Ich kann nicht mehr essen, nicht mehr schlafen, nicht mehr lachen. Ich kann gar nichts mehr.
Seit mein Freund Dominik sich letzte Woche von mir getrennt hat bin ich wach, habe kaum gegessen und mich nicht mehr aus meinem Bett bewegt, höchstens um die Toilette zu besuchen.
Es sollte der perfekte Sommer mit ihm werden doch er hat sich dazu entschieden, meine Ferien direkt am ersten Tag zu vermiesen und seine Ferien mit einer anderen zu verbringen.
Meine Mutter ist in großer Sorge um mich und versucht ständig mich aus meinem Zimmer zu bekommen, heute ist der erste Tag an dem ich nachgebe und etwas mit ihr unternehme.
Die Sonne scheint, es sind dreißig Grad und meine Brüder haben Besuch von ihren Freunden, wie jeden freien Tag. Wobei ich sagen muss, dass deren Freunde immer hier sind, egal wann. Ob nach der Schule, am Wochenende, in den Ferien, in Freistunden oder sonst wann. Sogar Weihnachten und Silvester sind sie größtenteils hier. Meistens habe ich davon nicht viel mitbekommen, da ich entweder mit meinen Freundinnen oder mit Dominik unterwegs war.„Frieda? Bist du fertig?" ich höre die sanfte und doch glückliche Stimme meiner Mutter. Sie ist die einzige, die mich aufmuntern kann, so war es schon immer.
„Einen Moment noch" ,rufe ich ihr zu während ich aus meinem Bett aufstehe.
Der Blick in meinen Spiegel lässt mich vor Schrecke die Luft anhalten. Ich sehe schrecklich aus.
Meine Haare sind verwuschelt und fettig, meine Haut blass und mein Gesicht geschmückt mit dunkel lila Augenringen. Ich ziehe Dominiks shirt, welches er hier vergessen hatte leicht hoch und betrachte meine Figur. Ich sehe magerer aus als je zuvor. Noch nie in meinem Leben hatte ich mich eine Woche lang von Luft, Wasser und höchstens drei Scheiben Brot ernährt. Nun verstehe ich, wieso meine Mutter sich so große Sorgen macht.Ich schnappe mir ein Handtuch, frische Klamotten und laufe in Richtung Badezimmer, während ich meiner Mutter von oben zu rufe, dass sie noch etwas länger warten muss, da ich duschen muss.
Als ich die Türklinke runterdrücke öffnet sich die Tür nicht. „Moment, gleich fertig" ,ertönt eine männliche aber doch junge Stimme aus dem Badezimmer. Wahrscheinlich war es einer der Freunde meiner Brüder, die besetzen ständig das Bad.
Als der rothaarige, dessen Namen ich ständig vergesse, aus der Tür heraus kommt fallen ihm beinahe die Augen aus.
„Was ist? Noch nie einen echten Zombie gesehen oder was?" ,sage ich schnippisch. Seine Augen weiten sich doch bevor er noch etwas sagen kann verschwinde ich im Badezimmer. Ich kann seine Verwunderung ja verstehen, es ist ungewöhnlich mich so zu sehen, obwohl ich sonst immer makellos und perfekt aussehe aber der Spruch musste einfach sein.Das Duschwasser läuft mir warm über den Körper und entspannt mich. Für einen Moment vergesse ich, weshalb ich die letzte Woche darauf verzichtet habe. Es fühlt sich gut an wieder etwas mehr getan zu haben als nur im Bett zu liegen. Auch wenn es für viele etwas normales ist, ist es für mich ein großer Schritt um zurück zu mir selbst zu finden.
Nichtmal das Shampoo, welches mir in mein Auge tropft, kann mir diesen Moment nehmen. Es beruhigt mich eher, dass noch etwas völlig normales passiert ist, worüber ich mir keine Sorgen machen muss.„Na endlich, du siehst gut aus" meine Mutter zieht mich lächelnd in eine Umarmung und mir wird sofort warm ums Herz. Es macht mich wirklich glücklich, sie meinetwegen wieder lächeln zu sehen.
Sie verabschiedet sich noch von den Jungs im Garten und ermahnt sie, nicht zu viel zu trinken, die Zigaretten in den Aschenbecher zu werfen und keinen Mist zu bauen.Im Auto wird mir klar, dass ich es vermisst habe Zeit mit ihr zu verbringen. Seit meiner Beziehung ist das untergegangen und ich hatte kaum mehr Zeit für sie.
„Es tut mir leid, Mama" ,platzt es plötzlich aus mir heraus.
Sie sagt nichts, schaut mich nur fragend an.
„Es tut mir leid, dass ich dich so vernachlässigt habe durch die Beziehung. Ich weiß, dass du es geliebt hast Zeit mit deiner Tochter zu verbringen, da deine Söhne nur mit ihren Freunden abhängen.." ich kann mir meine Tränen nicht mehr verkneifen. Ich realisiere erst im Nachhinein, was für eine schlechte Tochter ich doch gewesen bin.
„Frieda Liebes, hör auf zu weinen. Es ist in Ordnung. Das ist normal, vor allem wenn es die erste Liebe ist" ich liebe ihre Verständnisvolle Art. Meine Brüder und ich können uns echt glücklich schätzen, so eine Mutter zu haben.Nach weiteren fünf Minuten kommen wir an einem großen Platz an, an welchem es eine Art Strandbar ohne Strand gibt. Wir setzen uns in eine Strandmuschel und lesen beide die Speisekarte. Nachdem wir bestellt haben und unsere Getränke relativ schnell serviert wurden beginnt meine Mutter zu reden.
„Ich muss es dir jetzt einfach sagen aber nicht sauer sein okay?" ihre Mundwinkel zucken ein wenig beim Aussprechen dieser Frage. Ich nicke nur und bin gespannt, was sie mir zu sagen hat.
„Ich fand diesen Dominik immer grauenvoll. Er war zwar immer höflich aber gut ausgesehen hat er nicht" nun muss ich ebenfalls lachen und wir stimmen zusammen in ein Gelächter ein.
„Allerdings gibt es jemanden, der eine Entschuldigung von dir mehr gebrauchen könnte als ich.." ihre Stimme wird wieder ernster und ich kann mir sofort denken um wen es geht. Noch bevor ich es aussprechen kann, fährt sie fort.
„Deine Brüder, Frieda. Sie haben sich oft um dich gekümmert und auch wenn euer Verhältnis durch das Älter werden ein wenig zerbrochen ist, waren die beiden ganz schön verletzt, als du kaum noch mit ihnen gesprochen hast und immer nur Augen und Zeit für deinen Freund hattest.." ihre Stimme klingt ein wenig zittrig und ich weiß, wenn sie noch etwas sagen würde, würde sie brechen.
Ich habe nie darüber nachgedacht, wie es meinen Brüdern mit alldem geht.Eigentlich beide aber besonders mein großer Bruder Juli wollte mich immer vor allem beschützen, im Gegensatz zu meinem Zwillingsbruder Joschka, dem eigentlich alles egal war, solange er Fußball spielen konnte. Als Juli damit nicht mehr durch kam und ich dann trotz seiner Zweifel mit Dominik zusammen kam, redete er einen Monat lang nicht mit mir. Als wir uns wieder vertragen hatten, war ich schon so verliebt, dass ich die beiden ausblendete und meine ganze Kraft und Energie in die Beziehung steckte.
Wenn ich genau darüber nachdenke, habe ich seit über einem Jahr kaum noch richtig mit den beiden gesprochen und ich muss sagen, diese eine Woche in meinem Bett hat mich daran erinnert, wie sehr ich die beiden aber vor allem Juli gebraucht hätte.„Du hast Recht Mama, ich werde später mit ihnen reden wenn ihre Freunde weg sind"
„Das ist schön, aber jetzt lass uns den Tag genießen und nicht mehr an die Vergangenheit denken. Was wünschst du dir eigentlich zu deinem Geburtstag?"
Ach stimmt. Mein Geburtstag, den hatte ich ja total vergessen.
„Nichts besonderes, es ist ja nur der siebzehnte" am liebsten soll sie mir gar nichts schenken denn mehr als einen Schlag auf den Hinterkopf habe ich für mein dummes Verhalten nicht verdient.
„Ich habe ja noch Zeit mir etwas auszudenken" sie gibt sich immer so viel Mühe für uns, das ist unfassbar.Im Auto auf dem Rückweg beginnt sie plötzlich wieder mit dem Thema, „Siebzehn, ich glaube es nicht. Nächstes Jahr werden meine kleinen Schätze ja schon achtzehn..die Zeit vergeht viel zu schnell"
Da hat sie Recht, die Zeit vergeht eindeutig zu schnell. Ich weiß noch genau, wie Juli mir verboten hat auf seinem achtzehnten Geburtstag aufzutauchen, weil dort zu viele Jungs sind und ich erst fünfzehn war, wobei Joschka hindurfte. Vermutlich, weil er zu deren komischer Gang gehört, da werde ich niemals durchblicken.Als wir in die Einfahrt unseres Hauses einfahren, ertönt immer noch Musik aus dem Garten, was mir verrät, dass die besagte ‚Gang' immer noch auf unserer Terrasse sitzt. Das Gespräch mit meinen Brüdern wird also wohl oder übel warten müssen.
So, das war mein erstes Kapitel. Ich hoffe es hat euch gefallen.🤍
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Die Tränen, die du trocknetest. | dwk
FanfictionFrieda Josephine Reik. Sie führt ein nahezu perfektes Leben, etwas wovon andere nur träumen können. Sie sieht gut aus, hat zwei Brüder, eine liebende Mutter, eine beste Freundin und einen Freund, welchen sie über alles liebt. Für sie könnte ihr Le...