41: Nichts als die Wahrheit

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Suga fuhr schreiend aus dem Schlaf hoch, versuchte, die verstörenden Bilder aus seinem Gedächtnis zu vertreiben.

Zitternd umklammerte er die Bettdecke, sein mit den vielen Häschen bedruckter Pyjama war schweißnass und auch seine Stirn glänzte.

Alles ist gut, redete der Teenager sich gut zu, blickte sich im Raum um, dessen Wände plötzlich immer näher zu rücken schienen.

Es ist nur ein Traum gewesen, das ist alles nicht real, was du gesehen hast...

Soobin ist am leben, muss er einfach...

Jungkook würde am Boden zerstört sein, wenn er wüsste, dass -

Nein.

Nein. Nein. NEIN.

Nun schälten sich undurchdringliche Schatten aus der gähnenden Finsternis unter seinem Bett, krochen gierig auf Suga zu.

Verfestigten sich zu einer dunklen Gestalt, die ihre langen, krallenartigen Finger nach ihm ausstreckte und -

"Suga, wach auf!", rief eine vertraute Stimme direkt neben seinem Ohr und der Teenager blinzelte, entdeckte das besorgte Gesicht seines Vaters über ihm.

Kim Seokjin hielt eine dampfende Tasse Tee in der Hand, die er seinem Sohn lächelnd reichte.

"Trink das. Hilft gegen Alpträume!"

Suga nahm das Gebräu wortlos entgegen und trank ein paar Schlucke, sogleich erfüllte sich sein Körper mit wohliger Wärme und die verstörenden Gedanken verpufften zu Staub, als wären sie nie da gewesen.

Jin zwinkerte:

"Shin - La hat mir das Rezept damals gegeben, sie war nebenbei eine sehr gute Alchemistin und kannte sich gut mit Wehwehchen aus. Konnte ihrem Sohn beinahe von den Lippen lesen, wenn er gerade zahnte oder Bauchweh hatte..."

Er wartete, bis Suga den Tee vollständig ausgetrunken hatte, dann trat ein ernster Ausdruck auf sein Gesicht.

"Also, was ist passiert? Wu - Chong war völlig außer sich, irgendetwas von Hexfieber und Geisterreitern...und Namjoon ist auch da gewesen. Seiner Meinung nach habt ihr alles missachtet, was es je zum Thema Zeitreisen zu missachten gab - ihr solltet euch wirklich schämen!"

Der Teenager senkte den Kopf, atmete tief durch und zog die Sanduhr aus der Tasche seines Hoodies, den er beim Schlafen wohl die ganze Zeit über an gelassen hatte.

Jin riss ungläubig die Augen auf und stotterte:

"Was zum - wo hast du das denn her? Diese Sanduhr sollte doch eigentlich im Grab der Königin liegen, zusammen mit den anderen..."

Suga seufzte und berichtete seinem Dad die ganze Geschichte, wie die Drei auf sein vergangenes Ich gestoßen waren und er ihnen die Legende der Artefakte erzählt hatte.

Wie der vergangene Jin die Sanduhr aus dem Tempel gestohlen hatte, um seine große Liebe zurück zu bringen und sie am Ende Suga überreicht hatte.

Wie er ihm fest versprochen hatte, die restlichen drei Artefakte zu finden und die beiden Welten zu vereinen.

Wie sie schlussendlich noch der Hexenverfolgung entronnen waren und Jimin das Hexfieber überwunden hatte.

Mit jedem Wort vergrößerten sich Jins Augen mehr und mehr, er konnte es beinahe nicht glauben.

Schließlich gab er sich einen Ruck und murmelte kleinlaut:

"Ich...ich habe euch angelogen. Ich war nicht in Busan, sondern in der Zwischendimension. Ich habe die Sanduhr dort seit Monaten vergeblich gesucht, habe sehnsüchtig gehofft, dass ich sie eines Tages finden werde...ich habe mich geirrt. Und nun befindet sich diese Sanduhr hier, direkt vor meinen Augen. In den Händen meines Sohnes."

Vorsichtig nahm Jin ihm die Sanduhr aus der Hand und strich behutsam über das gläserne Gehäuse, wog sie hin und her.

"Nach all den Jahren...endlich kann ich Shin - La zu neuem Leben erwecken. Etwas, was ich schon seit langem tun wollte, Suga. Ich bin euch nicht mehr böse, allein diese Sanduhr vertreibt meinen Zorn wie im Flug und macht mich zum glücklichsten Menschen der ganzen Welt. Ich bin euch außerordentlich dankbar, dass ihr das für mich getan habt. Und das ist nichts als die Wahrheit, mein Sohn."

Er zog Suga in eine feste Umarmung, sodass ihm beinahe die Luft weg blieb, doch der Teenager versuchte, es zu ignorieren.

Nachdem die beiden sich voneinander gelöst hatten, fragte Suga neugierig:

"Und was ist nun mit Jimin? Bist du ihm noch böse? Wann werde ich überhaupt an die Akademie wechseln, ist es noch lange bis dahin? Gibt es so dort auch so etwas wie eine Aufnahmeprüfung? Was, wenn ich diese nicht bestehe und doch kein Auserwählter bin - "

Jin lächelte und griff nach Sugas Hand, beruhigte seinen unkontrollierten Redefluss.

"Glaube mir, Suga. Die Prophezeiung hat sich noch nie geirrt, egal was bereits geschehen ist.", entgegnete er.

"In drei Tagen wirst du mit der schuleigenen Kutsche abgeholt und in die Hexenwelt gebracht, dort wird Madam Sakura dich zu einem kleinen Gespräch in ihr Büro bitten. Nichts Wildes, sie möchte dich nur kennenlernen und sicher gehen, dass du dich wohl fühlst. Den Rest wirst du dann von deiner Wächterelfe erfahren, Shiko. Ihr habt euch bestimmt schon getroffen, nicht wahr? Sie wird dir dein Zimmer zeigen und die Unterrichtsräume der Akademie...aber ich will nicht zu viel verraten."

"Oh und was Jimin betrifft - ich will mal nicht so sein. Er ist merklich quirliger und lebensfroher als die meisten anderen Manyeos und das macht ihn einzigartig. Wenn du ihm über den Weg laufen solltest, was du so oder so wirst, richte ihm bitte aus, dass er hier jederzeit Willkommen ist. Eine Hexerei mehr oder weniger schadet ja niemandem!"

Ein breites Grinsen trat auf Sugas Gesichtszüge.

"Danke, Dad!", rief er und fiel Kim Seokjin um den Hals.

"Du bist wirklich der Allerbeste - ja und meinetwegen auch der Worldwide Handsome!"

Jin nickte:

"Das wollte ich hören. So und jetzt ab ins Bett, schließlich musst du noch packen!"

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