Kapitel 46

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Stur verengt Tooru die Augen und verschränkt trotzig die Arme vor der Brust. Wieso muss sein Vater immer in den ungünstigsten Momenten auftauchen?

„Was machst du hier?", meckert er sichtlich genervt und reckt das Kinn.

„Wir wurden angerufen, dass du eingeliefert worden seist und deine Mutter hat darauf bestanden nach dir zu sehen..Aber zurück zum Thema", er kommt seinem Sohn sichtlich nahe und mustert diesen abschätzig, „kommst du wohl nun mit nachhause?"

„Nein", spricht Tooru mit fester Stimme und fährt herum, um die Türe öffnen zu können. Ein Lachen hinter sich jedoch lässt ihn stoppen.

„Es geht um deine Karrierechancen im Volleyball. Willst du denn gar nicht hören, was ich zu sagen habe? Ist dieses Mädchen mehr wert, als die jahrelange Arbeit?", fragt der Herr grinsend, wissend was er in seinem Sohn mit diesen Worten auslöst.

Ist sie es denn?

„Nein...doch, also..", stottert Oikawa unsicher und nervös kaut er auf seiner Lippe, „lass mich bitte kurz nach ihr sehen. Es ist besser, wenn wir alles zuhause besprechen."

An den lodernden Augen des Mannes kann Tooru die Wut erkennen, welche sich in ihm anzustauen scheint und der Brünette ist sich sicher jeden Moment angeschrien zu werden.

„Lass ihn gehen, das Mädchen scheint ihm viel zu bedeuten", haucht auf einmal Tooru's Mutter, die wenige Augenblicke zuvor erschienen ist. „Wir sehen uns dann zuhause Tooru, ja?" Sie schenkt ihrem Sohn noch einmal ein ehrliches Lächeln, ehe sie seinen Vater mit sich zieht und Oikawa im Gang alleine lässt.

Schwer stößt der Brünette einmal die Luft aus und aufgebracht rauft er sich die Haare. Was sein Vater wohl zu sagen hat? Sicherlich hätte er niemals zu Mai gedurft, wenn seine Mutter nicht gewesen wäre.

Unsicher platziert er seine Hand auf der Türklinke und drückt diese sanft herunter, um eintreten zu können. Die blasse Gestalt der Grauhaarigen liegt schlafend in dem weißen Bette und vorsichtig schleicht Oikawa bis vor zu dem Nachttisch, um bessere Sicht auf Mai haben zu können.

Der Anblick lässt ihn erschaudern und seine Sicht verschleiert. Zitternd fährt er mit seinen Fingern über die vielen Pflaster und Mullbinden, die den gesamten Körper des Mädchens zieren und schwerschluckend versucht er stark zu bleiben. Lange schon nicht mehr ist etwas Tooru so nahe gegangen, dass er glaubt zusammenzubrechen.

„Mai~", haucht er gebrechlich und drückt ihr sanft einen Kuss auf die Stirn, „was hat er dir bloß angetan..", seine Hand streicht ihre Wange entlang und noch einmal lässt er seine Lippen ihre Haut spüren.

Wie aus Porzellan scheint ihre zierliche Gestalt, wie sie so reglos und blass in dem Bette liegt und ihr Brustkorb sich im Sekundentakt senkt und hebt. Verbittert presst er die Lippen aufeinander, wünschend er könne ihr all den Schmerz und das Leid nehmen.

Nicht oft ist es bis jetzt vorgekommen, dass Oikawa sich hilflos fühlt, doch gerade weiß er nicht was zu tun ist. Soll er gehen? Oder warten bis sie aufwacht? Auch der Gedanke an das aufkommende Gespräch mit seinem Herren lässt ihn hadern.

Seufzend fährt er einmal durch das silberne Haar des Mädchens, ehe er sanft und kraftlos seine Lippen über die ihrigen fahren lässt. Ein Hilferuf ist aus der Geste zu vernehmen, der Wunsch das dieser Albtraum bald ein Ende findet.

„Ich liebe dich~", flüstert er, der warme Atem lässt Mai's Haut angenehm prickeln und schlagartig öffnen sich ihre Augen. Eindrucksvoll scheint ihr Eisblau den Jungen in eine Art Bann zuziehen, sodass er sprachlos seine Lippen aufeinander presst.

„Ich dich auch", haucht sie mit einem leichten Grinsen auf den Lippen, „alles okay?" Verwundert kraust sie die Stirn, nicht wissend wieso Tooru den Tränen nahe ist.

Jetzt..ja", seine Stimme ist am Zittern und erleichtert platziert er seine Stirn auf der ihrigen. Ihre Augen verfangen sich miteinander und sprechen Dinge aus, die Wörter niemals ausdrücken könnten. Verbunden scheinen ihre Herzen im Takt zu schlagen und der ständige Schmerz scheint zum ersten Mal vergangen.
Dennoch spuken die Worte seines Vaters in Tooru's Gedächtnis, dass er sich kaum glücklich geben kann. Er hat Angst..Angst davor all dies hinter sich lassen zu müssen. Nicht noch einmal könnte er den Verlust Mai's verkraften.

„Sicher, dass alles okay ist?", flüstert Mai besorgt, die Augen auf den Brünetten gerichtet. Sein Gesichtsausdruck spricht Bände und die Grauhaarige versteht sofort, dass etwas nicht stimmen kann.

Doch bevor Tooru ihr eine ersehnte Antwort geben kann, ertönt lautes Geschrei von draußen, welches die beiden aufhorchen lässt. Unverkennbar erklingt die quirlige Stimme von Hinata in Mai's Ohren und die darauffolgende Mahnung Kageyamas.

Unsicher schweift Oikawa's Blick hinüber zu der Zimmertüre und ohne etwas zu sagen, scheint er die baldige Bitte des Mädchens zu wissen. „Ich gehe dann mal besser, ja?"

Zögerlich bringt Mai ein Nicken hervor, dabei hat sie solche Sehnsucht nach ihm. „Aber du kommst morgen wieder, oder?"

„Natürlich", seine Stimme klingt kühl und dennoch kann sie einen Funken Vorfreude darin erkennen. Mit Schwung öffnet Tooru die Türe und will heraustreten, als Hinata in den Raum herein gestolpert kommt und große Augen macht.

„Woahhh..der große König."

„Lass das Hinata!"

„Seid alle mal leise, Mai braucht Ruhe!"

Augenrollend drängt Oikawa sich an dem gesamten Team der Karasuno vorbei, all den wunderlichen Blicken ausweichend. Bis heute hat er die Niederlage nicht verkraftet und kann vor allem Tobio- dessen Schulter er beim Herausgehen streift- nicht in den Augen sehen.

Verbittert presst er die Lippen aufeinander, den Lass-mich-in-Ruhe Blick aufgesetzt und will schnellstmöglich von hier verschwinden, als noch einmal die engelsgleiche Stimme der Grauhaarigen in seinen Ohren erklingt.

„Bis morgen Tooru!"

Sofort gerinnt all die Wut und Trauer, das ehrlichste Lächeln überhaupt ziert nun die Lippen des Zuspielers.

———
Was glaubt ihr hat Tooru's Vater zu sagen?

Lots of love, bekki☀️

stitches | oikawa ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt