Langsam legte ich meinen Kopf in die Hände während ich mich leicht nach vorne beugte. Mein Blick war nach vorne gerichtet während ich die gleichmäßigen Wellen des Sees vor mir beobachtete. Im Hintergrund hörte ich immer wieder wie die Vögel zwitscherten. Diese angenehme Stille ließ meinen Körper vollkommen runterfahren. Ein leichter Wind streifte meine Haut und meine Haare wie eine zärtliche Berührung. Wenn alles doch nur so friedlich sein könnte wie dieser Ort hier.
Ich vernahm leise Schritte, die langsam näher kommen. Ich löste mich aus meiner Starre und sah auf. Wie könnte es auch anders sein, dass ich Joachim hier sah. Ich nahm jedoch wieder meinen Blick von ihm und sah wieder auf den See hinaus. Joachim sah mich an und kam mir näher bis er schließlich vor mir stand. "Hey" hauchte er sanft. "Hey.." hauchte auch ich ihm entgegen. "Darf ich mich setzten?" fragend sah er mich an. "Von mir aus" ertönte meine Stimme leise. Joachim setzte sich zu mir auf die Bank und sah ebenso auf die friedliche Landschaft hinaus. Sein Blick hielt dem aber nicht lange stand, da eine Frage brennend auf seiner Seele lag. Er drehte seinen Kopf zu mir. "Wie geht es dir?". Ich seufzte jedoch nur kleinlaut. "Wie soll es mir schon gehen, Joachim?" hauchte ich leise ihm entgegen. Joachim nickte nur und sah runter. "Wie geht es dir? Wurdest du entlassen?". Joachim sah mich an. Er nickte. "Ja, vor kurzem wurde ich entlassen. Ich muss erst einmal meinen Alltag wieder geregelt bekommen, aber ich komme klar" erzählte er mir, ich hörte ihm genau zu. "Das ist doch schön" ich freute mich für ihn, dass es für ihn bergauf ging.
Es herrschte erneute Stille, nur die Naturgeräusche waren zu hören. Ich schloss die Augen und lauschte einfach nur den Geräuschen. Es war beeindruckend wie schön die Natur war, wenn man einfach nur hinhört. Durch den ganzen Alltagsstress und die Hektik, die heutzutage herrscht verlernen wir einfach mal richtig hinzuhören und abzuschalten. So gut wie jede Nacht schlief ich mit Regengeräusche, Wellengeräusche oder einfach nur Schwingungen, welche ich auf meinem Handy anschaltete was meinen Körper runterfuhr. Obwohl all das eigentlich direkt vor unserer Tür herrschte.
"Ich.. ich habe versucht dich zu erreichen" fing er an erneut etwas zu sagen. Erneut öffnete ich meine Augen. "Ich brauchte Zeit" antwortete ich ihm nachdenklich. Ich hatte Zeit gebraucht einfach um runter zu fahren und mit Matt all das zu verarbeiten. Diese Tagen waren besonders intensiv gewesen.
"Ich habe mir Sorgen gemacht". Ich hielt inne als ich diese Wörter aus Joachim's Mund hörte. Dann drehte ich meinen Kopf zu ihm. Ich sah ihn einfach nur an. "Du bist so plötzlich verschwunden und keiner wusste wo du warst. Auch als ich deine Kollegen fragte, sie sagten nur dass du krank warst, mehr wusste ich nicht". Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Er hat meine Kollegen nach mir gefragt. "Du hast meine Kollegen nach mir gefragt?!" ich zog meine Augenbrauen zusammen und sah ihn an. "Nicht in dem Sinne was passiert war, ich sagte ihnen, dass ich dich nur länger nicht mehr hier gesehen hatte, mehr nicht. Denkst du ich würde all das jedem wildfremden Menschen erzählen?" verwirrt sah er mich an, ebenso lag ein wenig Enttäuschung in seinen Augen. Ich nickte jedoch nur und sah auf meine Hände. Ich knetete diese und dachte nach was ich ihm sagen sollte."Tut mir leid" entfuhr es mir dann nur. Joachim sah mich an. "Ich-ich hätte dich nicht anfahren dürfen". Auf Joachim's Gesicht bildete sich ein kleines Lächeln. Er legte seine rechte Hand auf meine Hände und sah mich an. Ein wenig überrascht über seine Berührung sah ich seine Hand an, die meine Hände in meinem Schoß hielt.
Als Joachim jedoch nichts sagte sah ich auf. Ich sah in ein Gesicht, welches mich einfach anlächelte. Nun war ich verwirrter als zuvor schon. "Was..?" gab ich von mir und versuchte aus ihm schlau zu werden. "Du bist einfach so erwachsen geworden, das ist schön zu sehen" lächelte Joachim mich weiter an. Ich dachte einen Moment nach, denn ich wusste nicht wie ich dies wahrnehmen beziehungsweise verarbeiten sollte. "Wie soll ich das verstehen?". "Früher hättest du anders reagiert". Ich hob eine Augenbraue. "Ach ja? Wie denn?" nun war ich neugierig. Joachim lachte auf, was mich grinsen ließ. "Ach witzig ist das auch noch" nun lachte ich auch. "Na vielen Dank auch" ich sah Joachim weiterhin an und sah ihm einfach zu wie er versuchte sein Lachen unter die Kontrolle zu bringen. "Nein, du bist einfach.." Joachim sah mich mit seinem breiten Grinsen einfach nur an und suchte die passenden Wörter, diese fand er jedoch nicht. "Du bist..." nun wurde sein Grinsen zu einem sanften Lächeln. Er sah mich einfach nur an und ich spürte wie mir mein Herz fast aus der Brust sprang. Es schlug so schnell, dass ich es gar nicht realisieren konnte, da ich einfach in seine Augen sah. Joachim hatte diesen einen Blick, der einfach weich war. In diesem Moment gab es niemanden, nur er und mich damals. Jeden Tag hatte er mir diesen liebevollen Blick geschenkt, der mich in seinen Augen verlieren ließ.
Wir sahen uns einfach nur an. Ich vergaß völlig, dass seine Hand noch auf meinen Händen lag. Erst als seine Hand kurz zuckte bemerkte ich sie wieder. Reflexhaft sah ich herunter auf sie. "Entschuldige" sagte er und nahm sie sofort weg. Er dachte, dass ich seine Berührung nicht haben wollte, doch insgeheim wünschte ich mir er hätte sie nicht weggenommen. Ich spürte sofort wie ein kalter Wind über meine Hände fuhr und sie sofort kalt wurden. Seine Wärme fehlte.
"Möchtest du mit mir zur Polizei gehen?" unterbrach er meine Gedankengänge wieder. Verwirrt sah ich ihn an. "Ich wollte mich nach Anastasia erkundigen" sagte er nun mit ernster Miene. Erneut schlug mein Herz schnell, diesmal jedoch wegen Anastasia. Sofort nickte ich.
So wie jedes Mal als ich zum Revier ging bekam ich Herzklopfen einfach aus dem Grund, dass sie vielleicht etwas gefunden hatten. Doch auch diesmal war nicht wirklich etwas von ihr zu berichten gewesen. Es war einfach frustrierend. Mit hängenden Köpfen verließen wir das Gebäude. "Irgendwann finden wir sie" sagte Joachim. Wenn ich ehrlich war schien es mir schwer daran zu glauben, auch wenn ich versuchte positiv zu bleiben. "Ich hoffe es so sehr" hauchte ich. Joachim und ich liefen ein Stück ohne ein Wort auszutauschen die Straße entlang. Wir mussten beide die Enttäuschung erst einmal verdauen.
"Hey" sagte Joachim dann auf einmal. Ich sah auf und blickte ihn an. Ein Lächeln verzierte sein Gesicht. Verwirrt sah ich ihn an. "Möchtest du ein Eis?". "Ein Eis?" verwirrt sah ich ihn nun an. Er sah mich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen an und nickte mir zu. Ich sah ihn einfach nur an und wusste einfach nicht was in seinem Kopf vorging. "Komm schon, Emily. Ich möchte dich aufmuntern, uns aufmuntern. Vielleicht tut uns ein bisschen Zucker auch gut, für die Nerven" grinste er ein wenig. Und wie auf einen Schlag fanden meine Mundwinkel seit langem wieder hinauf. Es war eine harte Zeit, für uns beide und er war der erste der mich seit dem Tief wieder zum Lachen brachte. "Ja, ich hätte gerne ein Eis" lächelte ich und hob meinen Kopf. Ich sah Joachim an, der mich weiterhin aufmunternd anlächelte. "Dann komm" er reichte mir seine Hand. Ich betrachtete seine Hand wie sie auf meine wartete. Kurz sah ich Joachim noch einmal an und nahm schließlich seine Hand mit einem leichten Lächeln auf den Lippen.
Als Joachim uns ein Eis geholt hatte liefen wir die Straße entlang und aßen das Eis. "Es ist vieles passiert und ich weiß diese Zeit ist besonders schlimm. Doch an jedem dunklen Tunnel befindet sich ein strahlendes Licht am Ende, da bin ich mir sicher. Ich glaube daran. Wir stehen das durch, zusammen" Joachim sah mich an. Ich hob meinen Blick und sah in seine Richtung. Joachim schien so zuversichtlich und sicher. Er versuchte immer das Gute zu sehen und positiv zu bleiben, was ich wirklich an ihm schätzte. Ich wünschte ich hätte seine Positivität. Wieder überkam mich die Negativität und mein Gedankenkarusell fing an sich zu drehen. Sofort merkte er es während ich in meinem Eis rumstocherte.
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Her pale fire | Band 3
RomanceNach all dem was passiert war, baute sich Emily ein komplett neues Leben auf. 16 Jahre waren nun vergangen und einiges hatte sich geändert. Sie hatte nun einen festen Job in einem Krankenhaus als Chirurgin nachdem sie ihr Abitur und ihr Studium erfo...