Kapitel 3: Bürogeflüster

3.8K 149 136
                                    

Du betrittst Johanssons Büro. Dein Herz schlägt laut. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch. Neben ihr liegen einige Blätter. Auf der anderen Seite leuchtet ihr Computer Bildschirm. Dieser gibt einen Ton von sich. Vermutlich eine eingehende Email.

"Setzen Sie sich" Ihr Ton ist ruhig, aber bestimmt. Miss Johansson deutet auf einen der zwei Stühle, die vor ihrem Schreibtisch, ihr gegenüber, stehen. "Danke." Du setzt dich und wischt dir deine feuchten Hände an deiner Hose ab.

"Also Miss Jane" Sie spricht langsam. Du kannst nicht deuten, worauf sie hinaus will. "Ich vermute, ich habe Sie bislang immer in ungünstigen Momenten zu Gesicht bekommen."

Sie lächelt leicht und dein Herz setzt aus.

Du denkst an eure erste Begegnung vor der Damentoilette, wo du sie übern Haufen gerannt hast und an den gestrigen Versuch leise von ihrem Büro wegzuschleichen, während du dabei eine Vase umgeworfen hast.

"Wobei, an Ihren knienden Anblick vor meinen Füßen könnte ich mich gewöhnen..." Dir schießt die Röte ins Gesicht.

Du denkst im ersten Augenblick, dass du dich verhört hast.

Ihr schiefes Grinsen auf den Lippen lässt dich allerdings sicher gehen, dass noch alles gut mit deinen Ohren ist. "Wie bitte..?"

Miss Johansson lacht kurz. "Das kam vermutlich komisch herüber. Verzeihen Sie. Ich meine, welchem Chef würde es nicht gefallen, wenn seine Angestellten vor ihm auf die Knie fallen." Sie räuspert sich.

Du siehst sie verwundert an. Was war das für eine Andeutung?

"Miss Jane, der eigentliche Grund für ihr Kommen ist folgender..."

Deine Hände fangen an zu kribbeln und deine Kopfschmerzen kehren mit voller Wucht zurück, während dein Gehirn noch an Miss Johanssons Wörtern "kniend" und "kommen" hängen geblieben ist und versucht daraus eigene Gedanken zu produzieren.

Du zwingst dich ihr zuzuhören und drängst sämtliche Gedanken, die kniend zwischen ihren Beinen beinhalten, beiseite.

"Ich habe Ihren Bericht gelesen"

"Ja...?" Du siehst sie zum ersten Mal seitdem du den Raum betreten hast direkt an.

Ihre grün leuchtenden Augen liegen auf dem Bericht in ihren Händen. "Mir gefällt Ihr Ansatz."

Noch immer sieht sie auf die Blätter und scheint einige Sätze zu überfliegen. Deine Unsicherheit beginnt zu schwinden.

"Ich möchte ehrlich zu Ihnen sein" Miss Johansson sieht dich nun direkt an. Du erstarrst. "Bei unseren letzten Begegnungen hatte ich von Ihnen nicht den Eindruck, als seien Sie eine fähige Mitarbeiterin. Sie verhielten sich eher wie,... wie soll ich sagen? Ein scheues Reh."

Autsch. Du wusstest, dass dein Verhalten eher unbeholfen und tollpatschig gewirkt haben musste. Aber es aus ihrem Mund zu hören, war trotzdem etwas Anderes.

Du konntest schließlich nicht zugeben, dass dich ihre Anwesenheit um die Fassung bringt, oder?

"Nunja. Das ist bislang unglücklich gelaufen." Du überlegst, was klug wäre nun zu sagen.

"Genau, Miss Jane. Unglücklich." Sie greift deine Formulierung auf und fährt fort.

"Nichts desto trotz habe ich gesehen, dass mehr hinter diesem ersten Eindruck steckt. Ihr Bericht ist gut, Ihre Argumentationskette schlüssig. Sie beziehen einige namenhafte Unternehmen in Ihre Untersuchung mit ein. Das gefällt mir."

Und sie gefällt dir.

Miss Johansson ist für einen Moment still. Du hoffst, dass du dies nicht eben laut gesagt hast- Hast du nicht, oder?

Miss JohanssonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt