Noch am gleichen Tag beschloss ich nach Hause zu fahren und einfach abzuschalten, sofern das möglich war. Als ich die Treppe hinauf ging und ich an Ana's Zimmer vorbeilief blieb ich kurz stehen und seufzte auf.
Ich legte mich aufs Bett in Anastasia's Zimmer und nahm die Plüschgiraffe und drückte sie an mich. Während dem ganzen Stress habe ich vergessen sie zu vermissen und wenn ich jetzt so darüber nachdachte schmerzte es mich selber umso mehr. Aber was konnte ich schon tun?
Laut der Polizei hieß es, dass wir unsere Füße still halten sollen. Ich wurde sauer, dass sie immer noch nichts in Erfahrung bringen konnten.Ich würde Matt nachher fragen, ob er irgendetwas rausfinden konnte. Mehr Gedanken konnte ich mir kaum machen, da ich einfach vor Erschöpfung einschlief. Irgendwann abends wachte ich wieder auf und hatte komplett das Zeitgefühl verloren. Verwirrt und völlig verschlafen sah ich auf die Uhr und bemerkte, dass ich fast den kompletten Tag durchgeschlafen hatte. Es war schon abends und draußen schienen schon die Laternen. Erneut ließ ich meinen schweren Kopf ins Kissen fallen und dachte einfach an nichts. Ich sah einfach stumm die Wand an.
Nach einer Ewigkeit musste ich aufstehen. Ich konnte theoretisch den ganzen Tag so liegen bleiben, aber ich wollte nicht, denn sonst würde ich überhaupt nicht mehr aufstehen können. Deshalb stand ich auf und lief in die Küche.
Ich hörte das Schloss in der Tür und wie sie langsam auf ging. Matthew trat ein und sah verwundert aus. "Emily?" fragte er verwirrt und doch verzierte ein Lächeln sein Gesicht. Der Duft von frisch gekochtem Essen stieg ihm in die Nase. "Ich dachte ich überrasche dich einfach mal" drehte ich mich halb um, den Pfannenwender in der Hand. Ich grinste ihn breit an, da ich mich freute ihn wieder zu sehen. Matthew grinste über beide Wangen und kam zu mir nachdem er seinen Mantel und seine Schuhe ausgezogen hatte. "J-ja, das hast du geschafft". Er lehnte sich zu mir und küsste mich. Ich erwiderte sofort den Kuss und schaltete komplett ab. Dann löste er sich von mir nur um mir dann noch einmal einen Kuss zu geben. "Dass ich dich heute zu sehen bekommen hätte ich nicht gedacht". Seine Augen funkelten und ich spürte förmlich die Freude in ihm. Mein Lächeln wurde breiter. "Ich habe dich vermisst" gestand ich ihm ehrlich. Ich hatte ihn vermisst und zwar unheimlich sehr. Immer noch fassungslos setzte er sich auf einen Stuhl unserer Bar, welche gleich am Esstisch lag. "Wieso hast du nicht bescheid gegeben? Ich wäre sonst früher nach Hause gekommen". "Naja, eigentlich hatte ich auch nicht vorgehabt heim zu kommen, wenn ich wirklich ehrlich bin, wegen der vielen Arbeit und dem ganzen Stress..., aber ich habe es nicht mehr ausgehalten dort. Ich wollte wieder nach Hause zu dir kommen und einfach mal abschalten" gestand ich ihm. Erneut lächelte er breit und kam auf mich zu. Sofort hob er mich hoch und setzte mich auf die Küchentheke. "Ich liebe dich" hauchte er gegen meine Lippen. "Und ich liebe dich" lächelte ich ihm entgegen.
"Hast du eigentlich irgendwas von Ana herausbekommen?" fragte ich ihn. Seine Mundwinkel fielen langsam hinab während er den Kopf schüttelte. Auch ich ließ den Kopf hängen. "Wir werden sie schon finden" hauchte er mir zu und versuchte mich aufzumuntern.
Die Tage vergingen und wieder stand ich im Krankenhaus und füllte Anordnungen für die Patienten aus. Immer öfter stand ich langsam wieder im OP und leitete die Studenten an. Nachdem ich ein Kardex nach dem Anderen abarbeitete nahm ich vereinzelte Stimmen wahr.
"Emily!" rief jemand meinen Namen und ich sah auf. Auf dem Gang sah ich Joachim in bequemer Kleidung wie er mit der Physiotherapeutin auf und ab lief. Ein Lächeln bildete sich auf meinem Gesicht ab als ich sah, dass es mit ihm nun Bergauf ging. Er machte sich gut. Immer wieder und öfter wurde er mobilisiert und sein Kreislauf wieder in Schwung kam. "Sieh dir das an, ohne Hilfsmittel!" grinste Joachim übers ganze Gesicht. "Sehr gut" lächelte ich ihn an. "Nie hätte ich gedacht, dass ich mal stolz auf mich sein kann wieder zu laufen ohne gleich außer Puste zu kommen. Ich legte den Kardex-Stapel bei Seite und lehnte mich halb an der Pforte ab. "Du kannst stolz auf dich sein. Dein Körper ist normalerweise ja anderes gewohnt, wenn du immer noch so aktiv warst wie früher, deshalb muss du dich erst einmal wieder daran gewöhnen". Joachim grinste mich an. "Ja, das stimmt. Wenigstens muss ich nicht mehr mit diesem Ding da laufen, wie heißt das nochmal?" er sah zu der Physiotherapeutin fragend. "Gehwagen" lächelte sie. "Genau stimmt. Gott sah das gekloppt aus" sagte er kopfschüttelnd. "Aber er ist super bequem zum Laufen" lächelte ich ihn an. Joachim nickte. "Ja und wie" grinste er nun ebenso. "Überanstreng dich aber nicht, es reicht nun mit Reanimationen, verstanden?". Joachim lachte auf. "Ja, ich meine auch".
"Hast du ansonsten noch Schmerzen? Oder andere Beschwerden?" fragend sah ich ihn an. Er schüttelte jedoch den Kopf. "Nein, alles ist soweit in Ordnung. Ich will nur endlich wieder alleine auf die Beine kommen und mein altes Leben weiterleben können" er sah mich an. Ich nickte. "Das verstehe ich, aber du bist auf dem guten Weg" sagte ich und lächelte ihn erneut an. Einen kleinen Moment sahen wir uns einfach an und wir blendeten alle Menschen außerhalb aus bis sich die Physiotherapeutin wieder zu Wort meldete. "Wir sollten weitermachen" sagte sie und lächelte Joachim an. Er nickte und beiden liefen weiter.
Mit einem Lächeln auf den Lippen widmete ich mich wieder meiner Arbeit. Auf einmal stockte ich. Solch eine normale Konversation hatten er und ich schon sehr lange nicht mehr geführt. Ein Schauer durchfuhr mich als mir das klar wurde.
Mehr Zeit zum Nachdenken hatte ich nicht, da ich zu einem Notfall gerufen wurde. Schnell zog ich mich um und erschien im Waschraum. Neben mir stand eine Medizinstudentin und wartete schon auf mich. "Welchen Notfall haben wir?" fragte ich hektisch die Medizinstudentin während ich mich wusch. "Ein Mädchen, um die 20 rum. Hat eine Milzruptur und eine Verletzung des Bauchraumes" sagte sie mir. "Okay" gab ich von mir. Das Mädchen wurde gerade in den OP geschoben was ich vom Waschraum beobachtete. "Oh und noch etwas" sagte sie. "Sie wurde im Wald von der Polizei gefunden. Bedeutet sie hat mehrere Traumata erlebt, körperlich sowie wahrscheinlich psychisch" sagte das Mädchen mir. Sofort hielt ich inne während ich mir die Hände abtrocknete.
Alles in mir legte sich lahm.
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Her pale fire | Band 3
RomantikNach all dem was passiert war, baute sich Emily ein komplett neues Leben auf. 16 Jahre waren nun vergangen und einiges hatte sich geändert. Sie hatte nun einen festen Job in einem Krankenhaus als Chirurgin nachdem sie ihr Abitur und ihr Studium erfo...