78~Licht

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Leise Musik drang durch meine Ohren und die Melodie kam mir so bekannt vor. Irgendwie entspannte es mich. Aber da war noch etwas. Ich hörte eine dumpfe Stimme, ohne die Worte verstehen zu können. Ich spürte eine Wärme, die aus meiner Hand ausging und sich in meinem gesamten Körper verbreitete und ein wohliges Gefühl in mir auslöste. Mit aller Mühe versuchte ich, meine Augen zu öffnen, doch es klappte nicht. Nach unzähligen gescheiterten Versuchen gab ich mich geschlagen und lauschte stattdessen dieser ruhigen Stimme, welche meine Muskeln wie Magie total entspannten.

„Ich liebe dich. Ich liebe dich mehr als alles andere und ich... ich bin so froh, dass die OP gut verlaufen ist." Für einige Sekunden blieb es still.
„Es tut mir so leid, dass ich das viel zu selten sage. Du bist für mich meine Welt. Du und Mia. Ihr seid meine Familie, auch, wenn das Papier anderes behauptet, aber das ist doch egal. Ich will mit dir mein Leben verbringen und nie wieder ohne dich sein." Ich spürte einen stärkeren Druck in meiner Hand und ein angenehmes Kribbeln befand sich in meinem Bauch. Noch einmal versuchte ich, meine Augen zu öffnen und tatsächlich. Es wurde total hell. So hell, dass ich sie daraufhin direkt wieder schließen musste. Also dachte ich, übte ich einfach etwas mehr Druck auf diese warme Hand aus, um zu zeigen, dass ich seine Stimme hörte. Doch irgendwie klappte es nicht so, wie geplant. Ich hatte keine Kraft und es fühlte sich alles irgendwie so... komisch an.
„Ruh dich aus." sprach er nun in ruhiger Stimme. Schlafen konnte ich nicht mehr, aber auch richtig aufwachen schien unmöglich. Noch einmal versuchte ich, meine Augen zu öffnen und es kam mir so vor, dass dieses Licht nun weniger hell war und deshalb auch um einiges angenehmer. Ich erkannte, dass eine Person neben mir war und das Gesicht auf meinem Unterkörper gelegt hatte, aber das Bild war total trüb und ich hatte Schwierigkeiten, meine Augen offen zu lassen.
Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich wieder in der Realität angelangt war und irgendwie auf mich aufmerksam machen konnte. Ich versuchte mich zu räuspern und tatsächlich. Er drehte sich ruckartig zu mir um und sah mich mit großen Augen an.
„Du bist wach!" Ich lächelte leicht und er drückte seine Lippen sanft auf meine. Ich erwiderte den Kuss, welcher so voller Liebe steckte.
„Wie geht's dir? Tut dir was weh? Willst du etwas trinken? Hast du-"

„Lou." durchbrach ich ihn mit kratziger Stimme und musste mich erneut räuspern.
„Ich brauche nichts, danke. Nur dich." Er ließ sich das nicht zweimal sagen und legte seinen Kopf auf meine Brust ab, allerdings auf die Seite, die von der Operation nichts abbekommen hatte.

Es verging etwas Zeit, bis ein Arzt hereinkam und nach den Rechten sah.

„Tut Ihnen irgendetwas weh?" fragte er und sah sich das Verband an. Ich schüttelte als Antwort meinen Kopf und sah zu Louis, welcher in der Ecke stand, um dem Arzt nicht im Weg zu stehen.
„Wenn alles gut läuft, dürfen Sie morgen schon gehen. Die Besuchszeit ist bis achtzehn Uhr, dann muss Ihre Begleitung leider gehen." fügte er hinzu und verschwand so schnell wieder, wie er gekommen war, da sein Pager piepte.

„Lou?" Er kam wieder zu mir ans Bett und sah mich fragend an.
„Kannst du Mia dann vielleicht heute bei Gemma abholen? Es tut mir leid, wenn ich dir so viele Umstände mache." sprach ich mit Schuldgefühlen geprägt. Ich meine, ich machte es ihm immer so viel schwerer, als es sein müsste.

„Natürlich, Haz. Wir sind doch eine Familie." Ich lächelte und er gab mir einen sanften Kuss. Familie. Ich werde vermutlich bis zu meinem Tod nicht begreifen können, dass ich eine eigene, kleine Familie hatte.

„Danke." hauchte ich und er legte seinen Kopf wieder auf die Höhe meiner Hüfte.

„Wenn das alles vorbei ist, können wir vielleicht dann wirklich auf Tour gehen. Wir. Zu dritt." träumte mein Freund vor sich hin und auch ich fand diese Vorstellung wunderschön. Zeit mit meinen Liebsten verbringen und dabei noch die magische Stimme meines Freundes hören. Das klang doch schon nach einer kitschigen Liebenschnulze.

Wir verbrachten Stunden, in denen wir einfach nur die Nähe des anderen genossen. Hin und wieder kam eine Krankenschwester und gab mir entweder Schmerzmittel oder kontrollierte einfach nur die Werte. Während Louis seelenruhig schlief, schnappte ich mir mein Handy und machte ein Foto von ihm auf mir, welches ich dann meiner Schwester, mit einer kurzen Nachricht, dass ich die OP gut überstanden habe, schickte.
Nach Monaten entschied ich mich mal wieder dazu, Sozial Media zu öffnen. Louis und ich hatten diese Seiten einfach eine Ewigkeit nicht mehr benutzt, weil wir uns von den News nicht beeinflussen lassen wollten. Ich ahnte schon, dass es unzählige Paparazzi Bilder geben würde, wo man uns beide erkennen würde. Aber dass es so viele waren, hätte ich wirklich nicht erwartet. Ich ging auf die Instagram Seite meines Freundes und las die Kommentare durch. Überall stand nur davon, dass er seine Fans auf dem laufenden halten sollte und ob die Gerüchte denn wirklich stimmten. Je mehr ich im Internet las, desto bewusster wurde ich mir, wie abhängig unsere Gesellschaft wirklich von Sozial Media war. Wir machten uns ein Bild von einem Menschen, die wie nie zuvor gesehen hatten, nur anhand von Gerüchten und den ganzen anderen Kram. Dieses ganze unechte Bild von Menschen, wie eigentlich keiner aussah, zerstörte unsere Gesellschaft so dermaßen.

Um nicht weiter den Glauben an unserer Menschheit zu verlieren, wechselte ich zu meiner Galerie und sah mir einige Fotos an. Hauptsächlich bestanden diese aus spontanen Schnappschüssen, welche ich von Louis oder Mia gemacht hatte. Meine Laune drehte sich um hundertachtzig Grad und je mehr ich hoch scrolle, desto älter wurden die Fotos. Dann sprang ein ganz besonderes Bild in mein Blickfeld. Emily und ich, wie wir ein Eis aßen und unsere Nasenspitzen ebenfalls etwas abbekommen hatten. Wie das Leben heute wohl ausgesehen hätte, wenn es nie passiert wäre?

Louis brummte etwas unverständliches vor sich hin, weshalb ich mein Handy ausschaltete und auf meinen Nachttisch legte.

„Guten Morgen, mein Sonnenschein." Er hob seinen Kopf und sah mich müde mit hochgezogenen Augenbrauen an. Hatte ich was falsches gesagt?

„Sonnenschein?" Ich lächelte, küsste seine Stirn und massierte seine Kopfhaut, woraufhin er sich genießerisch wieder fallen ließ.

„Du bist doch mein Lichtblick in der Dunkelheit." sagte ich leise und schlug mir innerlich selbst gegen die Stirn.

„Haben die dir irgendein Mittel gespritzt?" lachte er.
„Seit wann bist du so kitschig?" Ich wollte doch nur etwas Liebe zeigen.
„Ich liebe dich." hauchte er, nahm meine Wange sanft in seine Hände und gab mir einen kurzen Kuss.

Es klopfte an der Tür und eine Krankenschwester trat ein. Ich sah auf die Uhr und mir war klar, was das hieß.

„Die Besuchszeit ist leider vorbei. Sie müssen jetzt gehen." sprach sie zu Louis gerichtet. Er nickte und absichtlich verzichteten wir auf einen Kuss, da man ja nie wusste, wie andere Menschen damit umgingen. Also formte er mit seinen Lippen nur ein 'Ich liebe dich' und trat dann aus dem Zimmer. Damit gab ich mich zufrieden und ließ meinen Kopf in das Kissen fallen. Ich steckte mir Kopfhörer in die Ohren und genoss die Stimme meines Freundes.

𝚂𝚞𝚗𝚏𝚕𝚘𝚠𝚎𝚛 ~ Larry Stylinson Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt