Als Jimin in der Orakelgrotte eintraf, sah er sich unzähligen weiteren jungen Hexen gegenüber, die allesamt ihre Fähigkeiten darbieten und Aufschluss über ihre Zukunft erhalten wollten.
Jimin stellte Kiku am Eingang ab und sprach einen Antiklauzauber, sollte jemand unerlaubt Hand an den Besen seiner Mutter legen.
Anderen ihre Besen zu stehlen war in der Hexenwelt so etwas wie ein Wettbewerb, bei dem schon viele, besonders zwielichtige Manyeos mitgemacht und ihre Fundstücke sogar auf dem Schwarzmarkt angeboten hatten - zu einem überirdisch hohen Preis.
Einmal war der Besen seines Vaters, Lomu, von einem ihm äußerst übel gesonnenen Troll gestohlen worden, den er jedoch sogleich wieder zurück gebracht hatte, da das törichte Ding ihn ja kaum tragen konnte.
Jimin und seine Mutter hatten sich an dem Abend prächtig amüsiert, worüber Soo - Jun nur wenig schmunzeln konnte.
Nicht, dass der sehr abenteuerlustige und risikofreudige Hexenmeister sich gerne in Raufereien verwickelte.
Es war lediglich ein harmloser Pokerabend mit den nicht gerade freundlichen Gesellen und wenige Schlucke Feuermet gewesen, die zu diesem Dilemma geführt hatten.
Wie es der Troll am Ende fertig gebracht hatte, sich Lomu unter den Nagel zu reißen, darauf wusste niemand so richtig eine Antwort.
"Hey, Zwerg!", rief plötzlich eine ihm vertraute, gehässige Stimme und Jimin fuhr alarmiert herum.
Es war niemand geringeres als Joon - Shoo, der erhobenen Hauptes und mit einem ziemlich teuer aussehenden Besen über der Schulter auf die junge Hexe zu kam.
"So sehen wir uns also wieder. Wie klein die Welt doch ist, findest du nicht?"
Seine Worte trieften nur so vor Hass, doch Jimin ignorierte es und musterte den jungen Schwarzmagier von Kopf bis Fuß.
Seit die beiden sich damals im Kindergarten über den Weg gelaufen waren - bis auf Taehyung besaß Jimin keine schöne Erinnerung an den Tag - hatte Joon - Shoo sich merklich verändert.
Die sternförmige Narbe in seinem Gesicht war geblieben und seine nun etwas längeren Haare fielen in zierlichen Wellen über seine Schultern.
Er war großgewachsen und trug einen dunklen Umhang, den eine weiße Schärpe mit dem seit unzähligen Jahren gefürchteten Zeichen des Sha - Clans zierte:
Ein blutroter, fünfzackiger Stern, aus dessen dunkler Mitte meterhohe, grellorange Flammen schlugen und die finstere Kreatur verbargen, die sich gerade einen Weg aus ihrer Verdammnis bahnte.
Joon - Shoo hatte Jimins Blick bemerkt und lächelte fiebrig:
"Ich weiß, im Mittelpunkt zu stehen, ist anstrengend. Aber auch sehr verlockend, wenn du mich fragst..."
Er trat näher an die junge Hexe heran und stach Jimin, zur Verstärkung seiner nächsten Worte, unsanft in die Brust.
"An deiner Stelle würde ich schon mal deine Sachen packen, denn wie so oft werde ich dir natürlich haushoch überlegen sein, Park Jimin - ich hoffe doch sehr, dass du meine Worte von damals nicht vergessen hast!"
Die junge Hexe konnte nur hastig nicken, sann jedoch insgeheim tief in seinem Inneren darauf, seinem Widersacher endlich, nach all den Jahren voller Schikane im Hexenkindergarten, das Handwerk zu legen.
Er wollte sich von Joon - Shoo nicht mehr unterkriegen lassen, wollte ihm zeigen, dass er mehr konnte als einen läppischen Stapel Bausteine zum Schweben zu bringen.
Obwohl diese Kraft schließlich nicht jeder so gut beherrschte wie Jimin selbst...
Dennoch war er auf Rache aus, es dürstete ihn förmlich danach und nahm seinen ganzen Kopf ein, vernebelte seine Gedanken.
Ein Gefühl, was er noch nie zuvor verspürt hatte und sich trotzdem vertraut anfühlte.
Park Jimin würde Joon - Shoo schon noch zeigen, aus welchem Holz er wirklich geschnitzt war.
"Wie süß!", zischte der Schwarzmagier, betrachtete den reglosen Kiku, der an der feuchten Höhlenwand lehnte und sich seine wohlverdiente Ruhe gönnte.
"Ist das etwa der Besen deiner Mutter? Wie armselig, da hat dich der große Hexengott offenbar ausgelassen, was deinen Gefährten betrifft - "
Joon - Shoo lachte schallend, Jimin wurde zornesrot im Gesicht und seine Finger kribbelten unaufhaltsam.
Am liebsten wollte er diesen Fiesling in eine stinkende Kröte verwandeln, ertappte sich sogar dabei, wie er seine Arme hob.
Im selben Moment verflog sein Zorn abrupt, als sein Konkurrent plötzlich leichenblass wurde und lautstark verkündete:
"Was will der Mischling denn hier?"
Jimin wusste sofort, um wen es sich handeln musste, und fiel seinem besten Freund überschwänglich um den Hals, der etwa nicht auf einem Besen, sondern auf einem klapprigen Fahrrad eingetrudelt war.
All die Jahre, die Kim Taehyung mit dem Baukasten herum experimentiert hatte, hatten sich wirklich ausgezahlt.
Er trug immer noch den purpurfarbenen Kimono, in den er nun merklich hinein gewachsen und der mit unzähligen Spritzern verschiedener Flüssigkeiten befleckt war.
Seine dunklen Haare waren kunstvoll zu einem Dutt hoch gesteckt und mit Stäbchen fixiert worden und er grinste von einem Ohr zum anderen.
"Ich bin über alle Maßen erfreut, dich wieder zu sehen, Hyung!", rief Taehyung feierlich und warf sich in Pose.
"Sehe und staune, Park Jimin, denn vor dir steht der bekannteste und gefragteste Alchemist seit Nicholas Flamel!"
Überrascht riss Jimin die Augen auf, entgegnete theatralisch:
"Hyung, bist du es wirklich? Denn sonst muss ich dich leider in Stein verwandeln, um sicher zu gehen, dass du mich nicht entführst - bei Merlins Grab, ich habe dich ewig nicht gesehen..."
Die beiden verbogen sich vor Lachen, so schön war es, den anderen zu sehen und was aus ihm geworden war.
Nach einer ganzen Weile wisperte Jimin:
"Stell dir vor, ich habe heute meinen Gefährten bekommen. Er heißt Mochi und ist schon ziemlich zutraulich, trotzdem muss ich ihn später noch zähmen...na ja, es wird schon klappen. Aber sag mal, bist du wirklich so begehrt?"
"Wenn du nur wüsstest, Hyung...", murmelte Taehyung und blickte verträumt gen Höhlendecke, wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger.
"Nach meiner steinigen Zeit im Hexenkindergarten, die ohne dich nicht schöner gewesen wäre, bin ich für ein paar Monate ziellos umher gewandert. Ich wollte so gerne Alchemie erlernen, habe jedoch niemanden gefunden, der es mir hätte beibringen können - zumal nicht allzu viele Leute Mischlinge in ihr Geschäft aufnehmen."
"Schließlich stieß ich jedoch irgendwann auf einen grummeligen, jedoch äußerst faszinierenden jungen Mann mit Namen Chengdu, der selbst ein Mischling war und sich sehr gut auf seinem Fachgebiet auskannte. Er brachte mir alles Nötige bei und ehe ich mich versah, stehe ich nun hier. Vor dem Großen Orakel, das mir hoffentlich eine ruhmreiche Zukunft als Zaubertrankmeister voraussagen wird - wenn ich erst einmal an die Manyeo Academy komme, werde ich mein eigenes Geschäft aufmachen. Na, was sagst du dazu?"
Jimin legte die Stirn in Falten, wusste nicht recht, was er antworten sollte.
Bevor er jedoch den Mund aufmachen konnte, schallte ein lauter Gong durch die Grotte und die von wirklich allen hier, seit unergründlichen Jahren herbei gesehnte Übergangszeremonie, begann.
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Witch Hunt - Die Suche ✔
FanficFortsetzung zu "Witch Hunt" _________ Nachdem Min Yoongi die junge Hexe Park Jimin aus den Fängen eines zwielichtigen Jägers befreit hat, hat sich sein bisher eher unspektakuläres Leben drastisch verändert. Nun soll der gerade mal 15 - jährige Teen...