Mit einem Mal lagen alle Blicke auf mir.
Bellatrix schloss hinter mir die Tür und verschmolz mit dem Schatten in meinem Rücken.
"Samantha"
Die Stimme des dunklen Lords durchschnitt das Schweigen im Zimmer. Ein Anflug von Nervosität überkam mich. Ich suchte mit den Augen nach einer Uhr. War ich zu spät?
"Du bist gerade pünktlich", er deutete auf einen freien Platz zwischen sich und Malfoy.
Ich deutete dies als Aufforderung, mich zu setzen und lief auf wackeligen Beinen zum anderen Ende der Tafel herüber.
Die ganze Zeit über spürte ich den schweren Blick des blonden Slytherin auf mir lasten.
Nervös ließ ich mich auf den Stuhl neben ihn gleiten.
Zwischen ihm und dem dunklen Lord eingekesselt, wusste ich nicht recht, in welche Richtung ich mich lehnen sollte und so nahm ich eine steife Haltung ein, wie es auch andere der Todesser taten. Keiner der Anwesenden fühlte sich recht wohl in seiner Haut.
Die rot glühenden Augen des dunklen Lords lagen auf mir, während ich den stechenden Blick des Slytherins neben mir zu ignorieren versuchte.
Fieberhaft überprüfte ich meine Okklumentikmauern, was dem schlangenähnlichen Mann ein schmales Lächeln einbrachte. Er breitete die Arme aus und ließ den Blick über seine versammelten Anhänger wandern.
"Meine Freunde", begann er seine Rede, "wir haben uns heute hier versammelt, um uns den Bericht zum Stand in Hogwarts anzuhören und über unser weiteres Vorgehen zu beratschlagen. Wie ihr wisst, ist es mir ein Anliegen, die Macht über diese Schule zu übernehmen und Dumbledore zu stürzen. Im Moment gilt Hogwarts als einer der am besten geschützten Orte Großbritanniens, zu dem meine Todesser keinen Zutritt haben."
Er machte eine Kunstpause und ließ den Blick durch die Menge schweifen.
"Viele Jahre lang schon ist Hogwarts' Schulleiter, Albus Dumbledore, mir ein Dorn im Auge-" Bei dem klang dieses Namens ertönte verhasstes Zischen unter den Todessern, "-durch ihn wird meine Arbeit deutlich behindert, meine Macht eingeschränkt.
Er ist das letzte Glied, das den momentanen Machtanspruch des Ministeriums zusammenhält. Von außen wäre es zu mühsam, gegen Dumbledore vorzugehen."
Erneut machte der dunkle Lord eine Pause, um die Worte auf die Versammelten einwirken zu lassen.
"Jedoch", sprach er weiter, "ist es mir gelungen, ihn von innen anzugreifen. Ich beauftragte einen Schüler damit, Dumbledore umzubringen und einen Weg zu finden, meine Todesser in die Schule zu schleusen.
Draco-",
Er wandte sich dem Jungen zu, der neben mir saß, "berichte uns von deinen Fortschritten."
Für einen Moment blieb es neben mir still. Ich wagte es nicht, in seine Richtung zu sehen.
Als dann eine mir allzu vertraute Stimme zu sprechen begann, breitete sich auf meinem ganzen Körper Gänsehaut aus.
"Dumbledore ist- Ich meine, ich habe bereits einmal versucht, ihn zu verfluchen. Der Fluch hat allerdings eine Schülerin erwischt, Katie Bell, die ihn ihm überreichen sollte. Sie dürfte mir aber keine weiteren Schwierigkeiten machen."
Ich ballte die Hände zu Fäusten, um dem Drang zu widerstehen aufzuspringen und fortzulaufen. Ich wollte das nicht. Ich wollte nicht an diesem Ort neben ihm sitzen und ihm zuhören. Ich wollte nicht, dass es Malfoy war, der hinter alldem steckte.
Seine Tonlage war zunächst stolz und selbstbewusst, doch das Zittern dahinter war nicht zu überhören, als er von seinem Scheitern berichtete.
"Ich habe allerdings bereits einen weiteren Anschlag geplant", fügte Malfoy hinzu, wieder mit etwas festerer Stimme, "auf Slughorns Weihnachtsfeier konnte ich ein Geschenk an Dumbledore einschleusen, einen vergifteten Wein.
Es könnte noch etwas dauern, bis Dumbledore ihn trinkt, aber auf diesem Weg wird er ihn auf jeden Fall erreichen."
Der dunkle Lord nickte, wenn sich auf seinem Gesicht auch Missfallen widerspiegelte.
Ein vergifteter Wein schien nicht gerade ausgeklügelt genug zu sein, um einen Mann wie Dumbledore umzulegen.
Wieso legte der dunkle Lord überhaupt so viel Vertrauen in Malfoy? Konnte er nicht eher davon ausgehen, dass ich besser vorgehen würde? Immerhin hatte ich mein Können bereits im Trimagischen Turnier bewiesen. Außerdem war ich auf jeden Fall schon länger eine Todesserin als er.
Ich hatte das Mal direkt nach der Auferstehung meines Vaters erhalten. Malfoys Verhalten nach zu urteilen, konnte er das Mal frühestens erst seit letztem Sommer tragen.
Wenn ich genauer über sein Verhalten zu Beginn dieses Schuljahres im Vergleich zu dem davor nachdachte, war es eigentlich ziemlich offensichtlich.
Wenn er es überhaupt trug. Vielleicht war Malfoy ja gar kein richtiger Todesser.
Vielleicht war er nur ein kleiner Spion, der für seinen Vater einsprang, solange der in Askaban saß.
Irgendwie konnte ich mir Malfoy nicht als vollwertigen Todesser vorstellen, obwohl der gerade neben mir saß und von seinem Projekt, einen Weg nach Hogwarts hineinzufinden, erzählte.
Offenbar hatte er ein Gerät gefunden, mit dem dies möglich sein könnte, sobald es repariert war.
"Das andere Verschwindekabinett befindet sich bei Borgin & Burke im Geschäft. Wenn es mir gelingt, das Gegenstück zu reparieren, kann Hogwarts darüber betreten werden."
Bei der Vorstellung von Todessern in Hogwarts knirschte ich mit den Zähnen. Irgendwie wollten die Bilder von Todessern und der Schule, in der ich aufgewachsen war, nicht recht zusammenpassen.
"Samantha", durchschnitt die Stimme des dunklen Lords meine Gedanken. Ich erstarrte, mein Puls erhöhte sich.
"J- ja Mylord?"
Dies war der erste Ton, den ich heute von mir gegeben hatte und die Köpfe der Todesser, die bei Malfoys Bericht etwas schläfrig geworden waren, drehten sich neugierig in meine Richtung.
"Du wirst Draco nach den Ferien dabei helfen, das Verschwindekabinett zu reparieren. Bis zum Ende des Schuljahres seid ihr fertig. Habt ihr verstanden?"
Ich deutete ein Nicken an und murmelte "Ja, Mylord", während Malfoy es mir neben mir gleichtat.
"Gut. Ich dulde kein Scheitern."
Mit diesen Worten erhob sich der dunkle Lord von seinem Stuhl.
"Die Sitzung ist beendet", ein schmales Lächeln, mehr eine Grimasse, huschte über seine Lippen, "frohe Weihnachten."
Ein Schauer lief mir über den Rücken bei dem unpassenden Gruß.
Die anderen Todesser erhoben sich von ihren Stühlen und hasteten aus den Raum, wie ich es ihnen gleichtat.
Für einen Moment blieb ich unschlüssig in der Eingangshalle stehen, bevor ich zu Narzissa Malfoy herüberlief, die blöderweise mit ihrem Sohn zusammenstand.
Ich setzte beinahe zu 'Narzissa' an, verkniff mir die informelle Anrede jedoch und sagte stattdessen laut: "Mrs Malfoy?"
Die Köpfe der beiden Malfoys drehten sich zu mir um.
Als mein Blick den Malfoys traf, stieg ein aufgeregtes Kribbeln in meinem Magen hoch.
Während sich Narzissas Blick verdüsterte, trat in die Augen ihres Sohnes ein intensiver Ausdruck, den ich nicht recht deuten konnte. Ich schluckte.
"Ähm ...", auf einmal war ich ganz verlegen, "wegen meinen Sachen..."
Narzissa hob eine Augenbraue. "Ja?"
"Wie sie wahrscheinlich wissen, war ich vorhin im Waisenheim, um sie zusammenzusammeln", erwiederte ich, nun gefasster, "allerdings ist nicht mehr viel zurückgeblieben, deshalb wollte ich sie darum bitten, mir neue Kleidung zu besorgen."
Die Augenbrauen der Blondine wanderten weiter nach oben.
"Du möchtest, dass ich dir Klamotten kaufe?"
Ich nickte. "Ich bin sehr dankbar für das, was sie mir neulich geschenkt haben, aber es reicht nicht als Vollausstattung. Ich brauche mehr Blusen, Strümpfe und ähm-", ich stockte und bemühte mich, Malfoys Blick auszuweichen, "weitere Wäsche. Außerdem ein oder zwei Paar Armstulpen."
Ich sehnte mich außerdem nach meiner alten Jogginghose und meinem Lieblingsbuch, doch ich war mir nicht ganz sicher, ob die Hexe damit etwas anfangen konnte.
Narzissa seufzte. "Ich kümmere mich darum. Jetzt muss ich erstmal einen Schlafplatz für dich-"
"Lass mich mich darum kümmern, Mutter", fiel ihr Malfoy ins Wort, "du hast schon genug zu tun."
Narzissa schien die Idee offensichtlich zu missfallen. Sie zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.
Als ihr anscheinend jedoch kein Gegenargument einfiel, schürzte sie unzufrieden die Lippen.
"Na gut. Aber danach gehst du auf dein Zimmer."
Malfoy verdrehte die Augen, bevor er nach meinen Arm griff und mich in Richtung Treppe zog.
Immer noch angespannt und nervös stolperte ich ihm hinterher, was meine Gefühlslage nicht gerade verbesserte.
Sobald wir die Stufen hochgelaufen und im nächsten Flur verschwunden waren, ließ er mich los und lief schweigend weiter, in der Erwartung, dass ich ihm folgte.
Vor uns lief ein weiterer Todesser, der ebenfalls gerade an der Versammlung teilgenommen hatte. Ich erkannte ihn von den Fahndungsplakaten wieder.
"Ihr solltet aufpassen", sagte ich leise, sodass der Zaubeter vor uns mich nicht verstand, "nicht dass das Ministerium Kriminelle in eurem Haus findet."
Malfoy schnaubte.
Angesichts des Mannes, den wir gerade im Empfangssaal zurückgelassen hatten, war der Verweis auf den Todesser vor uns schwach.
"Bis die an unserem Eingangstor angekommen sind, sind alle über die Berge", gab Malfoy zurück.
Er führte mich in einen breiten Korridor, in dem wir allein waren.
Schweigend lief er zu einer der Türen herüber und hielt sie für mich auf.
Hastig, um seiner Anwesenheit zu entkommen, lief ich in das dahinterliegende Zimmer hinein.
Staunend betrachtete ich die Einrichtung.
Nach dem kargen Zimmer im Waisenheim hatte ich mich schnell an die luxuriöse Ausstattung in Hogwarts gewöhnt, doch nichts hatte mich hierauf vorbereitet.
Ich hatte mit einem kleinen Zimmer mit schlichter Einrichtung erwartet, eben das, was man benötigte, doch ich fand mich vor einer Sitzgruppe aus smaragdgrün gepolsterten Sesseln wieder. Dazwischen stand ein kleiner Couchtisch und das Highlight war ein Kamin mit einem breiten Sims darüber.
Hinter einer Trennwand befand sich ein ausladendes Himmelbett, sowie eine Kommode, in der ich meine Sachen unterbringen konnte.
Ich lief über einen flauschigen Teppich und stellte meinen Koffer auf einem der Sessel ab.
Malfoy schien sich nicht großartig für mein Staunen zu interessieren und schloss die Tür hinter sich.
Im nächsten Moment hatten sich seine Finger schraubstockartig um meine Oberarme geklammert.
Seine grauen Augen starrten mich in einer Mischung aus Unglauben und Sorge an.
"Was zur Hölle", brachte er schließlich hervor, "was zur Hölle, Pears!"
Er ließ von mir ab und raufte sich die Haare.
"Was machst du hier!?"
Verständnislos starrte er mich an. Als hätte ich soeben jemanden vor seinen Augen umgebracht.
Ich zupfte unsicher an dem Saum meines Mantels herum, doch bemühte mich um einen gefassten Gesichtsausdruck.
"Die Frage ist, was machst du hier", erwiederte ich, "Also steckst du hinter dem Fluch, der Katie Bell heimgesucht hat."
Malfoy zuckte zusammen.
Als er nervös schluckte, sah ich wie sein Adamsapfel auf und ab hüpfte.
"Ja, wie du vorhin gehört hast.
Aber das mit Mandy Brocklehurst war ich nicht. Das heißt, dass du dahintersteckst."
Er sah mich durchdringend an und ich ließ nachgiebig die Schultern sacken.
"Ich war zu unvorsichtig. Sie hat mich entlarvt und da musste ich handeln."
Wir starrten uns einige Zeit stumm an, als könnten wir dem Blick des anderen noch mehr Informationen entnehmen.
Vielleicht könnte ich das sogar, aber ich war mir sicher, das würde er merken und ich wollte die Stimmung im Raum nicht noch weiter sinken lassen.
Malfoy dachte anscheinend etwas Ähnliches, denn er war der Erste, der den Blickkontakt abbrach und ließ sich in einen meiner Sessel sinken.
Ich verschränkte die Arme.
"Hat deine Mutter nicht gesagt, dass du auf dein Zimmer sollst?"
Malfoy legte den Nacken zurück und schielte mich über die Sessellehne hinweg an.
Seine Füße ruhten auf dem dunklen Couchtisch.
"Mein Zimmer ist direkt gegenüber", erwiedete er, "ich kann jederzeit rüberlaufen, ohne dass sie es merkt."
Ich verkniff mir ein genervtes Schnauben und lief zu einem Kleiderhaken an der Tür herüber, um meinen Mantel aufzuhängen.
Am liebsten wäre ich jetzt allein, aber da Malfoy es ja für nötig hielt, meine Privatsphäre überzustrapazieren, würde ich wohl einfach so tun, als wäre er nicht da.
Irgendwann musste ihm ja langweilig werden.
Doch Malfoy blieb sitzen und beobachtete jede einzelne meiner Bewegungen, während ich meinen Koffer ausräumte.
Erst als ich fertig war und eines meiner Lehrbücher aufschlug, sprang Malfoy auf und sah mich ungläubig an.
"Du lernst? Jetzt!?"
Ich hatte mich auf meinem neuen Bett ausgebreitet und musterte Malfoy mit hochgezogener Augenbraue.
"Ich habe leider nichts Anderes, womit ich mich beschäftigen könnte."
Mit diesen Worten wandte ich mich von ihm ab und starrte demonstrativ den vor mir liegenden Text an.
Für einen Moment stand Malfoy unschlüssig im Raum und stieß ein Schnauben aus.
Mein Herz machte einen Satz, als er sich tatsächlich zur Tür bewegte und Anstalten machte, mein Zimmer zu verlassen.
Auf einmal wollte ich nicht mehr allein sein, wollte Weihnachten nicht mit meinen Schulsachen und den Erinnerungen an letztes Jahr verbringen.
Ehe ich es mit versah, hatte ich den Mund aufgemacht.
"Aber vielleicht kannst du mich ja beschäftigen."
Malfoy hielt in der Bewegung inne und sah mich an, die Hand auf der Klinke.
Ein Grinsen zupfte an seinem Mundwinkel.
"Wie soll ich dich denn beschäftigen?"
Ich spürte, wie meine Wangen sich erwärmten.
"Ähm ... habt ihr vielleicht noch Essen übrig? Ich hatte seit heute morgen nichts mehr."
Malfoys Grinsen wurde noch breiter und für einen Moment verfluchte ich mich, etwas gesagt zu haben.
Er öffnete die Tür.
"Bin gleich wieder da."***
Guten Mittag allerseits! Oder eher Nachmittag? Whatever.
Aus irgendeinem Grund scheint sich mein Update-Tag auf Dienstag verschoben zu haben, aber naja, immerhin hab ist es eine Woche nach dem letzten Kapitel.
Ich werde aber nach wie vor wahrscheinlich eher unregelmäßig updaten. Ich schreibe schon unregelmäßig.Irgendwann werde ich meine Motivation für diese Geschichte schon wieder finden und dann läuft das wieder!
Ich hoffe jedenfalls, dass euch das heutige Kapitel gefallen hat,
Wir sehen uns im nächsten,
-Absolina^^
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The dark Lady
FanfictionSequel zu: She who can not be named ❥︎ Für Sam hat sich Alles geändert. Denn nicht nur scheinen die Beziehungen zu ihren Mitschülern völlig neue Wege einzuschlagen, sondern auch ihre eigenen moralischen Vorstellungen und Ziele erscheinen nun merkwür...