"Entschuldige Emily, kannst du dir den Patient aus 138 ansehen. Die VZK verschlechtern sich und langsam auch der AZ" eine Kollegin reichte mir das Kardex eines Patienten. Ich schlug es auf und sah mir alle Werte, sowie das Labor an. "Okay, das sieht echt nicht allzu rosig aus. Wo ist Dr. DelRey? Er ist doch der zuständige Arzt" ich gab ihr die Akte wieder und sah sie an. "Ja, das ist das Problem. Er ist nicht hier auf Station und da ich dich jetzt hier antreffe.." lächelte sie leicht mich an und ich verstehe worauf sie hinaus möchte. "Du weißt ich kann nicht über seine Patienten entscheiden, aber ruf ihn mal auf seinem Arbeitshandy an" ich reichte ihr das Stationstelefon während ich meine Akte wieder in die Hand nahm. Dankend nickte sie mir zu. Sie ist gerade neu hier her gewechselt und tat sich sichtlich schwer, aber wer musste nicht durch diese Zeit? Ich tat mir am Anfang unheimlich schwer und wusste nicht wie hier im Krankenhaus alles ablief als in meinem Ausbilder-Krankenhaus. Wie oft wollte ich Zurückwechseln, aber konnte das nicht. Nein, ich wollte nicht. Ich wollte endlich ein neues Kapitel öffnen. Während sie telefonierte bearbeitete ich die Akte meines Patienten und fügte weitere Laboranordnungen hinzu. Doch als eine Frau an der Pforte an mir vorbei lief und eilig versuchte herauszufinden wo sie hinmusste, erlangte sie meine Aufmerksamkeit. Ich stand da wie eine lange Säule die einfach und da stand und sich nicht bewegte, da war irgendetwas komisch an dieser Situation. Irgendwoher kam sie mir so bekannt vor, aber ich konnte sie einfach nicht zuordnen woher ich sie kannte. Ich sehe hier im Krankenhaus täglich auch neue Menschen woher auch? Mich verwirrte eher was sie da tat. Sie sah sich eine Zimmernummer nach der anderen an, welche vor den jeweiligen Zimmern hingen. "Was tut sie da?" flüsterte mir nun eine Krankenschwester entgegen, die gerade eine neue Akte anlegen wollte. Währenddessen suchte sie sich alle Materialien her. "Ich habe keine Ahnung" hauchte ich ihr langsam zu ohne allzu viel Bewegung zu erzeugen.
"Entschuldigung! Könnten Sie von den Zimmern weggehen und mal hier her kommen?" rief sie der Frau zu. Nun bemerkte sie uns und kam an die Pforte. Ich streckte sofort meinen Kopf ins Kardex und tat so als würde ich etwas aufschreiben. Wieso ich das tat? Keine Ahnung.
"Sie können hier nicht einfach vor den Zimmern der Patienten rumlungern" sagte meine Kollegin zu meiner Rechten. "Oh ja, es tut mir leid. Ich suche nur jemanden und unten hat man mir gesagt ich solle hier auf die Station kommen" antwortete sie hastig. Was ist mit ihr los? Mir kam das alles so komisch vor. "Okay, erst einmal wer sind Sie und wen suchen Sie?". Wie auf Knopfdruck öffneten sich unsere Glastüre des Eingangs und ein Zugang wurde von einer Frau hereingeschoben. Dies war wohl der Zugang welche Akte meine Kollegin anlegen wollte. "In welches Zimmer kommt die Patientin?" wendete sich die Frau plötzlich an mich. Ich gab ihr zu verstehen, dass ich das nicht zu entscheiden habe und sie die Pflege fragen müsste. Sofort sah sie in das Stationszimmer, welches gleich neben der Pforte lag und dort die anderen Ärzte und Pflegekräfte sich aufhielten. Durch diese Konversation mit dem Transport bekam ich natürlich überhaupt nicht mit was mit der Frau war, welche durcheinander vor der Pforte stand. Plötzlich verliess sie die Pforte auch wieder und lief den Gang entlang bis sie vor Joachim's Zimmer stehen blieb und anschließend hinein ging. Meine Nackenhaare stellten sich sofort auf. "Wer war das?" fragte ich sofort meine Kollegin. "Eine Angehörige, Freundin oder so etwas" sagte sie nebenbei während sie im Computer die Akte für den Neuzugang rausließ. "Und wieso war sie so hibbelig?" bohrte ich weiter. "Was?" verwirrt sah sie mich für einen Augenblick an bis ihr einfiel was gerade passiert war. "Keine Ahnung, sie hat irgendwie jetzt vom Patienten in 121 erfahren und kam deswegen" sagte sie und verschwand dann zum Neuzugang und schob ihn schließlich den Gang nach hinten ins Zimmer.
Ich musste einen kurzen Moment inne halten, um zu verarbeiten was gerade passiert war. Ich war sauer auf die Frau vom Transport, welche mich vom Geschehen unterbrochen hatte zu lauschen. Ich wollte natürlich jedes Wort wissen was gesprochen wurde innerhalb den drei Minuten. War das wirklich Joachim's Freundin? Bestimmt, deswegen kam sie mir so bekannt vor. Natürlich hatte ich damals nicht meine ganze Aufmerksamkeit auf sie gelegt als ich zu ihm nach Hause gefahren war. Jetzt ärgere ich mich selbst über mich selber. So oft verfluchte ich meine Neugierde, da es mich einfach nichts anging.
Wie fixiert sah ich auf die Stelle wo sie stand bevor sie ins Zimmer hereinging. Für einen kleinen Augenblick, ein sehr kleinen, dachte ich darüber nach ihr zu folgen und im Zimmer zu erscheinen. Ich war ja schließlich Ärztin, zwar war er nicht mein Patient, aber ich hatte einen weißen Kittel an. Das Nächte was dann aufkam wäre, wer ich genau war und wieso ich nicht jedes Detail von der OP beschreiben konnte, noch wie es nun weiterging. Meine Ausbildungszeit in der Kardio war schon viel zu lange her, um dies zu beurteilen. Zudem wollte ich meinen Kollegen, der wirklich sein behandelter Arzt war, nicht ins Handwerk pfuschen. Zudem er der Chefarzt der Kardiologie war.
Natürlich würde ich dies niemals machen. Ich musste alles respektieren, obwohl es mir selbst schwer fiel. Innerlich rollte ich mit den Augen wegen mir selber.
"Wenn du weiter so machst dann kann ich ein Blatt zwischen deine Augenbrauen stecken und es würde stecken bleiben". Neil steckte einen kleinen Zettel in die Falte zwischen meine zusammengekniffenen Augenbrauen. Sofort riss ich ihm den Zettel aus der Hand. "Lass den Unsinn!" zischte ich ihn an während ich den Zettel zu einem Knäuel verarbeitete und ihm dies gegen den Kopf warf. "Hey!" lachte er und hob den Knäul wieder auf, um ihn wegzuschmeißen. "Was soll dieser Gesichtsausdruck?" lächelte er mich immer noch an. "Es ist nichts, was willst du?"wechselte ich schnell das Thema.
"Isabell macht gerade eine radikale Prostatektomie mit unserem neuen Star; dem Da Vinci. Lass uns zuschauen, du wolltest doch unser neues Gerät schon bestaunen gehen". Neil hatte recht, seitdem der Da Vinci bei uns nun auch vorhanden ist, will ihn jeder einmal zu Gesicht bekommen, natürlich in Action. Ich sah hin und her gerissen um mich. Doch dann auf einmal öffnete sich die Tür zu Joachim's Zimmer und die Frau war wieder zu sehen. Mit zügigen Schritten lief sie an der Pforte vorbei und verabschiedete sich im Gehen noch schnell bevor sie durch die Glastüre zum Ausgang verschwand. "Auf wiedersehen" verabschiedete sich Neil höflich und sah wieder nach links wo ich bis kurzem noch stand. "Emily?" sagte er verwirrt und sah sich um. Ich sah auf und blickte langsam über die Pforte, ob sie weg war. "Was machst du da?" fragend und doch völlig gelassen, so wie ich ihn kannte, sah er mich an. "Mir ist mein Stift runtergeflogen" log ich und richtete mich wieder neben ihn auf. "Und das soll ich dir glauben?" er hob eine Augenbraue misstrauisch an. "Jetzt lass uns zu der OP gehen" zog ich ihn am Kittel hinter mich her.
Völlig begeistert liefen Neil und ich nach der OP den Gang entlang und unterhielten uns noch über den Da Vinci. Doch kurz vor der Inneren Station hielt ich inne und sah aus dem Augenwinkel, dass ein paar Krankenschwestern nach rechts eilig liefen. Weiter konnte ich aber nicht sehen, da die Glastüre nicht allzu groß war und die Wand den Rest versperrte. "Wir sehen uns nachher" sagte ich ihm schnell und öffnete die Glastüren mit dem Knopf an der Wand. Sofort öffneten sie sich und es war nun lauter auf den Gängen. Verwirrt sah ich dem Geschehen zu.
Dann lief eine weitere Krankenschwester hektisch an mir vorbei. Sie hatte verschiedene Ampullen und Zugänge in den Händen. "Was ist los?" fragte ich sie nun auch hektisch. Es ist schon interessant wie das Verhalten anderer Menschen einen selbst beeinflussen konnten. "Der Patient auf 121 ist aufgewacht, aber instabil" rief sie mir im Laufen zu bevor sie verschwand.
Ein kalter Schauer lief mir den Rücken runter.
Joachim war wach.
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Her pale fire | Band 3
RomanceNach all dem was passiert war, baute sich Emily ein komplett neues Leben auf. 16 Jahre waren nun vergangen und einiges hatte sich geändert. Sie hatte nun einen festen Job in einem Krankenhaus als Chirurgin nachdem sie ihr Abitur und ihr Studium erfo...