Witch Hunt - Die Suche ✔

32: Die Zeit heilt alle Wunden

Irgendwann brach Kim Seokjin die drückende und betroffene Stille, die sich über sie alle gelegt hatte.

"Davon habe ich nichts gewusst!", murmelte er und strich seinem besten Freund sanft über den Rücken, Namjoons Schultern bebten.

Hoseok brach in einen abrupten Heulkrampf aus und schluchzte bitterlich, war zu mitgenommen von dieser tragischen Geschichte.

Suga saß nur da und blickte auf Jimin herab, dessen leise Atemzüge das Einzige waren, was ihn nicht zusammen klappen ließ.

Eine Hand legte sich ihm auf die Schulter und der Teenager blickte in das wohlwollende Gesicht seines Vaters, der ihn sogleich in eine Umarmung zog.

Nun konnte Suga seine sorgsam zurück gehaltenen Tränen nicht mehr länger kontrollieren und vergrub sein Gesicht in Jins Toga, war so dankbar für die bloße Nähe von ihm.

Auch, wenn dieser Jin bestimmt noch nicht einmal wusste, dass dieser Junge sein Sohn war.

Nach einer gefühlten Ewigkeit lösten sich die beiden voneinander und die depressive Atmosphäre verflüchtigte sich, machte Platz für Neues.

Suga holte tief Luft, wappnete sich und vergaß im selben Moment die sorgsam eingeprägten Regeln über Zeitreisen.

Doch das war nun nicht mehr wichtig, nichts war wichtiger als das hier.

Seine Stimme brach etwas, während er die Worte aussprach, die ihm bereits seit ihrer Ankunft in diesem Jahr unter den Nägeln brannten.

"Jin...du wirst mich wahrscheinlich nicht erkennen, aber - ich bin dein Sohn!"

Jin starrte ihn an, als hätte er soeben einen Geist gesehen.

Suga betete, dass er nicht wieder ausrasten und ihn und Hoseok abermals aus dem Haus werfen würde.

Als er immer noch nicht reagierte, versuchte es der Teenager anders.

"Ich weiß, dass du Shin - La zurück holen willst!", rief Suga und deutete auf die Sanduhr in seiner Hand.

"Du hast es selbst gesagt: Diese Sanduhr kann eine bestimmte Person für 48 Stunden ins Leben zurück holen. Du hast diese Sanduhr aus dem Tempel entwendet, weil du sie so sehr wieder sehen willst, Kim Seokjin. Deine Königin, deine geliebte Shin - La...du verzehrst dich so sehr nach ihr, dass du sogar deinen besten Freund alleine lässt. Selbst in hundert Jahren oder mehr wird es dir noch schwer fallen, über sie hinweg zu kommen, weißt keinen Ausweg...doch diese Sanduhr, Jin, wird alles verändern, was du dir je gewünscht hast. Du kannst Shin - La hier und jetzt zurück holen und ihr Lebe Wohl wünschen. Und du wirst kein gebrochenes Herz mehr haben, das schwöre ich dir!"

Jin senkte den Blick, betrachtete das glänzende Artefakt und haderte mit sich selbst.

Dann entgegnete er:

"Ich hätte es schon von Anfang an erkennen müssen. Ihr kommt aus der Zukunft, nicht wahr? Wo ich Kinder habe, ein schickes Haus und mich nach der wahren Liebe sehne? Nach meiner Shin - La? Eine Zukunft, die ich vielleicht nie mehr erleben werde, ohne wahrhaftes Glück zu finden? Wo mein wahres Ich nie wieder glücklich sein kann, wenn es seine große Liebe nicht bei sich hat? Was ist das Leben dann überhaupt noch wert, wenn nicht ein farbloses Nichts?"

Grübelnd betrachtete er die Sanduhr, die feinen Körnchen im Licht des Mondes.

Schließlich stand sein Entschluss fest und er reichte Suga das Artefakt, schlug die Augen nieder.

"Wenn du wirklich mein Sohn bist, Min Yoongi...", murmelte er, verschränkte seine zitternden Finger mit seinen.

"Nimm diese Sanduhr mit in deine Zeit und gib sie meinem zukünftigen Ich. Er verdient Shin - La mehr als ich, er soll wieder glücklich werden, mit ihr vereint sein. Und noch was. Finde die übrigen drei Artefakte, befreie die irdische und die hexische Welt von dem jahrhundertealten Fluch und sorge dafür, dass diese beiden Welten endlich vereint werden. Würdest du das für mich tun, Min Yoongi?"

Suga nickte hastig, nahm das Artefakt entgegen und steckte es vorsichtig in die Taschen seines Hoodies, wo es gerade so rein passte.

Dann murmelte er mit unnatürlich tiefer Stimme:

"So wahr ich Min Yoongi heiße, werde ich meiner Pflicht als Auserwählter nachkommen und diese beiden Welten retten. Mögen sich unsere Wege schon sehr bald wieder kreuzen, Kim Seokjin!"

Jin lächelte, stemmte zufrieden die Hände in die Hüften.

"Das hoffe ich doch. Oh, was passiert denn jetzt?"

Suga drehte sich verwirrt um, heftete seinen Blick auf Hoseok und Jimin, dessen Körper nun von innen heraus zu glühen begannen und sich langsam in winzige Partikel auflösten.

Mit Namjoon geschah dasselbe und auch Suga spürte, wie sein Körper sich für die Rückkehr in seine einzelnen Moleküle zersetzte.

Der Zeitreisezauber verlor seine Wirkung.

Gleich würden sie zurück in die Gegenwart geschickt werden und auf den richtigen Jin treffen, der ja überhaupt nicht wusste, wo sie alle waren.

Er machte sich bestimmt große Sorgen...

Suga winkte dem Vergangenheits - Jin zum Abschied noch einmal zu und ließ sich im nächsten Moment von dem wirbelnden Mahlstrom davon tragen.