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Die erste Unterrichtsstunde in Verteidigung gegen die dunklen Künste nach meinem Gespräch mit Umbridge betrat ich mit einem nervösen Kribbeln im Bauch.
Was, wenn sie einen Weg gefunden hatte, meine Drohung zu umgehen und mir nun das Leben schwer machen würde? Was wenn sie mich nun auf dem Kieker hatte und mir mit Absicht die schwierigsten Fragen stellte, um ihrem Ärger Luft zu machen? Vielleicht fand sie einen Weg mich vor der Klasse bloßzustellen oder mir doch noch eine Strafe auszudrücken mit all meinen Klassenkameraden als Zeugen.
Ich erschauderte bei dem Gedanken, während ich mich auf meinem Platz niederließ.
Ein zweites Mal würde ich sie nicht so einfach überreden können. Bei dem Gedanken über meine eigene Skrupellosigkeot lief mir ein kalter Schauer über den Rücken.
Es war tatsächlich so, als hätte jene Nacht auf dem Friedhof irgendetwas in mir aufgeweckt, das ich vorher so nicht wahrgenommen hatte.
Dem Blick Umbridges, der ich in der ersten Reihe für meinen Geschmack deutlich zu nahe saß, wich ich bemüht beiläufig aus.
Immerhin mussten wir nur in unserem Buch lesen und Seiten abschreiben, anstatt mündlichen Unterrichts. Ich wusste nicht, wie sie dabei auf mich reagieren würde. Und ob ich so tun sollte, als wäre alles normal. Zumindest wusste ich nicht, ob ich das konnte.
Als ich dann doch einmal aufsah, bemerkte ich jedoch, dass Umbridge überhaupt nicht in meine Richtung sah. Sie musterte Schüler für Schüler, überwachte, dass jeder seine Arbeit tat und ihre Augen streiften mich nur flüchtig.
Ich stieß erleichtert Luft aus. Anscheinend hatte sie tatsächlich nichts, das sie gegen mich einsetzen konnte.
Für den Rest der Stunde schaffte ich es, mich doch auf den Text zu konzentrieren, doch ich war trotzdem heilfroh, als ich das Klassenzimmer verlassen konnte.
Zack, der meine Nervosität während des Unterrichts bemerkt hatte, musterte mich auf unserem Weg zu Arithmantik hin und wieder, doch er sprach mich nicht darauf an. Wahrscheinlich dachte er, dass die Ereignisse beim Trimagischen Turnier der Auslöser für mein Verhalten waren.
Seufzend ließ ich den Kopf hängen. Ich hatte selber keine Lust, nun ein Gespräch zu beginnen.
Erleichtert darüber, dass wir im Klassenraum für Arithmantik angekommen waren, eilte ich schließlich auf meinen Platz neben Hermine und packte meine Sachen aus.
Zack setzte sich zu seinen Kumpels, nachdem er mir einen letzten besorgten Blick geschenkt hatte, doch ich wich ihm aus.
"Hey", begrüßte mich die Gryffindor strahlend, "wie geht es dir? Wir haben lange nicht mehr geredet."
Ich zwang meine Sorgen beiseite und erwiederte ihr Lächeln halbwegs ehrlich. "Guten Morgen. Ganz gut soweit und dir?"
Hermine nickte und beugte sich verschwörerisch zu mir vor.
"Du, ich wollte noch über etwas mit dir reden und zwar geht es um Umbridges Unterricht."
Ich runzelte die Stirn. "Umbridges Unterricht?"
Hermine nickte und dämpfte in die Stimme, nachdem sie sichergestellt hatte, dass kein anderer zuhörte. "Und zwar dachten wir uns-"
"Guten Morgen Klasse", unterbrach sie Professor Vektors Stimme, "Stellen sie bitte ihre Gespräche ein, der Unterricht beginnt nun."
Ich warf Hermine einen fragenden Blick zu. "Später", raunte diese und heftete ihren Blick auf unsere Lehrerin.
Seufzend tat ich es ihr gleich. Es gab nur wenige, die genauso schlimm wie Zack waren, aber Hermine war da ganz oben auf der Liste.
