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Ich lief ins Patientenzimmer und musste kurz schlucken. In diesen Millisekunden sah ich einige Krankenschwestern, die versuchten die Situation unter Kontrolle zu bringen. Und da sah ich ihn. Joachim war wach, jedoch rang er nach Luft und sein Monitor piepte wie verrückt. Er war wach.

Sofort sah ich auf den Monitor und lief an den Schwestern vorbei. "Er ist Tachykard!" rief ich und sah auf Joachim runter. "Ich brauche Metoprolol-" sagte ich während das Piepen lauter wurde und ich sah, dass seine Herzfrequenz anstieg. Joachim sah mich erschöpft und gleichzeitig flehend an während eine Krankenschwester ihn mit dem Ambubeutel zusätzlich beatmete. "Was ist passiert?" kam nun Joachim's zuständiger Arzt hereingestürmt. Während ich mit meinen Erstmaßnahmen fortfuhr klärte ich ihn schnell auf. 

"Mach dir keine Sorgen, wir kriegen das hin" sagte ich zu Joachim noch bevor er das Bewusstsein verlor. 

Still saß ich neben Joachim und dachte nach. Das regelmäßige Piepen beruhigte mich ein wenig. Langsam sah ich auf und beobachtete wie seine Brust sich regelmäßig hob und wieder senkte. Sein behandelnder Arzt beschloss ihn erneut künstlich zu beatmen, da er immer wieder Atemaussetzer hatte und ehrlich gesagt war ich froh über diese Entscheidung. Ich ging jeden Schritt in meinem Kopf durch den ich gemacht hatte, zwar hatte ich nicht allzu viel gemacht und verordnet in der kurzen Zeit bis der Oberarzt der Kardiologie eingetroffen war, jedoch konnte ich nicht locker lassen meine Gedanken abzuschalten. "Du hast alles richtig gemacht" legte er mir seine Hand auf meine Schulter um mich aufzumuntern. Das Zimmer sah aus wie ein Schlachtfeld. Überall offene Packungen von den verschiedensten medizinischem Material.

Ich nahm mein Handy heraus und öffnete den Chat mit Matt. Ich schrieb ihm, dass ich mich morgen bei ihm melden würde, da ein Patient von mir auf der Kippe stand und ich hier bleiben musste. Doch bevor ich die Nachricht abschickte hörte ich wie jemand hustete und der Monitor wieder anfing zu piepen. Sofort sah ich auf und bemerkte, dass Joachim aufwachte und versuchte gegen den Beatmungsschlauch anzukämpfen. Sofort sprang ich auf und extubierte ihn. Sofort schnappte er nach Luft und seine Vitalzeichen regulierten sich langsam wieder. Zwei Krankenschwester kamen herein gelaufen. "Alles in Ordnung, er ist wach. Ich habe ihn extubiert" sagte ich den beiden. "Okay, alles klar. Möchten Sie den AZ kontrollieren oder soll ich das machen?". "Alles gut, ich mach das schon" lächelte ich sie an und sie verschwanden auch schon. 

Mein Blick glitt wieder zu Joachim der mich einfach nur anschaute. Ich versuchte aus seinem Gesichtsausdruck schlau zu werden, aber da war nichts. Ich wusste nicht wie er reagieren würde mich hier wieder zu sehen. Deshalb ergriff ich das Wort. 

"Wie geht es dir?" fragte ich sanft. Er stattdessen konnte alles irgendwie nicht begreifen. "Emily?" krächzte er und hielt sich den Hals. "Was machst du- wo bin ich überhaupt..?" er sah sich um. Als er schließlich bemerkte, dass dies nicht seine Wohnung war, weder ein Ort den er kannte, sondern ein Krankenhaus sah er mich geschockt an. "Was ist passiert?".

Ich setzte mich wieder auf den Stuhl, der neben seinem Bett stand. "Du wurdest zu Hause bewusstlos aufgefunden, Joachim" ich sah ihn an. Er sah mich einfach nur an, konnte nicht realisieren was passiert war. "Du hattest eine OP am Herzen, deine Mitralklappe... du hast schon so lange an einer Mitralklappeninsuffizienz gelitten und hast es nie bemerkt. Wie konntest du dies nie bemerken?" gab ich eher vorwurfsvoll von mir. Joachim sah mich an als hätte er einen Geist gesehen, er wusste es selber nicht einmal. Dass er so leben konnte und Sport noch so leicht ausführen konnte ließ mich staunen. "Ich wusste nicht einmal, dass es sowas gibt" murmelte Joachim vor sich und dachte nach. Wieder hatte ich das Bild im Kopf als Joachim damals notfallmäßig ins Krankenhaus eingeliefert kam. Er war so verdammt blass und seine Lippen bläulich, er lag auf dieser Trage einfach regungslos. 

"Emily?" riss mein Gegenüber mich aus Gedanken. "Du hast gesagt ich hatte eine OP. Hast du mich operiert?" fragend sah er mich an. Doch ich schüttelte den Kopf. "Mein Gebiet ist die Allgemeinmedizin, dein Arzt ist der Oberarzt der Kardiologie. Er hat dich operiert". "Und wie verlief die OP?". "Naja, ich weiß nicht wirklich viel, da musst du den Kardiologen fragen". Er nickte. Es herrschte eine lange Stille, Joachim musste erst einmal begreifen was überhaupt passiert war. 

"Weißt du, ich erinnere mich an einen komischen Traum in dem du vorkamst. Ich sah dich aber nur verschwommen und es waren so viele wirre Stimmen, dass ich irgendwie nicht wirklich was mitbekam, nur wie du mich ansahst" sagte er. Innerlich musste ich schmunzeln. "Das war kein Traum, das ist wirklich vor ein paar Stunden passiert. Da du meinen musstest eine Arrythmie zu entwickeln" ein leichtes Lächeln schlich sich über mein Gesicht. "Oh" sagte er und fing an zu lachen, doch schnell verkrampfe er sich und hielt sich an die Brust wo er erst operierten worden war. Dann erst bemerkte er seinen Verband mitten auf der Brust. 

Es war still und Joachim war in Gedanken während er seinen Verband betrachtete. "Deine Freundin war vor kurzem da" warf ich ins Zimmer. Langsam ließ er seinen Blick ab vom Verband und sah mich an. "Sie war auch die Einzige die gestern kam als du nicht bei Bewusstsein warst naja wegen der Operation" ich sah ihn an. Unsere Blicke trafen sich. Ich sah in sein Gesicht und dank der Sonnenstrahlen, welche durchs Zimmer schienen sah ich jeden Winkel seines Gesichts. Mein Herz hörte für einen kurzen Augenblick auf zu schlagen. "Soll ich jemanden anrufen und sagen, dass du wohl auf bist?" fuhr ich mit meinem Gesagten fort.

Er sah mich jedoch nur an. Es herrschte Stille und sie war irgendwie unangenehm. Ich wusste nicht was er dachte und er sagte einfach nichts. Sollte ich noch etwas einwerfen? Wie schön das Wetter heute war? Innerlich schüttelte ich den Kopf, was zum..?

"Nein.." sagte er dann schließlich leise. "Ich möchte gerade einfach alleine sein" hauchte er nachdenklich und ließ sich ins Kissen zurück fallen. Mein Herz zog sich zusammen. Ich nickte schließlich. "Nachher kommt jemand von der Pflege vorbei und erhebt alle Vitalzeichen" war das Letzte was ich sagte bevor ich das Zimmer verließ.



Her pale fire | Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt