20~Lichtblick

1.2K 102 10
                                    

Nun waren es nur noch Freudentränen, die meine Augen verließen.

„Emi, du wirst Mama!!" schrie ich mit Glück gefüllt. In ihrer Mimik war jedoch keine Spur von Freude zu sehen.
„Freust du dich denn gar nicht?" fragte ich verwundert.

„Doch... also eigentlich... also bis eben schon." schluchzte sie vor sich hin, sodass ich Schwierigkeiten hatte, sie zu verstehen.

„Hör zu, Emi. Ich werde das schon packen. Der Arzt hat gesagt, dass ich gute Chancen habe." sprach ich, um sie zu beruhigen, obwohl ich es genauso nötig hatte.

„Oh, Harry." weinte sie und schloss mich in ihre Arme.

„In welcher Woche bist du?" Ich war wirklich so glücklich, wie lange nicht mehr. Der Rest der Welt spielte plötzlich keine Rolle mehr.

„In der vierzehnten." antwortete sie, wobei sie auch endlich lächeln musste.

„Emi, ich freu mich so für euch." sprach ich, voller Vorfreude auf das Kind.

„Danke, Harry." antwortete sie, wieder etwas traurig.
„Man, Harry! Das kann doch alles nicht sein." schluchzte sie erneut.

„Emily, hör zu... ich weiß, dass das alles jetzt so Plötzlich kommt und ich will dir dein Glück wirklich nicht zerstören. Du bist schwanger! Und du konzentrierst dich jetzt auf dein kleines Wunder, okay?" sprach ich, während ich ihre Hände hielt. Meine Cousine nickte daraufhin und wischte sich die Tränen mit ihren Handflächen weg. Insgeheim wollte ich mir vielleicht auch einfach selbst einreden, dass das alles halb so schlimm werden würde.
Das Klingeln meines Handys lenkte die Aufmerksamkeit auf sich. Louis...
Schnell legte ich mein Handy wieder auf die Ablage und wandte mich wieder meiner Cousine zu.

„Wer war das?" fragte sie neugierig.

„Nicht wichtig. Wie lange bleibst du hier?" versuchte ich, von Thema abzulenken.

„Ich muss heute Abend wieder gehen. Antoine holt mich um achtzehn Uhr ab, weil ich morgen einen Termin beim Frauenarzt habe." antwortete sie, wobei sich wieder ein kleines Lächeln bildete, als sie den Frauenarzt erwähnte.

„Okay." lächelte ich.
Das Klopfen der Tür durchbrach unser Gespräch und Dr. Horan betrat mit einem kleinen Wagen das Zimmer.

„Guten Tag. Schön, dass Sie Besuch haben. Ich bin Mr. Styles' behandelnder Arzt. So... Sie bekommen jetzt einige Medikamente, bevor die Chemotherapie beginnt." sagte er mit beruhigender Stimme, die mir allerdings auch nicht viel brachte.
Also setzte ich mich wieder auf das Bett, während der Arzt an dem Wagen mit Medikamenten tüftelte.
„Zu Ihrer ersten Chemo dürfen Sie gerne Ihren Besuch mitnehmen. Das wird Ihnen helfen." sagte er und lächelte uns freundlich an.
Dr. Horan gab mir noch einige Informationen und verließ daraufhin das Zimmer.

„Emily, du musst nicht hier bleiben. Mach dir doch einen schönen Tag mit Antoine." sagte ich mit rauer Stimme. Ich wollte die, eigentlich schönste Zeit ihres Lebens, nicht verderben.

„Nein, Harry. Ich bleibe hier." antwortete sie. Um ehrlich zu sein fiel mir bei der Aussage ein Stein vom Herzen, denn alleine zu sein war jetzt wirklich das Letzte, was ich wollte.
Dann klopfte es schon wieder und eine Krankenschwester mit schulterlangen, braunen Haaren betrat das Zimmer.

„Guten Tag. Ich werde Sie zur Chemo begleiten." sprach sie und löste die Bremsen meines Bettes. Das Namensschild, welches an ihrem Oberteil hing, verriet mir, dass die Frau 'Mrs. Malik' hieß.
Kurze Zeit später und nur ein Stockwerk weiter unten, kamen wir auch schon in dem beängstigenden Raum an. Man merkte, dass das Zimmer fröhlich aussehen sollte, durch die ganzen bunten Farben. Allerdings war mir das Zimmer vom ersten Augenblick an schon unsympathisch. Meine Cousine nahm auf dem Stuhl, welcher sich neben meinem Bett befand, platz und nahm direkt meine Hand in ihre. Mrs. Malik erklärte mir noch einige Dinge und versuchte, mich mental auf die kommende Situation einzustellen.

„Mr. Styles. Ich weiß, dass Ihr Leben von einem auf den anderen Moment umgekrempelt wurde. Aber ich kann Ihnen nur raten, Ihre Haare vor der nächsten Chemo abzurasieren. Der Prozess des Haarausfalls ist um einiges schlimmer, als es direkt durchzuziehen. In ein paar Tagen würden sie sowieso ausfallen." erklärte sie mit bedrückter Stimme. Der Gedanke, dass ich schon bald keine Haare mehr haben würde, ließ einen kalten Schauer meinen Rücken hinab laufen. Ich liebte meine braunen Locken doch so.
„Sind Sie bereit?" riss sie mich aus meinen Gedanken. Ich nickte, obwohl ich alles andere als bereit war. Dennoch würde es nichts bringen, wenn ich die Frage verneinen würde, denn ich müsste es so oder so durchziehen und ich wollte es so schnell wie möglich hinter mir haben. Ich schluckte schwer bei dem Gedanken, wie es mir bei der Chemotherapie ergehen würde. Filme haben schon ziemlich gut dargestellt, was das alles mit sich bringt, weshalb meine Aufregung noch mehr anstieg.
Mein Körper zitterte und mein Mund wurde ganz trocken, als wäre ich zwei Tage in der Sahara gewesen. Ich ließ meinen Kopf in das Kissen fallen und beobachtete die überordentlich interessante Decke.
Zwanghaft ließ ich es über mich ergehen und keine halbe Stunde später merkte ich auch schon die Nebenwirkungen der Chemo. Emily sah an meinem Blick, dass es mir nicht gut ging und hielt mir schnell eine Nierenschale entgegen. Sofort übergab ich mich. Einmal, zweimal, dreimal. So oft, bis mir sogar schon meine Galle hoch kam. Noch nie hatte ich mich so schlapp, energielos und abstoßend gefühlt wie in diesem Moment. Die Tatsache, dass meine Cousine alles mitbekam, machte es auch nicht wirklich besser. Tränen bildeten sich in meinen Augen, die ich nicht einmal kontrollieren konnte. Sie kamen einfach.
Nach einer gefühlten Ewigkeit betrat auch endlich ein Arzt das Zimmer und sprach den Satz aus, den ich jetzt bitter nötig hatte.

„So, Mr. Styles. Ihre Chemo ist vorbei." sprach er und entfernte die Nadel aus meinem Unterarm.
Als ich dann endlich wieder in meinem Zimmer war, atmete ich erleichtert aus. Meine erste Chemotherapie war geschafft. Das hörte sich immer noch alles zu unreal an.
Emily's Handy klingelte und sie sah zu mir hinüber, als würde sie um die Bestätigung bitten, dass sie rangehen konnte. Ich nickte und meine Cousine nahm ab.

„Bist du schon da?" fragte sie. Ich vermutete, dass Antoine mit ihr telefonierte. Wer denn auch sonst?
„Ja, ich komme gleich." sprach sie und sah mich bedrückt an.

„Danke, dass du heute hier warst." sprach ich, denn ich war ihr wirklich unendlich dankbar dafür.
Wir verabschiedeten uns und sie verließ das Zimmer.
Dann klingelte auch mein Handy und gab mir somit überhaupt keine Zeit, meine Gedanken freien Lauf zu lassen. Louis...

𝚂𝚞𝚗𝚏𝚕𝚘𝚠𝚎𝚛 ~ Larry Stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt