Ganz vorsichtig fing ich an die Leber eines Patienten zu vernähen, welche ich gerade transplantiere. In letzter Sekunde bekamen wir einen Anruf, dass wir eine Spenderleber bekommen hatten. Die Leber des Patienten war nicht mehr zu gebrauchen und dieser hatte nun so lange schon auf eine neue Leber gewartet.
Während ich die Ruhe in Person war und die alte Leber mit einer neuen austauschte, klingelte es auf einmal in meinem OP. Ein fast schon ein lautes Läuten hallte durch den OP Saal.Dies ließ mich jedoch nicht auf meinem Tun rausbringen. Ich hob nur kurz meinen Blick an. "Welches Telefon ist nicht ausgeschaltet?". Meine Stimme klang vorwurfsvoll, denn es könnte bei diesem plötzlichen Lärm etwas schief gehen, bei jedem. Auch wenn ich eine gute Chirurgin bin, mir hätte auch das Skalpell in diesem Augenblick aus der Hand rutschen können oder ich hätte eine Arterie erwischt. Eine OP-Assistentin ging zu dem Metalltablett und sah sich dort die Pager und einige Telefone an. Ich operierte weiter, denn ich wollte mich aus diesem Tun jetzt nicht rausbringen lassen und dieser Patient sollte deswegen auch nicht länger unter Narkose sein. Ich musste schließlich meine Arbeit vollbringen. Ich erinnerte mich noch genau daran als ich das aller erste Mal einen Blinddarm entfernen durfte. Ich hatte mir vor Aufregung schon fast in die Hose gemacht. Diese Verantwortung, die ein Chirurg hatte war überraschend schockierend. Wenn man es sich vor Augen legt, dass der Chirurg mit nur einem kleinen Patzer oder Fehler die Lebensqualität eines Menschen stark beeinträchtigen kann. Überwältigend. Deswegen hatte ich und habe immer noch Respekt vor dieser Arbeit und diesem Beruf. Jedoch war jede OP wie ein Adrenalinschub, und danach fühlt man sich wie der Größte. Es ist unglaublich.
"Doktor-" fing sie an zu reden, doch ich unterbrach sie sofort. "Welches Handy ist es? Wer stört uns heute?" fragte ich und sah sie kurz an bevor ich mich wieder der Leber zuwendete. "Es ist Ihr Handy" ertönte ihre Stimme. Sofort stoppte ich in meiner Bewegung und sah sie an. Mein Handy? "Wer ist es?" verdutzt sah ich sie an. Doch ich senkte wieder meinen Blick und vernähte die Naht weiter. "Es ist die Schule ihrer Tochter" sagte sie und drehte mein Handy mir zu. Wieder stoppte ich und hielt inne. Anastasia's Schule? Erneut hob ich meinen Blick und sah auf den Bildschirm meines Telefons. Es klingelte immer noch und ich sah tatsächliche die Nummer und den Namen des Kontaktes als ich ihn damals eingespeichert hatte. "Nehmen Sie ab und reichen Sie es mir ans Ohr" sagte ich und sofort tat die Assistentin was ich sagte. Ein wenig nervös wurde ich tatsächlich, mich hatte noch nie Anastasia's Schule angerufen. War etwas Schlimmes passiert? "Hallo?" sagte ich. "Guten Tag, ist dort die Mutter von Anastasia?" ich hörte eine Frau am Ende des Hörers. "Ja?" sagte ich nun ein wenig harscher. Ich wollte sie nicht anfahren, doch ich wollte wissen was nun los war. Ich malte mir all die schlimmsten Szenarien aus während sie kurz einatmete und mir anschließend erzählte was los war und dies schockierte mich ziemlichst. "Können Sie vorbei kommen?" sagte sie dann nur noch. Somit riss sie mich wieder in die Realität zurück. "Ich stehe gerade im OP und operiere" sagte ich und sah auf die große Uhr, welche an der Wand hing. Sie zeigte 10:21 Uhr in dicken roten Zahlen an. Ich dachte kurz nach wie lange ich noch brauchen würde. "Na gut, dann wäre es-" fing die Frau am Telefon wieder an zu reden, doch ich unterbrach sie. "Ich komme in einer halben Stunde" sagte ich schließlich. "Okay, das ist wunderbar. Bis nachher dann". "Okay, legen Sie bitte auf" sagte ich nun diesmal zu der OP-Assistentin. Sie legte auf und legte mein Handy wieder aufs Metalltablett. Kurz hielte ich noch inne und dachte geschwind nach. Dann atmete ich einmal tief ein und wieder aus und fuhr mit der OP fort.
Das ist wohl ein schlechter Scherz.Als ich die OP beendet und mich umgezogen hatte, fuhr ich sofort zu Ana's Schule. Nachdem ich ausstieg bemerkte ich erst was dieser Ort in mir hervorruft. Kleine Szenensequente spielten sich vor meinem inneren Auge ab was auf dem Pausenhof zum Beispiel passiert war oder auf dem Lehrerparkplatz. Auf einmal erinnerte ich mich daran wie Olivia und Sandra mit mir aus der Schule lächelnd schlenderten als wir früher frei bekommen haben. Plötzlich vermisste ich die alten Zeiten wie auf einen Schlag. Was würde ich dafür geben nur noch einmal mit meinen besten Freunden zur Schule gehen zur können.
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Her pale fire | Band 3
RomanceNach all dem was passiert war, baute sich Emily ein komplett neues Leben auf. 16 Jahre waren nun vergangen und einiges hatte sich geändert. Sie hatte nun einen festen Job in einem Krankenhaus als Chirurgin nachdem sie ihr Abitur und ihr Studium erfo...