Vergessen und Ersetzen

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Video an und los!❤️

Die Schulflure wirken irgendwie viel länger und dunkler, als ich sie in Erinnerung habe. Ich lasse mich gegen eine der kalten Steinwände fallen und rutsche daran hinab. Den Kopf in den Händen vergraben höre ich die Schritte von jemandem, der auf mich zu kommt. Die Schritte machen vor mir halt und es ist wieder still. Nach einen Augenblicken setzt sich die Person neben mich und ich blicke auf und in seine braunen Augen, in die ich mich mal verliebt hatte und in denen ich jetzt nichts fühle.

„Steht dir", stellt er unbeeindruckt fest.

„Und ich hatte gerade vor dir zu verzeihen", schmolle ich- vollkommen ernst.

„Darf ich das denn nicht sagen?" Er sieht mich nicht mal an.

„Bist du immer so? Ich hatte dich ganz anders in Erinnerung." Er zuckt mit den Schultern.

„Und wenn schon. Mich hast du doch wahrscheinlich eh bald wieder vergessen."

„Wie kommst du darauf?"

„Ich seh doch gut es dir hier geht. Ich wusste von Anfang an, dass du hier nachher eh nicht mehr weg willst. Das ist auch der Gründe warum ich Schluss gemacht habe. Ich will dich nicht da festhalten, wo du eigentlich loslassen sollst." Er starrt weiterhin das Bild an der gegenüberliegenden Wand an.

„Du glaubst wirklich ich würde dich und Jerry vergessen?" Ich weiß nicht, warum ich gerade in mich hinein lächle. Vielleicht weil ich die letzten Wochen nur an sie gedacht habe.

„Nein, ich glaube nicht das du uns vergisst. Ich glaube das du uns hier ersetz und feststellst, dass es hier genauso schön sein kann." Ich starre ihn an. Ersetzten? Jerry und ihn ersetzen? Als ich meine Gedanken ausspreche sieht er mich endlich an.

„Wer ist dieser blonde Kerl vorhin gewesen?"

„Leon, mein Ex."

„Und der andere?"

„Nick. Ein guter Freund von Liz."

„Und Liz?"

„Meine beste Freundin."

„Und der Kerl, der heute Morgen neben dir her gelaufen ist?"

„Sam, mein Freund."

„Da hast du's."

„Bist du eifersüchtig?"

„Wieso sollte ich? Das ist doch alles was du wolltest."

„Alles was ich wollte?" Meine Augen werden rot und Tränen brennen in den Augenwinkeln. „Weißt du wie es ist jeden Morgen an diesen Türen vorbeizulaufen? Zu wissen dass sie sich niemals öffnen werden, weil du die Erinnerungen dahinter nicht erträgst? Wie es schmerzt den Sonnenuntergang nicht betrachten zu können, aus Angst das er dich an sie erinnert? Wie es zerstört zu wissen, dass du ohne sie gegen eine Wand rennst?" Er ist still.

„Mir geht es hier nicht gut, Tim. Das wird es nie. Aber ich kann es verdrängen, so wie ich es drei Jahre lang getan habe. Aber ich kann nicht verhindern das es mich verändert. Ich werde diese Türen niemals öffnen können, aber vielleicht schaffe ich es sie irgendwann nicht mehr anstarren zu müssen. Und wenn du glaubst ich werde euch vergessen und die Zeit die wir zusammen hatten, dann kann ich dir nur versichern, dass ich euch niemals vergessen werde. Allerdings kann es sein dass ihr eines Tages auch hinter diesen Türen landet." Ich stehe auf und wische mir eine Träne weg, die sich ihren Weg über meine Wange bahnt. Dann gehe ich mit schnellen Schritten zur Klasse zurück.

„Bitte versprich mich, dass ich niemals hinter diesen Türen lande." Ich fahre herum.

„Kann ich nicht." Wie er dort sitzt möchte ich ihn am liebsten in den Arm nehmen. Er sieht mich an und eine weiter Träne rollt meine Wange hinunter.

„Dann danke ich dir für die letzten drei Jahre."

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