Witch Hunt - Die Suche ✔

23: Zorn der Götter

Sugas Füße berührten weichen, mit dichtem Moos bewachsenen Boden und eine steife, dennoch warme Brise wehte um seine Ohren.

In der Ferne plätscherte ein Bach seelenruhig vor sich hin und das aufgeregte Zwitschern einiger Vögel drang aus den umstehenden Bäumen zu ihnen herunter.

Helles Mondlicht ergoss sich über die Drei, die dort standen und darauf warteten, was wohl als nächstes passieren würde.

"Wo sind wir?", fragte Hoseok, der die ganze Szenerie mit einer kindlichen Neugier in sich aufsog, wie er sie noch nie an den Tag gelegt hatte.

Suga zuckte die Achseln und nahm einen kräftigen Atemzug von der andersartigen, frischen Luft in seine Lungen auf.

Es duftete irgendwie nach Zitronengras und Minze, mit einem leichten Hauch von Ruß.

Jemand musste ganz in der Nähe ein Lagerfeuer entzündet haben.

Suchend drehte der Teenager sich zu Jimin um, der sich zufrieden ins Gras gelegt hatte und verträumt ein paar Glühwürmchen hinterher starrte, die ihre leuchtenden Körper aus dem Moos gestreckt hatten und nun im Zickzack umher sausten.

Die junge Hexe lachte und versuchte, nach den kleinen Käferchen zu schnappen, die jedoch sofort unter seiner bloßen Berührung ängstlich weg flogen und sich im dichten Gras verkrochen.

"Bleibt hier, ich will euch doch nichts tun...", lallte er und gluckste, schwache neongrüne Funken sprühten von seinen Fingerspitzen.

"Gleich hab ich dich - hey, nicht so schnell..."

Suga gefiel das überhaupt nicht, wie sich Jimin auf einmal verhielt und kniete besorgt vor ihm nieder:

"Jimin? Alles klar bei dir, du wirkst so - na ja - anders..."

Jimin legte den Kopf schief, ließ sich dann zurück ins Gras plumpsen und ruderte wild mit den Armen.

"Was soll sein, Sugamaus?", hickste er und lachte schallend, als hätte er zu viel Alkohol getrunken.

"Sugamaus - da fällt mir ein Spruch ein..."

Die junge Hexe hob die Arme, doch Suga hielt ihn auf, bevor Jimin auch nur irgendetwas zaubern konnte.

"Du hast gehört, was Wu - Chong gesagt hat, Jimin!", meinte Suga und blickte ihm mahnend in die dunklen Augen.

"Du darfst hier nicht hexen, sonst bringt das die Zeitlinie komplett durcheinander - was auch immer das für eine Zeit sein soll, jedenfalls sieht es nach der Vergangenheit aus..."

Jimin schüttelte den Kopf, zog einen Schmollmund:

"Aber - Aber ich muss doch hexen...sonst bin ich keine richtige Hexe..."

"Lass es einfach, okay?", zischte Suga und griff nach seiner Hand, zog ihn auf die Beine.

"Bis wir wieder zurück in der Gegenwart sind, müssen wir uns unauffällig verhalten. Unter das Volk mischen und einfach die Zeit ihren Weg gehen lassen. Nur so kann das Gefüge zusammen halten und wir kommen  unversehrt davon. Also, reiß dich gefälligst zusammen, Park Jimin!"

Überrascht über diesen ungewohnten Tonfall zuckten Jimins Augenbrauen hoch, kurz darauf murmelte er:

"Wenn du es sagst..."

Gelangweilt scharrte er mit den Füßen im Gras herum, Hoseok runzelte die Stirn:

"Etwas ist seltsam. Findet ihr nicht auch, dass es hier verdammt friedlich ist? So, als ob jeden Moment etwas passiert, worauf wir nicht vorbereitet sind - "

Wie zur Bestätigung seiner Worte knackte es plötzlich im Unterholz und die Drei fuhren alarmiert herum.

Doch es war nur ein Eichhörnchen, das flink den nächsten Baum erklomm und kurz darauf außer Sichtweite war.

Suga und Hoseok atmeten erleichtert auf, während Jimin das kleine Tier mit weiteren, diesmal bläulichen Funken aus seinen Fingern attackierte und belustigt gackerte.

"Na warte, du Vieh!", rief die junge Hexe, scherte sich nicht um Sugas fassungslose Miene.

"Aus dir mach ich einen schönen, saftigen Braten für mein Abendessen..."

Der Teenager packte Jimin grob an den Schultern, schüttelte ihn hin und her, als ob das was bringen würde.

"Das reicht jetzt, Jimin!", knurrte Suga und klang im selben Moment schon wie Jin.

"Was zur Hölle ist bloß los mit dir, bekommt dir das Zeitreisen etwa nicht? Hoseok, weißt du, ob Wu - Chong etwas von Nebenwirkungen erwähnt hat? Vielleicht...unkontrollierte Hexerei?"

Hoseok verneinte:

"Davon weiß ich nichts. Mein Gedächtnis ist irgendwie ganz schwammig, jetzt wäre eine Sprite zur Abkühlung echt mega - "

"VERGISS DAS MIT DER SPRITE!", brüllte Suga, blickte abwechselnd zwischen Jimin und seinem Bruder hin und her.

"Wenn JK jetzt hier wäre, er würde vor Aufregung explodieren. Ich bin mir absolut sicher, gleich geschieht etwas und ihr benehmt euch wie - "

Doch Suga blieben die Worte glatt im Hals stecken, als ein lauter Knall die eben noch friedliche Umgebung erzittern ließ und sich die Zeit mit einem ohrenbetäubenden Donnerschlag in Gang setzte wie ein gut geöltes Uhrwerk.

Hastige Schritte näherten sich, brachen durch das Dickicht und hielten genau auf die Stelle zu, wo Suga, Jimin und Hoseok nun wie angewurzelt standen.

In letzter Sekunde konnten die Drei hinter einem Gebüsch in Deckung gehen, von wo sie die nun folgende Szene genau beobachten konnten:

Ein junger Mann, spärlich mit einem Leinentuch und einer Maske über dem Gesicht bekleidet, flüchtete vor einer ganzen Schar von vermummten Reitern auf Geisterpferden, die sich ihren Weg zu ihm bahnten.

"Alarm, er hat den heiligen Tempel entweiht und den unermesslichen Zorn der Götter von Koja auf sich gezogen!", rief der Anführer der Truppe und schickte einen gewaltigen Flammenstrahl in die Richtung des Flüchtenden.

"Möge seine Seele in den Tiefen der Hölle verrotten und nie mehr Frieden finden..."

Der sah sich jedoch nicht um und rannte weiter, achtete nicht auf die Schergen, die hinter ihm her waren.

In seiner behandschuhten Hand hielt er eine kostbar aussehende Sanduhr, die im grellen Mondlicht sonderbar schimmerte und die er unbedingt in Sicherheit bringen musste.

Er tat das schließlich alles nur für sie, um keinen Preis durfte er nun scheitern...

Im selben Moment blendete ihn das vom Himmel herab fallende Licht so sehr, dass er prompt über eine Baumwurzel stolperte und ihm die Maske vom Gesicht rutschte.

Suga sog hörbar die Luft ein, als er sah, wen er da vor sich hatte und auch Hoseok wurde bleich wie eine Wand.

Kim Seokjin war wohl doch nicht so unschuldig wie sie immer geglaubt hatten...