Kapitel 60: Vorwürfe

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Du betrittst die Bäckerei, aus der Küche strömt bereits leckerer Plätzchengeruch. Schnell rufst du Debby ein Guten Morgen zu, welche emsig am backen ist und verschwindest in den angrenzende Mitarbeiterraum, der zeitgleich dein Arbeitsplatz ist.

Du stellst deine Sachen ab und nimmst einen Schluck von deinem Kaffee aus dem Thermobecher.

Letzte Nacht kam Johansson erst spät nach Hause. Du lagst bereits im Bett und hast an die Decke gestarrt und gewartet. Wo sie so lange war, weißt du nicht. Sie ging direkt duschen und als sie zu dir ins Bett kam, hat sie sich wortlos an dich geschmiegt.

Du hast dich auch nicht getraut zu fragen.

Obwohl du es nicht willst, kreisen tausend Szenarien in deinem Kopf herum... Szenen von ihr bei jemand anderem... Zu tief sitzt die Angst, dass sich vergangenes wiederholen könnte.

Zu sehr hat dich das Ereignis Carol mit einer anderen zu erwischen in dein Gedächtnis gebrannt.

Oder Szenen mit diesem Juán, der ihr aufgelauert haben könnte... Ihr etwas angetan haben könnte... Ihr gedroht haben könnte... Du weißt so gut wie gar nichts über diesen Kerl.

Johansson spricht nicht viel von ihm, was du verstehen kannst. Dennoch beunruhigt dich allein der Gedanke an ihn.

Alles in allem sprecht ihr in letzer Zeit sowieso wenig. Seit eurem Streit, bei dem sie dich mehr als deutlich hat spüren lassen, wie wenig sie von deinem jetzigen Job hält.

Sicherlich, ihr hattet im Anschluss Sex... Allerdings ändert das nichts daran, wie wenig sie von deiner Tätigkeit hier hält. Seufzend setzt du dich auf den Stuhl.

Viel wichtiger ist, was hälst du von deinem Job? Du bist zu stolz, um offen mit ihr darüber zu reden. Ihre manchmal arrogante Art macht es nicht einfach... Dafür ist sie in einem ganz anderen Umfeld aufgewachsen als du.

Dir wurde nichts in die Wiege gelegt, du musstest mehrere Jobs annehmen, um überhaupt deine Ausbildung finanzieren zu können. Von einem Studium konntest du nur träumen.

Sicher, dir macht die Arbeit Spaß, aber sie erfüllt dich nicht. Dennoch hast du keine Wahl. Du checkst bereits regelmäßig den Stellenmarkt, der noch immer sehr ernüchternd aussieht.

Deine endgültige Kündigung hast du eingereicht, bislang jedoch noch keine Bestätigung erhalten. Und so startest du in den Tag und fährst dein Laptop hoch.

Heute stünde ein Telefongespräch mit einer Modelagentur an, die für eure Buttercreme Törtchen werben soll. Du hast bereits einige freie Plakate überall in der Stadt gebucht, auf denen dann ihr Gesicht und eure Törtchen zu sehen sein werden.

Du beantwortest die Mail des Agenten, als Stella herein kommt.

"Guten Morgen Y/n."

"Morgen Stella."

Stella ist die gute Fee hinter dem Tresen. Sie hat stets gute Laune und kann super mit den Kunden umgehen. Lächelnd stellt sie ihre Tasche ab und bindet sich eine Schürze um die Taille. Ihr blondes Haar bindet sie zu einem Pferdeschwanz zusammen.

"Bereit die Welt mit Leckereien zu bereichern?"

Du lächelst. Diese Frage stellt sie dir täglich, dieses Wortspiel ist fast zu eurem Ritual geworden. "Allzeit bereit."

Strahlend verlässt sie den Mitarbeiterbereich und macht sich daran das Gebäck in die Ablagen zu sortieren und die uralte Kaffeemaschine in Gang zu setzen bevor die ersten Kunden kommen.

Du widmest dich wieder deiner Aufgabe bis Debby herein kommt und sich neben dich mit einem Kaffee fallen lässt.

"So, Erdbeertörtchen und Haselnuss Maronen sind im Ofen."

Miss JohanssonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt