat.

"Auf Wiedersehen Mai! Bitte vergiss uns nicht und denk immer daran, das Team der Karasuno steht hinter dir"

Tränen strömen ihre Wangen herab und zitternd fasst Mai sich an den Kopf. So etwas hat noch nie jemand für sie getan. Für einem Moment scheint der Schmerz wegen Oikawa vergangen und freudestrahlend fällt sie jedem einzelnen um den Hals.

"Danke! Ich hab euch so unfassbar lieb."

Sanft drückt sie Hinata einen Kuss auf die Wange, welcher hochrot damit beginnt- eines Flummis gleich- herumzuhüpfen.

"Es war mir eine Ehre, dein stetiger Begleiter in der Schule gewesen zu sein", setzt Tanaka an, wird aber durch Noya unterbrochen. "Mir war es eine viel größere Ehre!"

"Mach's gut Mai und pass auf dich auf", Sugawara zieht das Mädchen in eine sanfte Umarmung und zwinkert ihr zum Abschied noch einmal zu.

Überwältigt von all den netten Worten des Teams steht Mai schließlich vor Kageyama, der sie stumm mustert. Ihre Augen verfangen sich ineinander und die Grauhaarige beginnt zu lächeln. Tatsächlich hat sie es geschafft Freundin dieses Eisklotzes zu werden.

"War er schon hier?", Kageyama scheint sich seiner Sache sicher und nach kurzem Zögern schüttelt Mai den Kopf. "Er wird nicht mehr kommen, da bin ich mir sicher."

Für einen Moment scheint Tobio gekränkt, als hätte er gerade ein Zuspiel vermasselt. Stumm zieht er die Kleinere zum Abschied in eine Umarmung und streicht ihr vorsichtig über den Kopf. "Denk ja nicht, dass solche Umarmung jetzt zur Gewohnheit werden."

Ein leises Kichern entgleitet Mai und traurig lächelt sie den Schwarzhaarigen an.
Der gesamten Mannschaft wendet sie sich noch einmal zu und ehrwürdig verbeugt sie sich. "Danke euch, für alles. Vielleicht werden wir uns in Tokio ja mal wiedersehen!"

Mit glasigen Augen und einem ehrlichen Lächeln steigt die Grauhaarige in den schwarzen Minivan und ihr Blick gleitet hinauf in den Himmel. Ihre Finger fahren über ihre plumpen Lippen und sehnen tut sie sich nach wenigstens einem Abschiedskuss. Wie sehr sie ihn doch vermissen wird und vermutlich niemals vergessen kann.

"Oikawa", haucht sie mit zittriger Stimme, "bitte vergiss mich nicht, egal wo du auch bist."

Und mit diesen Worten startet das Auto und verschwindet hinter der nächsten Straßenecke.

———
Bye bye?

Lots of love, bekki☀️

stitches | oikawa ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt