39. Platinkette

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Als Elyna die Augen aufschlug, ging gerade die Sonne auf. Das rote und goldene Licht biss sich fürchterlich mit dem ganzen Grün in Rabastans Zimmer, doch Elyna mochte das Schauspiel. Es beruhigte sie irgendwie.
Die Schwarzhaarige drehte sich auf den Bauch, stützte ihren Kopf auf ihren Händen ab und sah der Sonne dabei zu, wie sie langsam aber stetig höher stieg. Sie lächelte, als Rabastan missmutig brummte, weil sie von ihm weggerückt war. Er robbte ein Stück näher zu ihr heran und legte einen Arm um sie. Erst nach ein paar Minuten öffnete er die Augen und blinzelte zu ihr hinauf. "Morgen", gähnte er leise.
"Morgen", antwortete Elyna lächelnd und beugte sich zu ihm herunter, um ihm einen kurzen Kuss zu geben. Dann wandte sie wieder den Blick zum Sonnenaufgang.
"Was ist los?", fragte Rabastan, nachdem er sich aufgesetzt und sie lange gemustert hatte.
Elyna zuckte nichtssagend mit den Schultern und legte ihren Kopf in seinen Schoß. "Wir heiraten heute", murmelte sie.
"Aber?"
Elyna lächelte schief. "Aber irgendwie habe ich keine Lust."
Rabastan runzelte die Stirn. "Keine Lust, mich zu heiraten oder generell keine Lust?"
Elyna seufzte. "Keine Lust auf die Gäste", antwortete sie nach kurzem Überlegen. "Wir haben so ziemlich jeden deiner Verwandten eingeladen, dazu noch einige Ministeriumsarbeiter sowie fast alle Todesser. Hatten wir nicht gesagt, uns reicht eine kleine Hochzeit?"
Gegen Ende war Elynas Stimme immer verzweifelter geworden und so nahm Rabastan sie erst einmal lange in den Arm, bevor er ihr antwortete. "Ich weiß, es sind viele Leute, aber die Lestranges sind nun einmal eine der angesehensten Familien in Großbritannien. Wenn wir nicht alle einladen würden, wäre irgendwer beleidigt und außerdem würde es unserem Ruf schaden."
Elyna seufzte und löste sich von Rabastan. "Irgendwer ist sowieso immer beleidigt", murmelte sie, stand vom Bett auf und verschwand im Bad. Sie duschte, putzte sich die Zähne, kämmte ihre Haare und zog sich an. Da Narzissa in etwa einer Stunde vorbeikommen wollte, um ihr mit dem Hochzeitskleid zu helfen, machte Elyna sich hierbei keinen allzu großen Aufwand - eine dunkelblaue Jeans und ein grüner Pullover reichten ihr.
Als sie das Bad verließ, war Rabastan ebenfalls schon fertig und stand in schwarzer Hose und schwarzem Hemd vor ihr. Sie war ein wenig überrascht von dem liebevollen Lächeln, das sein Gesicht zierte. Sie sah keinen Anlass dafür.
Rabastan trat auf Elyna zu, nahm ihre Hand und zog sie sanft mit sich aus dem Raum.
"Wohin gehen wir?", fragte die Schwarzhaarige, als sie Lestrange Manor verließen und den langen Kiesweg entlanggingen.
"Ins Ministerium", antwortete Rabastan. "Narzissa und Josec warten dort auf uns."
Elyna runzelte die Stirn. "Und warum?"
"Wir heiraten jetzt. Ohne Publikum. Nur du und ich und unsere Trauzeugen."
Elyna blieb stehen und da ihre Hände noch immer miteinander verschränkt waren, sah auch Rabastan sich dazu gezwungen anzuhalten. Er wirkte plötzlich ein wenig nervös, als hätte er Angst vor ihrer Reaktion. Doch Elyna fiel ihm lediglich um den Hals und küsste ihn strahlend. "Danke."
Rabastan grinste sie an und sie setzten ihren Weg fort. Kaum hatten sie das Grundstück verlassen, apparierten sie gemeinsam ins Ministerium.
Die Eingangshalle war so früh am Morgen noch ziemlich leer, deshalb fanden sie Narzissa und Josec ohne Probleme. Josec begrüßte Rabastan mit einem kumpelhaften Schulterklopfen, während Narzissa Elyna in eine kräftige Umarmung zog. "Da haben wir uns so viel Mühe gegeben, ein Kleid zu finden und jetzt heiratet ihr einfach... so?" Narzissa warf einen skeptischen Blick auf die Kleidung von Elyna und Rabastan.
Die Schwarzhaarige zuckte desinteressiert mit den Schultern und hakte sich bei Rabastan ein. "Ich heirate ja nicht seinen Anzug", sagte sie lediglich grinsend, bevor sie ihren Verlobten zum Fahrstuhl zog. Die beiden Trauzeugen folgten ihnen kopfschüttelnd.
Elyna erinnerte sich noch an den Weg, immerhin waren sie zur Hochzeit von Josec und Sirius bereits hier gewesen, deshalb dauerte es nicht lange, bis die vier Freunde vor der hellen Holztür zum Stehen kamen.
"Letzte Gelegenheit, es dir nochmal anders zu überlegen", meinte Josec grinsend hinter ihnen, doch Elyna war sich nicht sicher, ob er sie oder Rabastan meinte. Sie drückte die Hand ihres Verlobten und griff nach der Klinke. Der Raum war noch immer blau und mit zahlreichen Regalen versehen, auch der schöne Holzschreibtisch stand noch an Ort und Stelle. Lediglich der Ministeriumsangestellte, der auf dem Stuhl dahinter saß, war ein anderer. Überrascht hob er den Blick, als Elyna und Rabastan den Raum betraten.
Die Situation war schnell geklärt, die passenden Papiere wurden vorbereitet und schließlich vollzog der Ministeriumsarbeiter eine ganz ähnliche Zeremonie wie bei Josec und Sirius.
"Dann erkläre ich Sie hiermit zu Ehemann und Ehefrau", ratterte er seine letzten Worte hinunter. "Mr Rabastan Lestrange und Mrs Elyna Lestrange, Sie dürfen sich jetzt küssen."
Elyna warf sich ihrem Ehemann um den Hals und drückte ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen. Sie strahlte über das ganze Gesicht und war einfach überglücklich, dass sie jetzt ganz offiziell zueinander gehörten. Niemand hatte nun noch ein Recht dazu, sie zu trennen.
"Herzlichen Glückwunsch!", riefen Narzissa und Josec wie aus einem Mund. Elyna zog sie lachend in eine knochenbrechende Umarmung, bevor der Ministeriumsangestellte sie ungeduldig aus seinem Büro scheuchte.
Elyna hielt Rabastans Hand und summte fröhlich vor sich hin, während sie den Nachhauseweg antraten. In der Eingangshalle des Ministeriums verabschiedeten sie sich von Josec und Narzissa, die erst zur offiziellen Feier zum Anwesen der Lestranges kommen würden. Dann disapparierte auch das frischgebackene Ehepaar. Den ganzen Weg zur Haustür besah Elyna sich nachdenklich ihren Ehering, der aus Platin bestand. Sie hatte darauf beharrt, dass sie keinen Silberring tragen würde und auch wenn Rabastan ihren Wunsch nicht verstanden hatte, war er ihm trotzdem nachgekommen.
Natürlich hatte Elyna sich nicht grundlos einen Ring aus Platin gewünscht. Wenn sie mit Remus zusammen war, nahm sie häufig ihren silbernen Verlobungsring ab, das wollte sie bei ihrem Ehering nicht tun. Remus verstand ihre Hochzeit mit Rabastan - sie gefiel ihm zwar nicht, aber er hatte sich noch nie wirklich darüber beschwert - deshalb hoffte Elyna, dass er keine Probleme mit dem Ring hatte. Sie hatte nämlich seinetwegen auf Platin bestanden. Werwölfe vertrugen kein Silber.
"Die Gäste kommen erst zum Kaffeetrinken, oder?", riss Rabastan sie aus ihren Gedanken.
Elyna sah ihn an und grinste. "Ja, aber bis dahin haben wir noch viel vorzubereiten. Wir haben keine Zeit, uns auf die faule Haut zu legen und nichts zu tun, also denk gar nicht erst daran, dich wieder ins Bett zu legen!"

Nicht der Tod wird uns trennenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt