Kapitel 40: Schonungsloser Dienstag

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"Vielleicht bin ich dir eine Erklärung schuldig.."

Du ertappst dich selbst dabei, wie du sagen willst, dass alles gut sei. Du verkneifst es dir.

"Ich hätte früher kommen können.."

"Aber...?" Aber sie wollte nicht? Wieso?

Johansson legt seufzend ihre Gabel beiseite und richtet ihre Aufmerksamkeit auf eine Nudel vor ihr. "Aber ich hatte.. Panik, ich wusste, dass ihr zwei hier sein würdet, in meinem sonst so einsamen Palast."

Warum sagt sie das als wäre es etwas schlechteres? Heißt das du sollst gehen? Dass sie dich eigentlich gar nicht hier haben wollte? Ein Kloß bildet sich in deinem Hals.

"Und ich weiß auch nicht.. Mir kam in den Sinn, wie Yelena und ich früher immer auf Dad warten mussten und jedes mal aufs Neue enttäuscht wurden."

"Und da dachtest du, machst du es genauso?!" Du erinnerst dich an Yelenas Tränen...

"Nein! Ich wollte zu euch fahren, aber..." Johansson schluckt schwer. "Irgendwie konnte ich nicht.. Ich schätze ich bin ihm ähnlicher, als gedacht."

Es tritt Stille ein. Johansson schiebt eine Erbse von links nach rechts über ihren Teller.

"Weißt du, was ich denke?" Du bist nicht sicher, ob sie deine Meinung interessiert, aber..

"Hm?"

.. Du musst es tun, für Yelena!

"Ich denke das ist eine ganz schwache Ausrede." Du schließt die Augen. "Du behauptest, wie dein Dad zu sein und versteckst dich hinter Selbstmitleid und dem Irrglauben so handeln zu müssen, wie er, weil du ihm ähnlich bist, wie du sagst..."

Du atmest tief durch.

"Sicher werden wir alle von unserem Umfeld mehr oder weniger beeinflusst. Jeder übernimmt glorreiche Charakterzüge derer, die uns prägen, zu denen wir aufsehen. Genauso übernehmen wir manche ihrer Fehler, teils bewusst, teils unbewusst... und geloben sie nicht zu wiederholen, was wir meist doch tun..."

"Aber letztendlich sind wir eigenständige Menschen, die es selbst in der Hand haben, wie wir uns entwickeln. Zu wem wir schlussendlich werden."

"Ob wir die Fehler wiederholen und die Geschichte genauso weiter schreiben, wie wir sie bereits kennen, mit dem gleichen traurigen Ende, dass auch uns wiederfahren ist... Oder...."

Nun siehst du Johansson direkt an.

"... oder ob wir unsere eigene Geschichte schreiben, mit eigenen Fehlern und eigenen Glückseligkeiten, ein Leben zu der wir eine Symphonie komponieren und deren Dirigent wir werden." Wow woher kam das jetzt?

Johanssons Blick ist noch immer auf das Essen vor ihr gerichtet, das sie nicht weiter angerührt hat. "Du fragst, also ob ich zu einem Arsch werde..."

"Ich frage dich nicht. Das musst du selbst entscheiden, aber du solltest fair sein! Nicht wegen mir, sondern wegen Yelena. Sie ist wegen dir hier und du versteckst dich hinter Ausflüchten."

Wieder prasseln die Ereignisse des heutigen Tages auf dich ein.

"Puh.. schonungslos."

Du ziehst eine Augenbraue hoch, Johansson blickt dich an.

"Nicht schonungslos. Nur ehrlich. Und hat nicht jeder Ehrlichkeit verdient? Auch..."

"Yelena? Ja...Der Wink mit dem Zaunpfahl ist angekommen."

Sie grinst leicht.

"Sicher? Ich kann auch noch den ganzen Zaun hinterher werfen."

"Ohja, daran habe ich keine Zweifel... du bist in Fahrt."

Miss JohanssonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt