Ich hatte Marge noch nie so viel Rot und Gold auf einmal tragen sehen wie heute.
Sie hatte sich einen roten Gryffindor-Schal umgebunden und ihr Gesicht in den entsprechenden Hausfarben bemalt. Auf dem Kopf trug sie eine rote Mütze und ihre Jacke glänzte Gelbgolden.
Ich war mir sehr sicher, dass sie letztere mit einem Färbezauber versehen hatte, ansonsten war es vielleicht doch etwas übertrieben.
Heute fand das Eröffnungsspiel der Quidditch-Saison statt, mit Gryffindor und Slytherin als Kontrahenten.
Bei dem ersten Spiel der Saison und dann noch zwischen den Mannschaften mit der größten Rivalität waren die Tribünen natürlich besonders voll. Von den Tribünen der Slytherins wehte Gesang herüber, doch von hier aus und bei dem Lärm konnte ich nichts verstehen.
Zu dritt quetschten wir uns auf einen Platz zwischen eine Gruppe an Hufflepuffs und Ravenclaws aus anderen Jahrgängen.
"Oh, hallo Sam", ertönte auf einmal eine Stimme neben mir und eine Gestalt in Rot-Gold schwebte neben mich auf den Platz.
"Ich bin gerade einem Schlickschlupf entkommen", sagte Luna und sah mich mit großen Augen an, "darf ich mich zu euch setzen?"
Etwas unbeholfen rückte ich zur Seite und musterte den gewaltigen Löwenkopf, den sie auf dem Kopf trug.
Luna Lovegood galt selbst unter uns Ravenclaws als sonderbar und obwohl sie ein Mitglied der DA war, hatte ich noch nie wirklich mit ihr geredet.
"Schlick ... schlupf!?", wiederholte ich verwirrt.
"Sie fliegen durch dein Ohr ins Gehirn hinein und verwirren deine Gedanken", erklärte Luna aufgewühlt und deutete auf ihre Ohren, "sie machen dich abweisend und weil sie unsichtbar sind, kriegst du es nicht einmal mit!"
Ich blinzelte und suchte nach Worten, um darauf eine Antwort zu finden. Schlickschlupfe? Da hatte ich noch nie etwas von gehört. Aber Loon- Lovegood war bekannt für solche Märchengeschichten. Wahrscheinlich sollte ich das nicht allzu ernst nehmen...
"Ah ... Das klingt ... interessant", brachte ich heraus.
"Cooler Hut."
Luna grinste. "Nicht wahr? Ich habe ihn extra für das Spiel gebastelt."
In diesem Moment wurde das Spiel angepfiffen, dem ich mich, erleichtert Lovegoods Erzählungen zu entkommen, zuwandte.
Die Spieler von Gryffindor und Slytherin stießen sich synchron vom Boden ab und schossen in die Luft.
Angelina Johnson, die Kapitänin von Gryffindor schnappte sich als erste den Quaffel und begann, sich an den Slytherins vorbeizuschlängeln.
Aus einem Schlagabtausch, in dem Montague ihr den Quaffel dank eines Klatschers abnehmen konnte, jedoch selber von einem getroffen wurde, ging schließlich Alicia Spinnet heraus, die nun auf das Tor der Slytherins zuhielt.
Mir fiel auf, dass sie einen ähnlichen Flugstil wie Zack hatte, mit vielen Ausweichmanövern und hoher Wendigkeit.
Die Slytherins fuhren fort mit ihrem Gesang und als Lee Jordan in seinen Spielkommentaren innehalten, um zuzuhören, wurden die Worte deutlicher."Weasley fängt doch nie ein Ding,
Schützt ja keinen einz'gen Ring,
So singen wir von Slytherin:
Weasley ist unser King.Weasley ist dumm wie'n Plumpudding,
Lässt jeden Quaffel durch den Ring.
Weasley sorgt für unser'n Gewinn.
Weasley ist unser King."Ich runzelte die Stirn. "Was hat das zu bedeuten?"
"Wie gemein", kommentierte Zack aufgebracht. "Weasley soll im Training mit der Mannschaft ziemlich schlecht abgeschnitten haben und Probleme dabei gehabt haben, den Ball zu halten. Ich habe mich natürlich darüber gefreut, aber das hier ist einfach-" Er hielt inne.
Marge war aufgesprungen und starrte mit geballten Fäusten zu der nächstbesten Slytherin-Tribüne. "Die mach' ich kalt", knurrte sie und machte Anstalten, die Zuschauerränge zu verlassen.
