102: Getrennte Wege

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Jungkook wagte kaum zu atmen, als er Soobin entdeckte, der mit seinen vier Freunden im Schlepptau das Chaos in der Wohnung begutachtete.

Alle Anwesenden waren zu Salzsäulen erstarrt, selbst Lio - Chen rührte sich nicht und hatte einen Arm um Jin gelegt, der sie mit leerem Blick beobachtete.

Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben...was sich die Dream Chapter - Gang durchaus zu Nutze machen konnte.

Suga, Namjoon und Taehyung hatten es mittlerweile geschafft, der Magierin die beiden Artefakte abzunehmen und sie in Namjoons nimmervollen Beutel zu verstauen.

Jungkook und Hoseok hingen immer noch wehrlos im Würgegriff der Ranken, ihr baldiges Ende fürchtend.

Taehyun überlegte nicht lange, ließ sein Schwert anmutig durch die Luft sirren und durchtrennte die tödlichen Schlingpflanzen mit nur einem Hieb.

Soobin schritt ebenfalls zur Tat, knöpfte sich Lio - Chen vor, die er mit einem Kitzelfluch belegte und sie an Armen und Beinen fesselte.

Dann schnippte er mit den Fingern und Kim Seokjin erwachte aus seinem tranceartigen Zustand, den die bloße Präsenz der bösen Königsschwester in ihm ausgelöst hatte.

Mit einem weiteren Fingerschnippen erlosch die düstere Aura um Park Jimin und er glitt verwirrt zu Boden, hielt sich den Kopf.

Zu guter Letzt sprach Soobin die Umkehrformel des Zeitzaubers und alles setzte sich wieder in Bewegung, er und die anderen klatschten sich ab.

"Gut gemacht, Leute. Wir werden immer besser, in dem was wir tun, meint ihr nicht?"

Yeonjun reckte trotzig das Kinn vor:

"Wir? Wohl eher du und Soobin macht den ganzen Kram, Kai, Beomgyu und ich stehen nur nutzlos rum - "

"Genau!", stimmte Kai dem Rosahaarigen zu, kam unter dem Tarnumhang hervor, der ihn eben noch sorgsam vor den Blicken der anderen versteckt gehalten hatte.

"Binnie und du, ihr schreit ja förmlich nach Aufmerksamkeit - das Moonchild und sein Lehrling, oder was?"

Diesmal war es Beomgyu, der sich in bitteres Schweigen gehüllt hatte, insgeheim aber genau dasselbe dachte wie Yeonjun und Kai.

Nun wandte er sich von der Gruppe ab, packte seinen Besen und schwang sich behände in die Nacht hinaus, die beiden anderen taten es ihm nach.

Taehyun rief ihnen flehend hinterher:

"Hey, wo wollt ihr hin? Was ist mit unserer Gang, unseren Abenteuern...was ist mit uns?"

Missmutig senkte er den Kopf, Soobin trat neben ihn.

"Lass sie, die werden schon zurück kommen!", meinte er und strich dem Blonden sanft über den Rücken.

"So ist das nun mal mit Freundschaften. Manchmal zerbrechen sie für eine Weile, nur um eines Tages in neuem Glanz zu erstrahlen..."

Taehyun glaubte, nicht richtig zu hören.

"Ach ja?", knurrte er und schlug Soobins Hand weg, ohne wirklich zu wissen, was er tat.

"Sagt rein zufällig die Person, für die wir uns das ganze letzte Jahr und die letzten Monate fast tot gesucht haben, nur weil - weil du zu verzogen bist, um mit Normalbürgern wie uns zu verkehren..." 

Soobin runzelte die Stirn:

"Normalbürger? Was redest du da, ihr seid doch meine Freunde, Taehyun - "

"Tolle Freunde sind wir!", schnitt der Blonde ihm das Wort ab, drehte sich zur Wand hinter ihm.

"Vier stinknormale Menschen mit keinerlei besonderen Fähigkeiten und ein übermächtiger Hexenprinz, der zufällig der Meistgesuchte in seiner eigenen Dimension ist - das nennst du Freunde, Binnie?"

Der Blauhaarige errötete vor Scham und ließ die Schultern hängen, seufzend entgegnete er:

"Ich habe mir das Leben als Prinz nicht ausgesucht, okay? Genauso wenig habe ich mir gewünscht, wegen meiner Blutlinie von allen gejagt zu werden - ihr vier seid die Einzigen, denen ich wirklich vertrauen kann. Das habe ich schon immer getan!"

Taehyun hob eine Braue.

"Und wie willst du darauf vertrauen, dass sich einer von uns nicht ebenfalls als böse entpuppt und dich ans Messer liefern will?", fragte er unbeeindruckt, Soobin lächelte:

"Ich weiß es einfach!"

Der Blonde reagierte nicht, Soobin ließ sich jedoch nicht abbringen.

"Komm schon, egal ob Prinz oder nicht...wir sind die Dream Chapter - Gang und wir halten zusammen. Ich bin immer noch euer bester Freund und das wird sich niemals ändern. Wenn Kai, Beomgyu und Yeonjun Zeit zum Nachdenken brauchen, möchte ich dich ebenfalls nicht davon abhalten - nur eins sollst du wissen: Egal was kommt, ich bin immer für euch da...großes Ehrenwort!"

Er hielt ihm den Zeigefinger zum Schwur hin, abermals schossen Funken aus der Kuppe.

Taehyun betrachtete Soobins Magie einen Moment lang und grinste:

"Hey, stimmt es, dass du deine Kraft aus dem Mondlicht ziehst? Tschuldige, der ganze Legendenkram über dich macht mich echt neugierig..."

"Schon gut!", lachte Soobin und fuhr sich über die Haare, bewegte alle Finger seiner gerade ausgestreckten Hand.

Die Funken wurden stärker und waberten um sein ganzes Handgelenk, dann um seinen Arm herum.

Taehyun kriegte sich kaum mehr ein vor Staunen.

"Das mit dem Mondlicht stimmt!", meinte der Blauhaarige und schmunzelte, wies auf den hell leuchtenden, kugelrunden Himmelskörper vor dem Fenster.

"Je voller der Mond, desto stärker wird meine Magie. Nimmt er jedoch ab, wird meine Kraft schwächer und ich muss oft Medikamente zu mir nehmen, um sie zu stabilisieren. In meiner Kindheit war ich deshalb immer sehr müde und hatte hohes Fieber, ohne das Mondlicht fühle ich mich wie ausgelaugt!"

Taehyun überlegte und erwiderte:

"Dann bist du wohl so was wie ein Werwolf!"

Soobin grinste.

"Wahrscheinlich bin ich das, ja. Die gibt es übrigens auch in der Zwischendimension, zeigen sich aber sehr selten, wenn du verstehst - als Ansporn für unser nächstes Abenteuer oder so!"

Der Blonde nickte:

"Das klingt spaßig, bin dabei. Ich bring schon mal genug Silber mit, nur für alle Fälle..."

Er prustete los, Soobin stimmte ein und die beiden lachten sich förmlich die Seele aus dem Leib.

Die eben noch angespannten Wogen, die zwischen ihnen entstanden waren, waren offiziell wieder geglättet.

Jetzt mussten sie nur noch ihre drei Freunde zur Vernunft bewegen.

"Wie rührend!", säuselte eine Stimme hinter den beiden, gerade als sich Soobin und Taehyun auf ihre Besen schwingen wollten.

Lio - Chen trat mit einem mitfühlenden, falschen Grinsen auf sie zu und murmelte:

"Wollt ihr nicht einer alten Bekannten Hallo sagen?"










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