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"Bist du dir wirklich sicher?" hakte Matt nochmal nach während er mich unsicher ansah. Ich lächelte ihn stattdessen an und nickte ihm zu. Langsam legte ich meine Hand auf seine Wange. "Du musst wegen mir nicht alles umkrempeln" hauchte ich ihm zu. Matthew's Firma hatte immer wieder Geschäftsreisen geplant, die einige Male im Jahr stattfinden würden und nun war eines der Reisen. Wegen seines schlechten Gewissens wollte er mich nicht alleine lassen, nicht in dieser Situation, doch ich versicherte ihm schon seit Tagen, dass es mir gut gehen würde. Ich wollte nicht, dass er wegen mir seine Arbeit umstrukturieren musste. Ich war es schon gewohnt, dass er wegen diesen Geschäftsreisen öfter nicht zu Hause war und es war für mich in Ordnung. Dies gehörte zu seinem Job sowie zu meinen mal die Nacht durchzumachen und Notalloperationen durchzuführen. "Ich habe aber immer noch kein gutes Gefühl, Schatz" gestand er mir seine Gefühle. Ich verstand ihn vollkommen, für mich war es immer noch schwierig nach Anastasia's Verschwinden, doch ich wünschte mir trotz dem sie verschwunden war ein wenig Normalität. Keine Frage, ich liebe meine Tochter, doch ich durfte nicht nur in der Negativität leben. "Mir geht es gut, mach dir keine Sorgen. Ich komme klar". Weiterhin sah mich mein Freund unsicher an, er war sich nach wie vor nicht sicher, ob er einfach so gehen konnte für einige Tage und mich für diese Zeit alleine lassen konnte.
Doch dann atmete er einmal tief aus bevor er mich wieder ansah. Matt nahm meine Hände in seine und sah mir tief in die Augen. "Versprich mir, dass du mich anrufst und mir bescheid gibst, wenn er dir nicht gut gehen sollte. Ich werde dann so schnell meine Sachen nehmen und sofort wie möglich zu dir kommen". Mein Gegenüber sah mich ernst an, was ich jedoch eine wenig belächelte, denn ich fand es süß wie er sich Sorgen um mich machte. Doch sein Griff um meine Hände wurde stärker. "Ich meine es ernst, Emily. Ruf mich dann bitte an" konzentriert sah er mich an. Mein Lächeln verschwand für eine Sekunde, doch dann erschien es erneut auf meinem Gesicht. "Das werde ich".

Matthew legte seine Hände auf meine Wangen. "Versprochen?". "Versprochen" sagte ich ohne den Blick von seinen wunderschönen Augen abzunehmen.
Bei diesem ernsten Blick von Matt dachte ich an einige Jahre zuvor. Es war mitten in der Nacht gewesen und wir waren wie andere Menschen am Schlafen. Alles war normal, so wie es immer war. Doch in dieser Nacht war etwas anders. Ich wusste nicht mehr genau was der Auslöser war, es war alles noch ein wenig verblasst, doch in dieser Nacht bekam ich eine Panikattacke aus dem Nichts. Ich erinnerte mich noch genau an das Gefühl, welches ich verspürt hatte. Diese Enge in meiner Brust, mein schneller Herzschlag, meine rasche Atmung.. All dies spürte ich noch. In dieser Nacht wachte Matt ebenso auf und bemerkte, dass irgendwas nicht stimmte. Wenn ich jetzt so zurück denke, hätte ich vielleicht die Warnzeichen nicht einfach so zur Seite schieben sollen. Denn einige Zeit zuvor als Anastasia noch klein war und ich Matt seit einigen Jahren kannte, war etwas vorgefallen was diese Panikattacke plötzlich unterbewusst in der Nacht ausgelöst hatte.

Matthew kam wie sonst auch jeden Tag von der Arbeit und begrüßte mich, an dem Tag war er jedoch ein wenig verwirrt. Er erzählte mir von einer neuen Assistentin, welche eingestellt wurde in dem Betrieb wo er arbeitete. Matt war ein IT-System-Kaufmann in einer großen Firma tätig und da der Betrieb immer weiter wuchs, wurden mehr Menschen eingestellt. An diesem Tag bekam er eine neue Assistentin zugewiesen, welche ihm unter die Arme greifen sollte. Dummerweise hatte sie sich in kurzer Zeit in Matt verliebt und dies fiel ihm zuerst überhaupt nicht auf. Doch als sich die Situation immer weiter zugespitzt hatte bemerkte Matt es. Was damals genau passiert war, wusste ich nicht mehr und das war auch gut so. Matt erzählte mir von der Situation und bei seinen Worten bekam ich schon schwitzige Hände. Es war nicht so als wäre Matt eine untreue Seele, nein. Der Grund wieso ich so innerlich reagierte war, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht komplett über meine inneren Kämpfe weg war. Die ganzen Zweifel und Unsicherheiten, welche Joachim bei mir hinterlassen hatte, versuchten zu verheilen. Und zu diesem Zeitpunkt bekam ich wieder diese Zweifel und Ängste Matt genauso zu verlieren wie einst meine große Liebe damals und das würde ich nicht ein zweites Mal stand halten können. Zu Beginn erzählte ich ihm nichts von meinen Gedanken, denn ich wollte ihn nicht kränken oder mich wie ein Psycho da stehen lassen. Doch im Nachhinein wäre es schlauer gewesen ihm gleich die Wahrheit zu sagen. Ich schluckte meine Gefühle und Ängste und all die Unsicherheiten hinunter, denn ich dachte, dass das schon wird, ich übertreibe einfach nur. Als ich jedoch in dieser einen Nacht plötzlich diese Panikattacke bekam und alles zu viel wurde, konnte ich ihm nichts mehr verheimlichen.
Ich erzählte ihm all meine Sorgen und er hörte aufmerksam zu, auch wenn es 03:00 Uhr morgens war. Er hörte sich jedes einzelne Detail an und versuchte mich zu verstehen. Nachdem Matt sich mich angehört hatte, sprach er. Matthew erzählte mir wie er die Assistentin wechseln wurde, damit es mir besser gehen würde und versicherte mir außerdem, dass nie etwas zwischen ihnen gelaufen war.
Ab diesem Zeitpunkt wurde es mir klar, dass ich unter Verlustängsten litt und ich hatte wahnsinnige Angst, dass er mich auch verlassen würde für jemanden anderen. Er wusste was damals alles passiert war und versuchte alles so zu machen wie ich mich wohlfühlen würde, wofür ich ihm bis heute dankbar bin.

Ich verlief einige Therapien in den letzten zehn Jahren und konnte nun guter Sinne sagen, dass ich gesund war. Deswegen war es Matt dementsprechend wichtig alles genau mit mir abzuklären, dass dies nie wieder passieren würde. Dieser Mann machte sehr vieles mit mir mit und stand mir immer bei, was nicht jeder Mann machen würde. Er war immer da und stärkte mir den Rücken, als ich am Boden lag, weinend im Bett oder nur stumm auf der Couch lag.
Er war immer da und fing mich auf.

"Ich rufe dich an, wenn ich angekommen bin" hauchte er mir zu. Erneut nickte ich und er schloss die Lücke zwischen unseren Lippen. Es war ein langer intensiver Kuss. Ich würde ihn wahnsinnig vermissen.
Leicht lächelnd sah ich ihn jedoch an, dann nickte ich ihm zu. "Pass auf dich auf" hauchte ich ihm entgegen. „Und du auf dich, verstanden?" lächelte nun er und küsste mich erneut.

Nachdem Matt das Haus mit seinem Koffer verlassen hatte, setzte ich mich erneut aufs Sofa. Einmal tief atmete ich durch, doch dann klingelte auch schon mein Handy. Ich öffnete meine Augen und nahm es in die Hand nur um zu sehen, dass es Joachim war der anrief. Ohne nachzudenken, völlig blank, nahm ich ab.

"Hey, Emily. Ich hoffe es geht dir gut. Ich wollte dich fragen, ob wir uns vielleicht treffen könnten.. Ich wollte dich etwas wegen Anastasia fragen" sprach mein Ex durch den Hörer.

Her pale fire | Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt