Kapitel 29

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„Herein?"
Die Tür öffnet sich und mein Zwillingsbruder tritt ein.
„Bist du noch wach?" ,fragt er flüsternd.
„Nein Joschka, ich rufe dich im Schlaf herein" ,antworte ich lachend.
Er lässt sich auf mein Bett fallen, in der Hand hält er eine kleine Schachtel.
„Kann ich dich was fragen?" ,fragt Joschka nervös.
„Klar" ,antworte ich während ich in meinem Schrank nach Klamotten zum schlafen suche.
„Aber du musst ehrlich sein!"
„Joschka ich bin immer ehrlich"
„Stimmt, manchmal zu ehrlich"
„Ja los, sag schon. Was ist?"
„Schau, die hier wollte ich Klette zum Geburtstag schenken.." Er öffnet die Schachtel und holt eine Kette heraus, an der ein kleiner Stein als Anhänger befestigt ist. „Meinst du, sie wird sich freuen?"
„Zeig mal" Ich hänge mir meine Klamotten über den Arm und nehme ihm die Kette aus der Hand. Der Stein, der daran hängt ist richtig schön. Es ist ein Rubin, das erkenne ich sofort, der Geburtsstein des Monats Juli.
„Und wie sie sich freuen wird!"
„Bist du dir sicher?"
„Ganz sicher Joschka. Wie kommst du denn eigentlich auf so eine gute Idee?"
„Naja als wir uns getroffen haben um an der Erfindung zu arbeiten, hat sie mir erzählt, dass sie deine Kette gesehen hat und sie total schön findet. Ich habe ihr dann das erzählt, was du mir seit Jahren erzählst, wenn ich dich nach dieser Kette frage"
„Was hast du ihr denn darüber erzählt?"
„Du willst es wirklich testen ob ich zugehört habe?" ,lacht er.
Ich nicke und er beginnt wieder zu erzählen, „Ich habe gesagt, dass das ein Saphir ist. Der Geburtsstein des Septembers weil wir ja am ersten September Geburtstag haben. Außerdem habe ich erwähnt, dass diese Kette dir unendlich wichtig ist und dass ich die gleiche habe aber nie trage"
Ich bin erstaunt, er hat mir also wirklich einmal bei einer Sache aufmerksam zugehört.
„Und, was hat sie dann gesagt?"
„Sie hat gefragt ob ich weiß, was ihrer ist. Ich habe gesagt, dass sie dich fragen muss weil ich keine Ahnung von sowas habe"
„Und woher weißt du dann jetzt, dass der Rubin ihr Geburtsstein ist?"
„Also ehm.." er wirkt sehr nervös, zu nervös für seine Verhältnisse. Sehr verdächtig. Das erinnert mich immer an früher, als wir noch klein waren. Jedes Mal wenn er früher irgendwas kaputt gemacht oder genommen hat ohne zu fragen, hatte er diese Nervosität und diesen Tonfall drauf.
„Ich habe ganz vielleicht möglicherweise, natürlich ganz aus Versehen dein Buch über Edel- und Heilsteine mitgenommen und solange gelesen, bis ich rausgefunden habe, welcher ihrer ist" Irgendwie ist das ja total süß und ich kann nichtmal sauer auf ihn sein, dass er einfach in meinem Zimmer war ohne zu fragen.
„Du hättest mich auch einfach fragen können, ich hätte es dir direkt sagen können"
„Dann hätte ich mir aber doch gar keine Mühe für ihr Geschenk gegeben"
Dieser Satz war jetzt fast genauso süß, wie dass er extra ein Buch für sie gelesen hat.
„Hat es einen bestimmten Grund, dass du dir so viel Mühe für ihr Geschenk machst?" Ich weiß genau, dass er mir seine Gefühle für sie nicht gestehen wird aber wenn ich ehrlich bin, würde sogar ein blinder sehen, was er für sie empfindet.
„Nein, wir sind gute Freunde, da macht man sowas doch"
„Joschka wen willst du verarschen? Du hast dir nicht mal für mich so viel Mühe gegeben"
„Hey! Ich hab dir das Buch gekauft, was du unbedingt haben wolltest. Sogar von der Autorin signiert"
„Möchtest du wirklich so tun, als hätte Mama das nicht bestellt und dir dann als Geschenk für mich aufs Auge gedrückt?"
„Ja ist ja gut"
Ich breche in ein kurzes Gelächter aus, es ist einfach zu lustig wie er sich immer wieder versucht aus Sachen rauszureden, die doch so offensichtlich sind.
„Also, was ist der Grund?"
„Frieda du bist neugierig! Es gibt keinen Grund und ich werde jetzt schlafen gehen, gute Nacht" ,nervös macht er sich auf den Weg zu meiner Zimmertür.
„Joschka?"
Er dreht sich noch einmal zu mir um und schaut mich fragend an.
„Du hast die Kette liegen gelassen" ,lache ich und werfe ihm die Schachtel mit der Kette zu.
„Ja, eh, danke. Gute Nacht"
Schon verschwindet er aus meinem Zimmer und ich kann mich endlich umziehen.

Bevor ich mich schlafen lege fällt mir ein, dass ich die anderen noch bis morgen nach ihren Getränkewünschen fragen soll.
Elena wird Marlon mit Sicherheit fragen, deswegen lasse ich ihn raus. Markus und Leon werde ich einfach morgen während der Schicht fragen.
Zu erst schreibe ich Deniz, welcher der erste in der Kontaktliste ist. Danach folgen Fabi, Jojo, Maxi, Raban und Vanessa.
Sie scheinen alle noch wach zu sein, denn ich bekomme von jedem nach nicht einmal zehn Minuten eine Antwort, welche ich mir sofort notiere.

Wie gehts dir? Hast du dich von heute Nachmittag erholt?
Es wundert mich sehr, Maxis Namen auf dem Bildschirm zu lesen, als ich im Halbschlaf auf mein Handy schaue, welches mich geweckt hat.
Mir geht es gut, Dankeschön. Wie geht es dir?
Das freut mich. Mir gehts auch gut, ich wollte nur wissen, ob es dir wieder besser geht.
Ich bin so unfassbar unsicher, dass mein Kopf sofort darüber nachdenkt, wieso er mich das fragt. Ich meine er meldet sich einfach so aus dem nichts, das hat er noch nie getan.
Wieso interessiert dich das? Tippe ich als Antwort, auf seine Nachricht.
Ich habe mir einfach Sorgen um dich gemacht weil du in meinem Auto ununterbrochen geweint hast Frieda, ist das so schlimm?
Wieso macht er sich Sorgen um mich? Er kennt mich doch kaum. Jetzt, wo ich genauer drüber nachdenke fällt mir auf, dass keiner hier mich genau kennt. Seit ungefähr zwei Wochen verbringe ich jeden Tag mit ihnen, habe schon zweimal mit einem von ihnen geschlafen und hatte mehr Körperkontakt mit ihnen in zwei Wochen, als normalerweise in einem Jahr. 
Ich beschließe Maxi einfach nur mit einem okay zu antworten.

Meine Gedanken und Gefühle überrumpeln mich mal wieder und ich beschließe etwas zu tun, was ich schon Ewigkeiten nicht mehr getan habe.
Ich öffne die Schublade meines Kleiderschranks, in welcher meine Socken gelagert sind. Ich wühle ein wenig rum um mein Tagebuch zu finden. Ich bin mir zu hundert Prozent sicher, dass ich es immer hier versteckt habe doch es ist einfach nicht mehr da. Das einzige was ich finde, ist ein Foto von mir und meinem Ex-Freund Dominik.
Mir schießen sofort Tränen in die Augen, als ich es genauer betrachte. Es wurde drei Tage vor der Trennung geschossen und wir sehen auf dem Foto so unfassbar glücklich aus. Ich verstehe bis heute nicht, wieso er mich verlassen hat.

Ich schnappe mir einen Zettel als Tagebuchersatz und setze mich zurück auf mein Bett. In meine Wolldecke eingerollt und mit dem Teddybär im Arm, den ich von Dominik zum letzten Geburtstag bekommen habe beginne ich zu schreiben und meinen Gefühlen freien Lauf zu lassen.

Liebes Tagebuch, wobei lieber Zettel passt besser, oder?
Wie auch immer, ich weiß momentan nicht wohin mit meinen Gefühlen.
Mir ist gerade beim anschauen des Fotos klargeworden, dass ich doch nicht so ganz über die Trennung hinweg bin, wie ich anfangs dachte. Unsere Bilder zu sehen, zu sehen wie wir glücklich waren ist immer noch unfassbar schwer. Er hat mich zutiefst verletzt und ich weiß bis heute nicht warum aber ich vermisse ihn schon ein wenig.
Ich habe mit Leon geschlafen, mehrmals. Ich habe es getan, obwohl ich wusste, dass unsere Eltern ein Paar sind. Am Anfang war mir klar, dass wir beide nur unseren Spaß miteinander haben würden und danach niemand mehr darüber reden wird, allerdings hat es sich ganz schlecht entwickelt. Ich kann nicht mehr aufhören an ihn zu denken. Ich meine er wird mein Stiefbruder, das geht gar nicht, das ist vollkommen verrückt und abgedreht.
Ich fühle mich immer noch unfassbar schlecht, wegen der Sache mit Markus und Jacky aber ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich habe keinerlei romantische Gefühle für Markus, er ist wie ein bester Freund und es fühlt sich an, als würden wir uns schon verdammt lange kennen. Irgendwo tun wir das ja auch, allerdings haben wir nie Zeit miteinander verbracht. Er war immer bei meinen Brüdern und ich bei meinen Freundinnen, so wie das mit allen anderen auch war.
Vielleicht, sollte ich mich wieder von ihnen distanzieren um das alles wieder gerade zu biegen. Ich hoffe, dass sich alles wieder ein wenig zum guten wendet, sobald die Schule wieder beginnt. Dadurch werden wir dann alle abgelenkt und haben bestimmt nicht mehr so viel Zeit für einander.
Elena und ich haben heute beschlossen, dass ich das mit Leon morgen beenden werde. Ich habe ein wenig Angst davor aber er bedeutet mir nichts, ein wenig vielleicht schon, aber nicht in dem Sinne.
Ich schaffe das schon irgendwie.

Hello Friends, es tut mir wirklich leid aber ich musste meine Obsession mit Heilsteinen und Kristallen einfach einbauen😩😂
Ich fand den Moment zwischen Joschka und Frieda einfach richtig gut aber Frieda tut mir  immer noch total leid wegen Leon..

Die Tränen, die du trocknetest. | dwkWo Geschichten leben. Entdecke jetzt