Kapitel 52

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Juli und ich gehen uns aus dem Weg, mir geht es schlechter denn je und meine Freunde sind vermutlich sauer auf mich, weil ich sie ignoriert habe und es immer noch tue. Ich weiß, dass mein Verhalten nicht das richtige ist aber ich kann einfach nicht anders. In der Schule versuchen sie mir schon gar nicht mehr hallo zu sagen, was ich vollkommen nachvollziehen kann. Sogar Markus hat es langsam aufgegeben und lächelt mich einfach nur noch an, wenn er mich sieht.
Das Wochenende und die restliche Woche habe ich, abgesehen von der Schule, in meinem Zimmer verbracht. Das einzige, was ich getan habe war zu lesen und zu schreiben. Meine momentane Situation hat mich dazu verleitet. Es sind keine Gedichte, eher poetische Texte, die meine Gefühle widerspiegeln. Nichtmal geduscht habe ich, die Leute in der Schule müssen sonst was von mir denken. Langsam halte selbst ich das allerdings nicht mehr aus und springe kurz unter die Dusche.
„Guten Morgen mein Schatz" ,sagt meine Mutter als ich in die Küche komme. Sie weiß, wie es mir geht aber fragt nicht, genau wie Joschka. Das liebe ich an ihr.
„Möchtest du etwas essen?"
„Nein danke Mama"
„Du hast zwei Tage lang nicht gegessen, bitte iss wenigstens einen Apfel oder eine Banane.."
Ihr zur Liebe schnappe ich mir den Apfel und mache mich auf den Weg zur Tür.
„Du schaffst die Klausur heute. Ich glaube an dich, okay? Wir sehen uns dann später direkt im neuen Haus" Ich lächle ihr kurz zu und verlasse dann das Haus, wo ich sofort wieder zu weinen beginne.
Ich habe einfach vergessen, dass heute die Klausur ist und habe nichts, aber auch wirklich gar nichts gelernt.
Nicht, dass ich eine gute Note schreiben würde, wenn ich gelernt hätte aber meinem Gewissen hätte es definitiv gut getan.
Dies bestätigt sich, als ich mir das erste Blatt der Klausur anschaue. Bei dem zweiten fallen mir die Augen aus dem Kopf und beim dritten bleibt mein Herz stehen.
Als ich mir die restlichen Blätter ansehe beginne ich zu weinen und verlasse einfach den Klassenraum. Das gibt eine fette sechs, allerdings hätte das auch nicht anders ausgesehen, wenn ich sie geschrieben hätte. Nichtmal Ordnungspunkte hätten sie mir geben können, weil ich wirklich keine einzige Antwort gekannt hätte. 
Meine Mutter wird enttäuscht sein aber es wäre in Ordnung für sie, sie versteht mich. Manchmal wünsche ich mir zu wissen, wie mein Vater reagieren würde, wenn er bei uns wäre. Ich hasse ihn wirklich sehr dafür, dass er uns verlassen und Mamas Herz gebrochen hat aber an manchen Tagen wäre es einfach mal schön zu wissen, wie sich das alles anfühlt.
Mittlerweile bin ich zuhause angekommen, an meinem alten Zuhause. Mama ist schon weg aber wahrscheinlich kommt sie nochmal zurück, schließlich hängt ihre Jacke noch hier.
Das Haus ist leer. Leer von Menschen und leer von Möbeln. Irgendwie macht es mich wirklich traurig, dieses Haus zu verlassen. Die leeren Räume und vor allem das leere Wohnzimmer tut weh zu sehen. Das neue Haus ist mit Sicherheit größer und toller aber in diesem Haus hängen so unglaublich viele Erinnerungen. Ich bin hier aufgewachsen und groß geworden. Hier bin ich das geworden, was ich jetzt bin.
Wobei, wenn ich mich jetzt anschaue und mein Verhalten reflektiere fällt mir auf, dass es vielleicht besser ist, hier alles hinter mir zu lassen. Ich bin momentan ein emotionales Wrack und mal wieder habe ich versagt. Versagt als Tochter, versagt als schwester, versagt als Freundin und als Schülerin. Vielleicht ist es eine Chance, ein neues Leben anzufangen und mit dem alten abzuschließen. Ein neues Leben ohne Probleme und Sorgen, ohne Stress. Ein Leben mit einer richtigen Familie, bestehend aus Mutter, Stiefvater, zwei Brüdern und zwei Stiefbrüdern und natürlich tollen Freunden.
Die letzten Gedanken werfe ich sofort wieder über Bord. Wie sollen wir eine richtige Familie sein, wenn ich mit einem meiner Stiefbrüder geschlafen habe? Genau, gar nicht. Sowas geht nicht, nichtmal in Filmen oder Büchern gibt es sowas.

„Ich bin wirklich heilfroh, dass wir den Umzug hinter uns haben und jetzt alle hier stehen. Zur Feier des Tages und als Dankeschön, dass ihr alle geholfen habt, habe ich euch Pizza bestellt und Joachim hat Getränke geholt. Ich hoffe, das ist das richtige" ,sagt meine Mutter stolz, als wir alle in unserem neuen Haus stehen. Außer ich hat jeder unserer Freunde geholfen, sogar Jacky hat sich beteiligt, obwohl ich mit ihrem Freund geschlafen habe. An ihrer Stelle hätte ich mir so richtig eine reingehauen.
„Macht es euch im Garten bequem, dort ist alles vorbereitet. Wir werden essen gehen und es könnte später werden" ,fügt Joachim der Rede meiner Mutter hinzu.
Alle verabschieden sich von ihnen und verschwinden im Garten, bis auf mich. Ich habe ein schlechtes Gewissen und muss ihr einfach erzählen, dass ich mich vor der Klausur gedrückt habe.
„Mama, können wir kurz reden?" ,frage ich ein wenig bedrückt. Joachim will gerade gehen, doch ich halte ihn auf, „Du kannst ruhig bleiben. Irgendwie sind wir ja jetzt.." ich kann diesen Satz einfach nicht beenden aber ich denke er weiß, was gemeint ist, denn er nickt lächelnd.
„Ich weiß es schon. Sie haben heute angerufen" ,sagt meine Mutter plötzlich.
Völlig perplex schaue ich sie an, „Wie? Aber..Was?" mehr bringe ich nicht heraus.
„Sie haben angerufen und gesagt, dass du einfach abgehauen bist.." sie ist weder aufgebracht, noch wütend oder sonst irgendwas. Sie ist die Ruhe in Person.
„Und du bist nicht sauer?"
„Schatz ich bitte dich. Ich wäre nicht deine Mutter, wenn ich das nicht hingebogen hätte" ,lacht sie.
„Was? Danke Mama.." ich würde mich so gerne mehr freuen doch ich kann einfach nicht. Es geht nicht und das tut mir unfassbar leid.
„Ich habe ihnen die Wahrheit gesagt. Ich habe gesagt, dass deine Depressionen wieder schlimmer werden und du momentan einfach am Ende bist. Deine Lehrerin hat gesagt, dass es ihr auch schon aufgefallen ist und hat dir einen Nachschreibe Termin besorgen können" man sieht, wie stolz sie auf sich selbst ist und das kann sie auch sein. Ich bin genauso stolz auf sie, wenn nicht sogar noch mehr.
„Aber es gibt einen Haken" ,spricht nun Joachim. Natürlich, wieso sollte mir auch etwas gutes passieren, ohne dass es einen Haken gibt?
„Du nimmst dir Nachhilfe. Der Termin ist in zwei Wochen und wir haben dir schon einen Nachhilfe Lehrer organisiert" ,fährt er fort.
Ich verdrehe meine Augen. Ich weiß, ich sollte dankbar sein und irgendwo bin ich das tatsächlich auch aber ich stecke gerade in einer Phase meines Lebens, in der ich mit niemandem reden möchte und jetzt muss ich auch noch Nachhilfe bei irgendeinem Typen nehmen, mit dem ich vermutlich nicht mal klarkommen werde.
„Na gut. Wenn es sein muss" ,seufze ich und zucke mit den Schultern, „Ich gehe dann mal in mein Zimmer, viel Spaß euch". Sie schauen mich verwirrt an. Dachten die jetzt wirklich, dass ich mich zu den anderen nach draußen setze und so tue als wäre nichts? Außerdem ist Juli dort und der ist der letzte, dem ich heute begegnen möchte.
„Ich weiß, erfreut bist du nicht aber willst du denn nichtmal wissen, wer dir die Nachhilfe geben wird?" ,fragt Joachim, während er sich seine Jacke überzieht.
„Okay" ,antworte ich schulterzuckend.
„Ehm, Entschuldigung? Ich brauche etwas zum kühlen, Nerv ist umgeknickt" ,ertönt eine Stimme hinter mir.
„Ach wie passend, da ist er ja!" ,ruft meine Mutter fröhlich.

Hello again Friends.
DANKE FÜR FUCKING 30K!!😍😩❤️
Tut mir leid, dass so wenig von mir kommt aber ich mache momentan eine schwierige Zeit durch, ich hoffe ihr versteht das.
Übrigens habe ich gestern einen one (oder two, steht noch nicht fest) Shot veröffentlich, der meine momentane Situation denke ich ganz gut beschreibt, ihr könnt ja mal vorbei schauen wenn ihr Lust habt.
Wie hat euch das Kapitel gefallen? Was denkt ihr wer Friedas Nachhilfe Lehrer wird?
Bis zum nächsten mal, Love you <3

Die Tränen, die du trocknetest. | dwkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt