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Mit schnellen Schritten betrat ich das Revier der Polizei. Ich war so schnell ich konnte hier her gefahren ohne eine Sekunde zu verlieren. Mir war schlecht und es lief mir kalt den Rücken runter. Ich hatte nicht mal gewusst was sie gefunden hatten und doch ahnte ich schon schlimmes. Kurz kniff ich meine Augen zu und dann schlug ich sie wieder auf. Jede Faser meines Körpers lief auf Hochtouren. Immer wieder schritt ich einen Fuß vor den Anderen und lief den kahlen Weg entlang. Ich merkte nicht mal, dass jemand mich aufgeholt hatte und neben mir herlief. "Haben sie dich auch kontaktiert?" atmete Joachim neben mir außer Atem. Ich sah ihn an und realisiert nun, dass er neben mir herlief.
Mit einem Nicken antwortete ich ihm auf seine Frage.
"Weißt du um welches Beweisstück es sich hier handelt?" fragend sah Joachim mich an. Währenddessen liefen wir weiterhin den Gang entlang. "Nein, sie haben mir nichts am Telefon erzählt. Dir?" besorgt sah ich ihn an und erkannte erst jetzt, dass auch ihm die Sorgenfalten ins Gesicht geschrieben waren. Joachim schüttelte jedoch seinen Kopf nur in Bedauern. Innerlich seufzte ich auf. Joachim sah sich um bevor er sprach. "Bist du alleine hier?" verwirrt war seine Tonlage. Ich hob meinen Kopf. Er hatte Recht, ich hatte mich so schnell beeilt hier her zu kommen, dass ich komplett vergessen hatte Matthew zu informieren. Ich war völlig in Gedanken versunken bevor ich Joachim antworten konnte. Doch dann wurde schon eine Tür aufgeschwungen und ein Polizist kam auf uns zu. "Kommen Sie bitte mit" sagte er und lief wieder in das Büro hinein. Noch einmal sah ich Joachim an bevor ich ebenso ins Zimmer schritt, dicht von Joachim gefolgt.

Im Detail erzählte er uns mit seiner Kollegin was sie herausgefunden hatten. "Eine Kette wurde im Park gefunden mit Fingerabdrücken, die zu Ihrer Tochter passen könnten. Nur leider sind sie sehr verwischt worden". Während der Polizist sprach legte seine Kollegin eine Kette, welche in eine durchsichtige Tüte verstaut war, vor uns auf den Schreibtisch. Fassungslos sah ich die Kette an und musste feststellen, dass diese zu Anastasia gehört. Sie hatte diese von ihren Freunden zum Geburtstag letzten Jahres geschenkt bekommen. Mir wurde sofort wieder schlecht. Joachim sah, dass sich etwas in mir tat und sah mich dementsprechend an. "Ja, das ist ihre Kette" hauchte ich und schloss die Augen. Ich wusste nicht ob dies etwas gutes sein würde oder nicht. "Emily, sie haben etwas gefunden. Es geht vorwärts" versuchte mich mein Ex aufzumuntern, jedoch sah ich das nicht ganz so.
Ich sah Joachim einfach nur an.
"Da Sie nun die Kette als die Ihrer Tochter bestätigt haben, werden wir uns den Ort genauer anschauen" erklärte uns die Polizistin nun. "Wo haben Sie die Kette überhaupt gefunden?" Joachim sah die beiden Polizisten an. "Im Park, ein paar Kilometer von hier entfernt" antwortete er uns. "Im Park?" verwirrt sah ich ihn an. Er nickte. "Hält sich dort Anastasia öfter mal auf?". "Nicht das ich wüsste" dachte ich nach. Anastasia hatte noch nie von dem Park erzählt, der bei uns einige Straßen weiter war. "Als sie noch klein war waren wir öfter dort gewesen, aber sonst weiß ich nichts" erklärte ich ihnen. Joachim's Kopf schnappte zu mir. "Als sie klein war? Heißt das, du warst nie weg von hier? Hast du die ganze Zeit hier gelebt ohne, dass ich es wusste? Ich dachte du wärst Kilometer weit weg gezogen" Joachim sah mich eindringlich an. Ich hingegen sah ihn mit zusammengekniffenen Augenbrauen an. "Wenn dem so sein sollte wüsste ich nicht, was dich das zu interessieren hat". "Ich hätte meine Tochter sehen können" hauchte er mir entgegen. "Das hättest du nicht". Joachim konnte nicht ahnen, dass ich all die Jahre hier gewohnt hatte. In der gleichen Stadt wie er, doch dies war nicht immer so gewesen. Als ich Anastasia bekam zog ich in eine kleine Wohnung in München, wo kurz danach auch Olivia und Sandra zu mir für eine kurze Zeit zogen. Nachdem ich mein Studium beendet hatte, zog ich weiter da ich ein gutes Angebot für eine Wohnung bekommen hatte und schnell Matt kennengelernt hatte. Einige Jahre später bauten wir uns ein Haus und zogen somit wieder zurück in die gleiche Stadt in der Joachim lebte. Natürlich hätte ich ihm das nie gesagt, deswegen bauten wir uns ein Haus so weit weg von Joachim wie es ging, sodass wir uns nie zufällig über den Weg laufen würden.

"Entschuldigen Sie, aber das hat gerade nichts mit der Tatsache von Anastasia's Verschwinden zu tun" unterbrach der Polizist uns. Als ich meinen Blick von Joachim abwendete und zur Kette sah wurde mir wieder schlecht. "Haben Sie vielleicht einen Bekannten, der in diesem Wohnviertel des Parks wohnt?". Die Polizistin sah mich fragend an während sie mit einem Stift in der Hand vor einem Papier saß. Ich überlegte, doch dann schüttelte ich meinen Kopf. "Was noch sein könnte ist, dass jemand aus dem Wohnviertel vielleicht etwas weiß oder der Täter sich unter ihnen befindet" sagte der Polizist nachdenklich.
Täter?
Also gingen sie auch davon aus was ich mir schon die ganze Zeit ausgemalt hatte. Langsam schloss ich meine Augen. Vor meinen Augen drehte sich alles schon und die Übelkeit kam nun stärker zum Vorschein. "Tut mir leid, dass ich Sie unterbreche, aber Sie gehen davon aus, dass sie entführt wurde? Ist das so?" Joachim sah den Polizist an. "Das wäre eine Möglichkeit, ganz ausschließen sollten wir das auf jeden Fall nicht".

Ich hörte nur noch doppelte Stimmen und musste mir einen Würgreiz unterdrücken. Das war alles zu viel für mich. Alles drehte sich in mir. "Entschuldigung".

Ohne noch etwas zu sagen schnappte ich mir meine Tasche und lief so schnell ich konnte aus der Tür, den Gang entlang und in die erste Toilette rein, die ich fand. Ich schmiss meine kompletten Sachen auf den Boden und rannte zur Toilette, landeten auf den Knien und übergab mich. Mein kompletter Magenrest entleerte sich und erschöpft stützte ich meinen Kopf auf meine Hand ab. Wieder drehte sich alles in mir und erschwerte mir meine Sicht. Ebenso stellten sich Kopfschmerzen in den Vordergrund und verschlechterten meinen Gesundheitszustand. Mir wurde so unglaublich warm. Erneut kam eine Welle der Übelkeit mir entgegen und ich erbrach erneut.

Dann klopfte es plötzlich an der Tür und es war kein anderer als Joachim. "Emily, geht es dir gut?" fragte er. "Du hast deine Jacke außerdem noch vergessen" fügte er hinzu in der Hoffnung ich würde ihm antworten. Ich war jedoch so erschöpft, dass ich ihm nicht mal antworten konnte. Ich blendete alles und jeden aus. Während Joachim vor der Tür auf eine Antwort wartete konzentrierte ich mich daran nicht erneut zu erbrechen. Besonders wollte ich vor keinem anderen als ihm schwach wirken. Joachim wusste, dass es mir nicht gut ging, dennoch wollte er nach mir sehen. Er wusste, dass ich hier drinnen war und da ich ihm nicht antwortete schlußfolgerte er daraus, dass ich nicht mit ihm reden wollte. Jedoch blendete ich ihn komplett aus, da mein Körper runterfuhr und mich somit in einen Zustand versetzte in dem ich nicht im Stande war jemanden zu antworten.
Er seufzte auf bevor er wieder sprach. "Ich lege deine Jacke hier auf den Stuhl" sagte er und wollte schon umkehren um zu gehen. Doch genau in diesem Moment übergab ich mich erneut und all die Schamgefühle wurden abgeschaltet. Dies gab Joachim das Zeichen, dass nichts in Ordnung war und es mir ebenso nicht gut ging. Er öffnete sofort die Türe und kam herein. Er sah mich wie ich vor der Toilettenschüssel hing und völlig kraftlos meinen Kopf in den Händen hielt. Sofort ließ er all die Sachen auf den Boden fallen und kam zu mir. "Emily!". Joachim kniete neben mir und sah mich besorgt an. Ich jedoch war nicht mal im Stande meine Augen zu öffnen. "Was kann ich tun? Wie kann ich dir helfen?". Ich hörte nur wie seine Stimme in meinem Kopf hallte und meine Kopfschmerzen wieder hervor riefen. Ich wusste was als Nächstes passieren würde. "Ruf Matt an" versuchte ich ihm klar zu sagen und zeigte auf mein Handy. Joachim verstand. Er nahm mein Handy und suchte nach seiner Nummer.

Er rief ihn an und erklärte ihm alles. Ich bekam nichts mehr mit bis Joachim erneut zu mir kam und erklärte, dass er gleich da sein würde. Und er hatte recht, es dauerte nicht lange und schon war Matt hier. Joachim fing ihn ab und Matthew kam sofort zu mir. Matthew hatte eine Colaflasche dabei was Joachim ein wenig verwirrt stehen ließ. "Schatz, was ist passiert?" er strich mir über die Wange, doch ich hatte nur meine Augen geschlossen und lehnte meinen Kopf an seine Brust. "Scheiße" hauchte er nur bevor er die Flasche öffnete und mir diese reichte. "Trink, Emily". Ein paar Schlücke trank ich auf Aufforderung bevor er mich auf seine Arme nahm. Anschließend nahm er noch meine Sachen. "Du hättest mich früher rufen sollen" hauchte er so leise, sodass es fast so klang als würde er dies zu sich selbst sagen. Dieser Zustand war mir nicht neu, diesen hatte ich zwar seltener als früher jedoch tauchte er immer dann auf, wenn mein Körper sich in einem sehr langen, akut stressigen Zustand befand. Das Nächste was passieren würde wäre, dass ich umkippte und mein Bewusstsein verlieren würde. Matt bekam dies öfter mit weswegen er wusste was zu tun war. Er hatte deswegen immer im Auto einige Colaflaschen dabei, die mir in solchen Situationen halfen. Das Koffein verengten nämlich die Blutgefäße und ließen somit keine Überversorgung vom Blut zu. Joachim wusste nicht was er tun sollte, er sah nur zu wie Matt mit mir innerhalb von Sekunden verschwand. Ebenso war er zutiefst schockiert, denn diesen Zustand kannte er von mir überhaupt nicht.

Her pale fire | Band 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt