Gibt es einen Grund?

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"Im Koma." Ich erwarte, dass Emma mir sagt, dass e ihr Leid tut, dass sie mich nicht so bedrängen wollte das zu sagen, dass sie nun vertände warum ich nichts gesagt habe, aber sie ist still und starrt auf den Stuhl ihr gegenüber. "Ich bin abgehauen", flüstere ich. "Weil ich nichts und niemanden mehr hatte, der mich nur ansatzweise verstand. Es gab nichts mehr, dass mich dort hielt und plötzlich fühlten sich alle Freundschaften und alle glücklichen Momente in meinem Leben so vollkommen falsch an." Emma nickt- langsam, nachdenklich, traurig. "Was ist mit ihm?", fragt sie nach einigen Minuten Schweigen. "Was ist mit deinem Bruder passiert?" Ich schüttle den Kopf und breche wieder in Tränen aus. Mein Bruder, der Grund warum ich zurück wollte, aber auch der Grund warum ich hier bin, warum ich abhaute, warum ich das alles nicht mehr aushielt. "Ich weiß es nicht", hauche ich. "Vielleicht liegt er immer noch im Koma, vielleicht ist er schon seit Jahren tot, vielleicht lebt er und hat mich vollkommen vergessen. Ich weiß es nicht." Emma fährt mich nicht an. Sie erklärt mich nicht, was ich alles falsch gemacht habe. Sie sieht mich nur an und flüstert: "Ist das wenigsten ein Grund, warum du zurück solltest? Vielleicht lebt er ja wirklich noch." Sehe sie nachdenklich an. Mein Bruder war ein Jahr älter als ich gewesen. Ich hatte ihn geliebt, auch wenn es zuletzt einige Komplikationen gab. Ich habe ihn bewundert, wie er für mich noch so schwere Sachen mit solcher Leichtigkeit meisterte. Und ich habe ihn vermisst in der Zeit hier, mehr als meine Eltern. Ich schlag mir das alle aus dem Kopf jetzt bloß nicht daran denken! Schimpfe ich mit mir selbst. Ich hatte geschafft es so lange zurück zu halten, warum jetzt nicht auch. Ich schüttle den Kopf.
"Und Rose? Hat sie nie etwas darüber erzählt?" Mir huscht ein verlorenes Lächeln über die Lippen.
"Ich rede nicht mit ihr", sage ich abwegig. "Und wenn dann streiten wir uns nur über meine Eltern." Die Trauer ist wie weggewischt und Wut steigt langsam in mir hoch. Ich hasse sie dafür, dass sie mich zurückholt. Ich verachte ihre Argumente. Aber innerlich weiß ich ganz genau, warum ich trotzdem hier sitze, warum ich mich nicht so lange gewehrt hatte, bis sie es aufgegeben hätte. Innerlich weiß ich, dass es noch Hoffnung gibt. Dass er vielleicht noch lebt.
"Wie hieß er?", fragt Emma nach einer langen Pause. Ich will seinen Namen nicht über die Lippen bringen. Es liegt so viel darin, dass hochkommen könnte, aber ich muss es versuchen.
"Andre", flüstere ich und merke wieder wie die Tränen hochkommen. In diesem Moment dreht sich Rose einige Reihen vor uns um.
"Möchte jemand von euch einen Kaffee?", fragt sie fröhlich. Abrupt stehe ich auf.
"Ich mach das!", rufe ich. Sie lächelt glücklich.
"Na dann, für uns drei bitte, außer ihr wollt auch noch." Sie sieht Emma auffordert an. Diese schüttelt den Kopf und ich gehe mit schnellen Schritten auf den nächsten kleinen Laden zu der sowohl Kaffee als auch viele andere Kleinigkeiten anbietet.

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