Alle Blick wandern zu mir und Raunen ertönt.
"Ist sei das?", zischt ein Mädchen in der ersten Reihe und sieht mich ungläubig an.
"Ich bringe euch eine neue Schülerin", erklärt Herr Graumann der Klasse. Dann wendet er sich an mich. "Magst du dich vielleicht vorstellen?" Ich nicke stumm und betrachte die Klasse. Die meisten Gesichter sind mir bekannt und als ich sie sehe fallen mir auch wieder all die Namen ein, die ich vergessen gedacht hatte. Doch ein Gesicht ist mir fremd: Ein Junge mit blonden, kurzen Haaren und harten Gesichtszügen. Er ist der einzige, der nicht mit seinem Sitznachbar tuschelt oder mich erstaunt ansieht. Seine Augen mustern mich neugierig, gierig, als versuche er jede Kleinigkeit aufzusaugen, die er sah. Er Sitz in der letzten Reihe zwischen zwei Jungen, die ich von früher nur als Unruhestifter kenne.
"Emilie Harvey", sage ich kappt und blick nur in das Gesicht des fremden Jungen.
"Bist wohl zu lange in der Sonne gewesen, was", ruft er Fremde und erntet einige Lacher.
"Nick, bitte", sagt der Lehrer und sieht mich entschuldigend an. "Erzähl doch vielleicht wo her du kommst und warum du hier bist", schlägt er vor und ich blicke kurz aus dem Fenster. Hier stehe ich jetzt also, mache mich zum Affen und lasse mich von ihnen runter machen. Super. Wut quillt in mir hoch, Wut auf Rose, die es gewagt hatte mich das hier aufzuzwingen, Wut gegen meine Eltern, die nicht mehr da sind, Wut gegen alles Menschen auf dieser Schule, weil sie existieren müssen.
"Ich denke das brauche ich nicht", sage ich und hebe das Kinn. "Ich bin hier, weil ich hier her muss. Sonst wäre ich nie wiedergekommen." Ich sehe meinen neuen- besten- Beschützer- Freund- Lehrer an, der mich leicht verwirrt an sieht.
"Du warst schon mal hier?", fragt er.
"Unsere alte Freundin ist zurückgekehrt", ertönt plötzlich eine Stimme neben mir und ich schnelle mit dem Kopf herum. In der Tür steht ein Mädchen, dass ich nur all zu gut kenne. Sie hat ihre Haare dunkelrot gefärbt, trägt ein bauchfreies, weißes Topf, Shorts, die gerade noch ihren Bauchnabel frei lassen und einen schwarzen, langen Cardigan. Ihre Füße stecken in High-Heels mit schwarzen Riemen und dicker Holzsohle. "Wundert mich, das du dich noch traust hier aufzutauchen", faucht Liz und kommt auf mich zu.
"Lisabeth, warum bist du zu spät?", fragt Herr Graumann, als hätte er mich völlig vergessen.
"Du haust ab, ohne auch nur ein Wort zu sagen und jetzt stehst du hier, als sei nichts passiert", flüstert sie und ignoriert den Lehrer einfach. "Als hättest du mich nicht drei Jahre lang warten lassen."
"Warten lassen?", knurre ich. Ich weiß nicht warum ich so wütend auf sie bin, ich weiß nur, dass sie gerade vollkommen vergisst, warum ich weg ging. "Danach siehst du nicht aus."
Sie funkelt mich wütend an, geht dann aber einfach an mir vorbei und setzt an einen leeren Platz, relativ weit hinten.
"Sucht dir einen Platz aus, Emilie", sagt mein Lehrer nur noch leicht verwirrt. Ich schnappe mir den letzten Platz in der hintersten Reihe, zwei Plätze von dem Neuen, des wohl Nick heißt, entfernt. Während Herr Graumann versucht irgendwie den Faden wieder aufzugreifen und erzählt irgendwas von neuen Fächern und neuen Lehrern und von seinen Ferien, die wohl keinen hier interessieren. Dem Desinteresse der Klasse schließe ich mich sehr schnell an. Also denke ich über belanglose Dinge nach, frage mich, ob ich das Geld fürs Mittagessen eingesteckt habe und was ich mache, wenn nicht; suche Gründe, warum ich die nächsten Tage fehlen könnte und wie ich es mit Liz nur fünf Meter entfernt überleben soll. Als es endlich schellt fällt mir ein Stein vom Herzen. Ich blicke auf den Stundenplan, der mir gegeben wurde und seufze genervt, als ich sehe, dass wir Bio bei meiner alten Lehrerin haben.
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Make a wish
Teen FictionNach ihrer Flucht aus Deutschland baut sich Blou in Frankreich ein neues Leben auf, völlig frei von Sorgen. Leider muss sie aber feststellen, dass sich die Vergangenheit nicht so leicht abhängen lässt wie erhofft. Viel zu früh schickt man sie in di...