Außer Atem fiel ich auf den Steinboden im Malfoy Manor und stützte mich auf allen Vieren ab. Meine Maske fiel klappernd zu Boden.
Der Umhang des dunklen Lords wallte vor meinem Gesicht auf, als er sich in meine Richtung drehte.
"Steh auf, Samantha", zischte er.
Erschöpft sah ich zu ihm auf, blickte in seine roten Augen, bevor ich mich aufrappelte.
Lestrange stand ein paar Schritte von mir entfernt und hatte ehrfürchtig den Kopf gesenkt.
Schnell tat ich es ihr nach.
Die Nüstern des dunklen Lords blähten sich aufgebracht auf.
"Crucio!"
Ich kniff ängstlich die Augen zusammen, doch der Fluch war nicht für mich bestimmt gewesen. Stattdessen schrie Lestrange gequält neben mir auf.
Die Tür zum Raum flog auf und Narcissa Malfoy kam hereingestürmt.
Sie zog mich ein Stück vom Dunklen Lord weg, während dieser seine Gefolgsfrau folterte, und drehte mich an den Oberarmen zu ihr.
"Was ist passiert? Wo sind die anderen? Wo ist Lucius?"
Ich musterte die besorgte Frau vor mir benommen, bevor mein Kopf wieder zu arbeiten begann. Ich dachte an die Ministeriumsangestellten, die uns umringt hatten. Wenn die anderen bis jetzt noch nicht hier waren-
Ich schüttelte den Kopf.
Ich brauchte nichts mehr zu sagen- Narzissa ließ von mir ab und stolperte nach hinten, als hätte sie sich verbrannt.
"Samantha."
Ich wirbelte herum, als der dunkle Lord meinen Namen zischte. Lestrange kauerte sich immer noch vor ihm am Boden zusammen, doch er hatte den Cruciatus-Fluch unterbrochen.
Ich schluckte schwer. War ich als nächstes dran?
"Ja, Mylord?"
Beinahe erwartete ich, dass mich nun stechender Schmerz erfüllen würde.
"Kehre nach Hogwarts zurück. Dumbledore kennt die Prophezeiung.
Du wirst ihren Wortlaut herausfinden und mir eine Eule schicken."
Ich ließ mir das Gesagte für einen Moment durch den Kopf gehen. Es gab eine Prophezeiung ... Ich hatte die ganze Nacht lang nicht verstanden, worum es überhaupt bei der ganzen Sache ging und jetzt war ich diejenige, die den Auftrag vollenden sollte.
"Hast du verstanden, Samantha?", durchschnitt die scharfe Stimme des dunklen Lords die Stille.
Hastig verbeugte ich mich. "Ja, Mylord."
Ich schritt zu dem nächstgelegenen Kamin herüber und stellte erleichtert fest, dass sich in einer Goldschale auf dem Sims grün schimmerndes Pulver befand.
Ich nahm etwas von dem Flohpulver und warf es in den brennenden Kamin hinein.
Die Flammen verfärbten sich.
Während ich in das Feuer hineinstieg, überlegte ich, wo ich hin reisen sollte.
War Umbridges Büro sicher?
Ich presste die Lippen zusammen. Zumindest wurde es nicht vom Ministerium überwacht. Und der Kamin befand sich hinter ihrem Schreibtisch, also würde ich im Zweifelsfall an ihr vorbei kriechen müssen.
Ich holte tief Luft, bevor ich die Worte aussprach.
"Hogwarts, Umbridges Büro."
Ich wurde augenblicklich durch den Schornstein nach oben gezogen, die Arme an den Körper gepresst, damit ich mich nicht an den Backsteinwänden stieß.
Wenige Sekunden später landete ich in einem Wirbel aus Asche in dem Kamin, den ich noch vor wenigen Stunden benutzt hatte.
Das vor mir liegende Büro war leer. Sanfte Sonnenstrahlen tanzten über Umbridges Pult und verrieten mir, dass der Morgen bereits begonnen hatte.
Wenn ich unbemerkt in den Ravenclaw-Turm gelangen wollte, musste ich mich beeilen.
Erleichtert kletterte ich aus dem Kamin und klopfte mir den Umhang ab.
In dem Moment stellte ich fest, dass ich immer noch die Todesser-Robe trug.
Unterdrückt fluchend zog ich mir den Stoff über den Kopf.
Beinahe wäre ich durch Hogwarts gelaufen, ohne diesen Fehler zu bemerken!
Stattdessen schlug ich die Robe einfach über meinen Arm- sie hatte die gleiche Farbe wie mein Hogwarts-Umhang, also würde sie als das durchgehen müssen.
Die Gänge waren glücklicherweise noch leer und so konnte ich unbemerkt in den siebten Stock gelangen.
"Was ist Schönheit?", fragte der Türklopfer und ich stöhnte darüber auf, dass ich nach dieser langen Nacht noch über so etwas nachgrübeln musste.
"Das, was ihren Betrachter glücklich macht", gab ich zurück und die Tür klappte auf.
In einer Ecke des Gemeinschaftsraumes tuschelten zwei Drittklässler vor sich hin, doch ich rauschte einfach an ihnen vorbei in meinen Schlafsaal.
Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass wir sechs Uhr morgens hatten. Gut.
Die ZAG-Prüfungen waren vorbei, das hieß, dass wir Fünftklässler ab heute ausschlafen konnten.
Sue Li war zwar eine Frühaufsteherin, doch selbst sie dürfte zumindest noch für eine Stunde im Bett bleiben.
Trotzdem bemühte ich mich, möglichst leise an den Betten vorbeizuschleichen.
Die meisten Mädchen hatten die Vorhänge um ihre Betten zugezogen und auch ich ließ meine mit einem Zauberstabschwenker schnell zuziehen, um den Anschein zu erwecken, ich wäre noch am Schlafen.
Ich öffnete meine Truhe und verstaute die Todesser-Robe darin, bevor ich mir ein frisches langärmeliges Kleid überzog.
Daraufhin schnappte ich mir den Nimbus 2001, der an der Wand lehnte und verschwand ins Badezimmer.
Das Panoramafenster im Schlafsaal ließ sich nicht öffnen, doch das Fenster im Bad war groß genug, um sich dort hindurchzuzwängen.
Wenn Harry sich gerade mit Dumbledore unterhielt, musste dies im Büro des Schulleiters geschehen und wenn ich etwas davon mitbekommen wollte, wäre dies vom Fenster aus am einfachsten.
Natürlich könnte Dumbledore mit Harry zu jeder anderen Zeit über die Prophezeiung reden, vielleicht auch gar nicht.
Aber ich musste einen Versuch wagen.
Möglichst leise öffnete ich das Fenster im hinteren Teil des Bads und blickte hinaus.
Mir wehte die Kühle Morgenluft entgegen und meine Armhärchen stellten sich bei der Berührung auf.
Unter dem Fenster befand sich eine schmale Hervorhebung, auf die ich mich kurz stellen konnte.
Vorsichtig stieg ich über den Fenstersims und ließ mich auf der anderen Seite langsam hinabgleiten.
Dabei hielt ich den Besen durchgehend fest umklammert, für den Fall der Fälle.
Meine Füße traten auf glatte Dachziegel, auf denen ich wohl nicht dauerhaft Halt finden würde.
Doch zum Abheben würde es reichen.
Ich ließ den Fensterrahmen los und während ich nach vorne fiel, klemmte ich mir den Besen zwischen die Beine.
Mein Sturz wurde abgefangen, noch bevor er richtig gestartet hatte und ich ließ mich etwas absinken.
Dumbledores Büro befand sich in der Nähe des Gryffindor-Turms, auf der anderen Seite des Gebäudes.
Ich flog einen Schwenker an dem Ravenclawturm vorbei und hielt mich dicht am Gebäude, um nicht entdeckt zu werden.
Der Turm war frei von irgendwelchen vorsprüngen und die Entfernung zwischen Dach und Fenstern war ziemlich groß, was es erschwerte zu lauschen.
Glücklicherweise hatte ich meinen Besen, mit dem ich auf der Stelle schweben konnte.
Ich fand ein kleines Fenster auf der Ostseite, durch das ich zwei Gestalten ausmachte.
Ich erkannte Harry und Dumbledore.
Merlin sei Dank!
"Alohomora!"
Mit einem Klicken öffnete sich das Fenster einen Spaltbreit.
Ich flog meinen Besen dicht heran und lehnte mich gegen die Wand.
Hoffentlich würde ich etwas über die Prophezeiung erfahren.
"...gefragt hast, warum Voldemort versucht hatte zu töten, als du noch ein Baby warst?", drang Dumbledores Stimme an mein Ohr.
Interessiert hörte ich zu. Dumbledore erzählte etwas von einer Wahrheit, bei der er immer gescheitert war, Harry davon mitzuteilen.
Dabei ging er auf jedes einzelne von Harrys Schuljahren ein, wobei er ziemlich um den heißen Brei herumredete. Er erklärte Harry, er wäre zu schwach gewesen, es ihm früher zu sagen und ich rollte mit den Augen.
Allmählich wurde es ziemlich ungemütlich, nur auf einem Besenstiel in der Luft zu hängen.
Als Dumbledore schließlich auf die Prophezeiung zu sprechen kam, horchte ich auf, doch er erzählte schon wieder sehr viel drumrum. Doch ich erfuhr, dass es sich bei der Prophezeiung im Ministerium nur um eine Aufzeichnung gehandelt hatte.
Kurz herrschte Stille. Dann-
"Der Eine mit der Macht, den Dunklen Lord zu besiegen, naht heran ... jenen geboren, die ihm drei Mal die Stirn geboten haben, geboren, wenn der siebte Monat stirbt ... und der Dunkle Lord wird Ihn als sich Ebenbürtigen kennzeichnen, aber Er wird eine Macht besitzen, die der Dunkle Lord nicht kennt ... und der Eine muss von der Hand des Anderen sterben, denn keiner kann leben, während der Andere überlebt ... Der Eine mit der Macht, den Dunklen Lord zu besiegen, wird geboren werden, wenn der siebte Monat stirbt..."
"Professor Dumbledore?", sagte Harry kaum hörbar, "Das ... hat das bedeutet ... was hat das bedeutet?"
"Es bedeutete", erwiederte der Schulleiter, "dass der Mensch, der allein die Chance hat, Lord Voldemort für immer zu besiegen, gegen Ende Juli geboren wird, vor fast Sechzehn Jahren. Dieser Junge-"
'-ist Harry'
Ich hatte keine Zeit mehr zuzuhören, weshalb ich mich von der Mauerwand des Turms abstieß und wieder zum Ravenclaw-Turm zurückflog.
Ich würde in meinem Bett liegen müssen, bevor die anderen Mädchen aufwachten und den Wortlaut der Prophezeihung aufschreiben und zum Manor schicken, bevor ich ihn vergaß.
Ich ließ mir den Wortlaut wiederholt durch den Kopf gehen.
Harry hatte die Möglichkeit, den Dunklen Lord zu vernichten- und dieser würde alles tun, um dies zu verhindern.
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The dark Lady
FanfictionSequel zu: She who can not be named ❥︎ Für Sam hat sich Alles geändert. Denn nicht nur scheinen die Beziehungen zu ihren Mitschülern völlig neue Wege einzuschlagen, sondern auch ihre eigenen moralischen Vorstellungen und Ziele erscheinen nun merkwür...