"Bist du verrückt!?", rief Zack und sprang ebenfalls auf, um sie festzuhalten.
Gemeinsam schafften wir es, sie wieder in ihren Sitz zu drücken, während wir uns Flüche und Verwünschungen anhören mussten, die den Slytherins einen langsamen und qualvollen Tod versprachen.
Das Spiel ging weiter und war ununterbrochen mit dem Gesang der Slytherins durchzogen.
Über dem Spiel zogen Harry und Malfoy Kreise, auf der Suche nach dem Schnatz, während der Gesang wieder lauter wurde.
Nach etwa einer Stunde ging Harry schließlich in den Sturzflug und da sah ich ihn: knapp über dem Boden, direkt in Harrys Flugbahn schimmerte ein goldener Lichtpunkt.
Gespannt lehnte ich mich vor.
Malfoy steuerte sogleich die selbe Richtung an und ich ertappte mich dabei, wie ich ihn anstarrte.
Schnell ließ ich meinen Blick wieder zu Harry wandern, neben den Malfoy sich nun drängte.
Verärgert, dass er mich ihn nicht ignorieren ließ, verschränkte ich die Arme.
Gleichzeitig streckte die beiden Sucher ihre Hände nach dem Schnatz aus- dann zog Harry seinen Besen nach oben und stieß den kleinen Ball in die Luft.
Begeistert fiel ich mit in den Jubel ein und billigte Malfoy keines Blickes mehr.
Das hatte er davon, mich ständig abzulenken!
Auf einmal traf Harry ein Klatscher im Kreuz und Zack ließ ein mitfühlendes Zischen von sich hören, als er vornüberkippte. Immerhin befand er sich nur knapp einen Meter über dem Boden.
"Diese hinterhältigen Idioten", fluchte Marge, "er hat den Schnatz gefangen, da muss man nicht wie der letzte Trottel noch Klatscher umherwerfen!"
Ich hob eine Augenbraue. Ich hatte schon oft genug bei Marges Spielen zugesehen, um zu wissen, dass sie die erste war, die am Ende des Spieles gerne noch ein paar Knochenbrüche verteilte.
Vor allem unter den Slytherins.
Offensichtlich mit dem gleichen Gedanken schlossen sich ihre Finger um einen unsichtbaren Schläger.
"Was ist denn jetzt los?", fragte Zack und schirmte sein Gesicht mit der Hand ab.
Ich lenkte meine Aufmerksamkeit wieder von Marge weg auf das Spielfeld.
Offensichtlich gab es einen Schlagabtausch zwischen Harry und Malfoy. Ich verdrehte die Augen.
"Kommt, lasst uns hier abhauen", sagte ich und machte Anstalten, aufzustehen. In dem Moment sagte Malfoy jedoch etwas, woraufhin die Weasley-Zwillinge auf ihn zustürmten.
Ihre Teamkameraden schafften es, sie festzuhalten, doch man sah, dass sie dem Slytherin am liebsten den Schädel einbauen wollten.
Halb genervt, halb gespannt hielt ich in meiner Bewegung inne.
Malfoy war in dreistes Gelächter ausgebrochen.
Als er noch etwas sagte, ließ Harry, der George festgehalten hatte, diesen auf einmal los und stürzte sich seinerseits auf Malfoy.
Plötzlich lagen die drei auf dem Boden, George und Harry über Malfoy, letzterer von den beiden anderen verdeckt.
Entsetzt sog ich die Luft ein.
Als die beiden Gryffindors von den Lehrern aufgehalten wurden, wurde die Sicht auf Malfoy frei, der sich auf dem Boden krümmte. Von hier aus konnte ich nichts sehen, doch demnach zu urteilen, wie er sich verhielt- ich biss die Zähne zusammen und versuchte wieder all meinen Hass auf diesen Jungen zu projizieren.
Natürlich war das alles nur gespielt. Malfoy hatte die beiden provoziert, hatte es darauf ankommen lassen, damit er eine Szene machen und Harry in einen schlechtes Licht rücken konnte.
Einfach erbärmlich. Aber Potter hätte sich auch beherrschen können.
Ich schüttelte den Kopf. Das hier musste ich mir nicht länger ansehen.
Mit einem flauen Gefühl im Magen rauschte ich davon.
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The dark Lady
FanfictionSequel zu: She who can not be named ❥︎ Für Sam hat sich Alles geändert. Denn nicht nur scheinen die Beziehungen zu ihren Mitschülern völlig neue Wege einzuschlagen, sondern auch ihre eigenen moralischen Vorstellungen und Ziele erscheinen nun merkwür...