"Heute werden wir uns einem etwas komplexeren Thema zuwenden, nämlich der Vorhersage Ihrer eigenen Zukunft in genau einem Jahr, also zwölf Monaten. Auf den ersten Blick klingt das sehr anspruchsvoll, aber es ist einfacher, ein Ereignis mit dem genauen Zeitabstand von einem Jahr hervorzusagen, als das eines beliebigen Datums.
Die genaue Formel und die Erläuterung des Vorgangs finden Sie auf Seite 104, ich möchte, dass sie das Kapitel durchgehen, um die Formel zunächst einmal auszuprobieren. Das Ergebnis besteht aus einer dreistelligen Zahl, deren Ziffern sie mithilfe der Tabelle auf Seite 448 bis 453 deuten können.
Lassen Sie sich gerne von Ihrem Partner helfen, ich gehe rum, um Fragen zu beantworten."
Hermine und ich warfen uns einen eifrigen Blick zu. Wir hatten schon lange auf eine Stunde gewartet, in der wir eine solche Rechnung durchführten. Einerseits weil sie zu den anspruchsvolleren Teilbereichen der Arithmatik gehörte und andererseits weil wir unterschiedliche Ansichtssachen zu dem Thema hatten.
Hermine war der Meinung, dass es sich bei dem Ergebnis nur um einen möglichen Verlauf der Zeit handelte, der durch Zufall entstand und nicht vollkommen aussagekräftig war.
Die Vorhersagen waren präzise und zwar wahrscheinlicher und spezifischer als die in Wahrsagen, aber sie mussten nicht unbedingt eintreffen.
Trotzdem gab es wohl Arithmantiker, die regelmäßig Vorhersagen für das kommende Jahr trafen, welche sogar meistens zutrafen.
Das war jedesmal mein Argument dafür, dass Arithmatik nicht nur ein theoretisches Fach mit bestimmten Glaubensvorstellungen war, sondern auch in der Praxis funktionierte. Kleinere Dinge, mit denen wir angefangen hatten, wie Sternzeichen, Beziehungen oder Vergangenheitsberechnung, konnte man eindeutig bestimmen und ich war mir sicher, dass wenn man die Rechnung richtig durchführte und deutete, den vorbestimmten Zeitverlauf vorliegen hatte. Es war nur sehr schwer, in seinen Rechnungen richtig zu liegen.
Hermine dagegen war der Meinung, dass man den wahrscheinlichsten Zeitverlauf berechnete. Sie wusste, dass Arithmantik ein kompetentes Fach war, doch sie glaubte nicht an Schicksal. Ihrer Meinung nach erfolgten alle Handlungsverläufe aus Zufällen, weshalb es sich umso schwieriger erwies, in Arithmatik Erfolg zu haben.
Trotzdem war es - wie auch bei mir - eines ihrer Lieblingsfächer.
Ich klappte mein Buch auf und beugte mich über das Kapitel der Zukunftsberechnung. Die Seiten waren voll mit komplizierten Formeln, doch es juckte mich in den Fingern, sie auszuprobieren.
Nachdem ich die Erläuterungen dazu gelesen hatte, holte ich ein Stück Pergament mit Feder und Tinte hervor, um mit den Rechnungen zu beginnen.
Ein- zweimal setzte ich eine Zahl falsch ein, sodass ich wieder von vorne beginnen musste, doch im Gegensatz zu einigen anderen Schülern, die sich frustriert die Haare rauften, behielt ich meine Konzentration. Ein kurzer Seitenblick verriet mir, dass Hermine und Zack ebenfalls noch am Schreiben waren, genauso wie Malfoy, der sich im nächsten Moment jedoch entspannt zurücklehnte. War er etwa schon fertig?
Unsere Blicke trafen sich für einen Moment und ich wandte mich schnell wieder meiner Formel zu. Ein letzter Blick zu ihm herüber verriet mir, dass er sich auch wieder grübelnd über sein Pergament gebeugt hatte.
Kaum war ich fertig, forderte Professor Vektor uns auf, unsere Federn beiseite zu legen und ließ ihren Blick über die Klasse wandern.
"Es ist kein Problem, wenn sie noch nicht fertig sind, das Voraussagen der Zukunft ist eine äußerst komplizierter Angelegenheit. In den nächsten Unterrichtsstunden werden wir uns weiterhin damit befassen, sodass sich das Vorgehen einprägt.
Gibt es welche, die schon fertig sind?", fragte sie schließlich interessiert in die Runde.
Ich meldete mich als eine der wenigen. Die einzigen, die ebenfalls ihre Hände hoben, waren Hermine, Zack und Mandy.
"Was haben Sie herausgefunden, Miss Brocklehurst?", rief sie letztere auf.
"Bei mir ist 186/12/234 herausgekommen. Bei der Hundertsechsundachtzig handelt es sich um den Zahlencode meines Namens, die Zwölf steht für die Anzahl der Monate bis zum vorhergesagt Ereignis, die Zwei steht für ein Paar, in Verbindung mit der Drei für ein auseinandergerissenes, aber auch für Wichtigkeit. Ich werde etwas verlieren. Etwas, das mir sehr wichtig ist."
"Können Sie dazu genauere Angaben machen? Was ist mit der Vier?"
"Hmm ... Ich denke, das was ich verliere, ist nicht Materiell. Moment- Ich, ich glaube, die vier steht für Unglück oder Tod. Bedeutet das ... etwas Schlechtes?"
"Wohl eher nicht. Zeichen des Todes stehen meistens für einen abgestorbenen Teil in sich selbst", erklärte Vektor, "Es handelt sich wahrscheinlich um etwas, das sie noch hüten, obwohl es längst nicht mehr von Relevanz ist. Sie gehen weiter im Leben, und auf diesem Weg muss man einige Dinge, meist Gedanken oder Charakterzüge hinter sich lassen."
Mandy atmete sichtlich erleichtert auf und las noch ein zweites Mal die verschiedenen Bedeutungen in ihrem Register nach.
Professor Vektors Blick blieb an mir hängen.
"Miss Pears. Was ist mit ihnen?"
Ich sah auf mein Blatt herunter und starrte die Zahlenreihe vor mir an. Ich hatte die Vier so gedeutet, dass ich jemanden töten werden würde- wobei ich mir schon sicher gewesen war, dass ich sie falsch gedeutet haben musste. Auf Professor Vektors Deutung bezogen ergab es wieder Sinn.
"92/12/457", las ich vor.
"Ich werde einen Neustart beginnen und eine bestimmte Person aus meinem Leben verbannen- bezogen auf die Venus steht die Fünf für eine Beziehung. Wahrscheinlich ist das so wie bei Mandy, ich werde eine Beziehung aus meinen Gedanken löschen."
"Sehr gut", schloss Vektor, "Damit ist die heutige Stunde beendet. Ich möchte, dass sie als Hausaufgaben vorhersagen, wie sie ihr Weihnachtsfest verbringen werden- und legen sie mir nicht einfach ihre Pläne vor, ich möchte einen ausführlichen Aufsatz darüber, an welcher Zahlenkombination sie welche Aussage feststellen. Fürs erste werden sie eh nicht richtig liegen."
Ich packte meine Sachen zusammen und verließ, begleitet von Hermine das Klassenzimmer. Meine Vorhersage hallte immer noch in meinen Ohren wider und ich grübelte, von welcher Person ich mich bald distanzieren könnte. In einem Jahr konnte viel passieren- aber vielleicht lag ich in meiner Deutung auch einfach falsch. Für eine dreistellige Zahlenkombination gab es hunderte von Deutungsansätzen. Genau das machte Arithmantik ja auch so schwierig.
Kaum war ich durch die Tür getreten, zog Hermine mich schon beiseite und sah mich eindringlich an.
"Wegen dem, worauf ich dich vorhin angesprochen habe..."
Ich blinzelte kurz, dann rief ich mir wieder unser Gespräch vor der Stunde ins Gedächtnis.
"Du hast was von Umbridge gesagt...", erinnerte ich mich.
Hermine nickte und sah sich um. Dann trat sie einen Schritt näher an mich heran. "Wir denken, dass sie lieber nichts von der Sache mitbekommen sollte, deshalb die Gehrimniskrämerei", erklärte sie, "wir- also eher ich - habe mir gedacht, dass wir vielleicht so etwas wie eine Übungsgruppe bilden könnten."
Ich legte den Kopf schief. "Eine Übungsgruppe?"
"Ja", bestätigte Hermine, "für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Umbridges Unterricht taugt nichts. Wir müssen lernen, uns zu verteidigen und dafür brauchen wir praktische Erfahrung."
Während sie sprach, wurden ihre Worte immer fester. "Wir treffen uns am Wochenende im Eberkopf, um so etwas wie einen Club zu gründen. Zum trainieren und so. Ich denke, Harry wäre ein guter Lehrer und ich würde mich freuen, wenn du auch mitkommen könntest.
Ich meine-", ihr Blick wurde etwas unsicherer, "du hast auch gegen- gegen Voldemort gekämpft."
Bei der Erwähnung seines Namens zuckte ich unwillkürlich zusammen.
Hektisch sah ich mich um und zog sie in eine Nische, in der wir noch ungestörter waren.
"Du solltest seinen Namen nicht einfach so aussprechen", mahnte ich, "außerdem habe ich nicht gegen ihn gekämpft."
Ich wandte mich ab. "Ich muss los. Gleich fängt Zaubertränke-"
"Warte!", rief Hermine und hielt mich am Handgelenk zurück. "Du musst die anderen nicht unterrichten. Aber es wäre schön, noch jemanden zu haben, der unserem Feind ins Auge geblickt hat! Du hast auch im Trimagischen Turnier gekämpft, ich weiß dass du was drauf hast! Außerdem hätte ich auch gerne dich als Person dabei!"
Ich sah sie lange an und schüttelte schließlich den Kopf. Ich konnte jetzt nicht lügen und behaupten, er wäre nicht zurückgekehrt- Hermine war eng mit Harry befreundet und es war bekannt, dass sie ihm glaubte. Es war ja auch die Wahrheit.
Aber ein Club für Verteidigung gegen die dunklen Künste? Um für einen Kampf gegen den dunklen Lord zu trainieren?
Das klang beinahe Absurd, nach der Art und Weise, wie er kämpfte. Er war von den Toten auferstanden, wie sollten ein paar Schüler gegen ihn ankommen!?
Und obendrauf war ich auch noch seine-
Aber Harry hatte gegen ihn gekämpft, oder? Er war ihm ebenbürtig gewesen und er hatte entkommen können- Was, wenn er wirklich gegen ihn ankommen konnte? Wenn wir wirklich etwas bewirken konnten? Ich könnte wirklich dabei helfen, meine Mitschüler zu stärken. Darauf, sie auf einen Kampf gegen Todesser vorzubereiten. Denn darauf würde es doch hinauslaufen, oder?
Wenn nicht durch das Ministerium, wie sollten sie dies dann lernen?
Vielleicht konnte ich dabei auch meine zauberstablose Magie trainieren...
"Ich überlege es mir", versprach ich, "im Eberkopf oder?"
Hermine nickte lächelnd. "Super, ich freue mich. Bring gerne noch jemanden mit, aber pass auf, dass es nicht nach außen dringt."
"In Ordnung", erwiederte ich, bevor ich mich zu meiner nächsten Unterrichtsstunde aufmachte.
Bei dem Gedanken daran, bei einer geheimen Schülerorganisation mitzumachen, breitete sich ein aufgeregtes Kribbeln in meinem Bauch aus.
Gleichzeitig war ich mir jedoch des dunklen Mals auf meinem Unterarm schmerzlich bewusst.

***

Soooo, das wars auch schon wieder!
Ich habe gerade erst den letzten Teil zuende geschrieben, momentan schreibe ich an dieser Story nicht sooo viel.
Naja, wir werden sehen, ob ich nächste Woche pünktlich bin. Meistens halte ich den Upload-Tag ja doch ein...

Aber was haltet ihr von Sams Einstellung zur DA? Und von den Vorhersagen?
Ich hab ziemlich viel Zeit damit verbracht, die Bedeutung von bestimmten Zahlen zu recherchieren, aber das war eigentlich ganz interessant XD
Wusstet ihr, dass die Venus in den meisten Kulturen für Liebe und so steht, aber auch für den Lichtbringer Luzifer? (Abendstern und so hehe). Steht in Verbindung mit der Zahl 5, deshalb... naja ich laber Scheiße XD

Nun denn, bis nächste Woche,
-Absolina^^

The dark LadyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt