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Der Morgen dämmert regnerisch an diesem Tag im Spätsommer. Dicke Wolken ziehen von Norden heran und verheißen mit dumpfen, wenn auch bislang fernen Grollen, Blitz und Donner ein nahendes Gewitter. Ungünstige Bedingungen für einen Kampf, aber dennoch befahlen uns die Heerführer, noch während der späten Nachtstunden aufzubrechen.Die Berghänge des Nebelgebirges schimmern silbern im Frühlicht und erheben sich steil zu hohen Gipfeln, deren immerweiße Spitzen in das Grau des Himmels stoßen. Das sanft-hügelige, grasige Vorland liegt still, nur einige Vögel, die in den üppig grünen Bäumen erwachen, zwitschern ihre Guten-Morgen-Lieder.
Ich spüre die Anspannung der Krieger um mich herum. Sie unterscheidet sich nicht von der meinen. Irgendwo dort zwischen den Felsvorsprüngen, die weit in die Landschaft ragen, liegt der Eingang zu einem großen Orknest. Das Letzte, aus dem dieses Gesindel beständig strömt, um das Land zu zermürben. Besiegen wollen wir die Feinde mit den im Abendrotgebirge erprobten Taktiken, sie mit unserer bloßen Anwesenheit provozieren, damit sie hinauskommen, sowie sie notfalls in ihren eigenen Höhlen überraschen und bekämpfen. Jedoch viel mehr Menschen als Zwerge gehören nun zum Heer. Die Rohirrim sind wahrlich gute Krieger, beritten wie auch zu Fuß, indes ihre Erfahrungen darin angesichts der Enge und Dunkelheit unter Tage zu kämpfen, sind gering. Heraus auf offenes Feld müssen wir die Orks daher unbedingt zahlreich wenn nicht vollständig locken. Gelingen soll dies mit einer bisher noch nicht eingesetzten Methode, dem Ausräuchern. Diverse Nebeneingänge – kleine, große, schmale, dreckige, ekelerregend stinkende - führen ebenso in die Höhle. Einige Kundschafter beobachteten diese in den zurückliegenden Tagen und stellten fest, kaum werden sie benutzt. Daher ungestört und ungesehen konnten wir hohe Haufen aus feuchtem Tannenholz direkt vor ihnen auftürmen. Zusätzliche dazwischen gestopfte Stofflumpen, allerhand Unrat und Nadelzweige, sollen die Rauchentwicklung fördern.
Auf ein Zeichen der Anführer warten die dort mit Fackeln bereitstehenden Krieger nun. Sobald die ersten Sonnenstrahlen die hohen Baumwipfel des nahen Waldes überwunden und das Feld vor uns bescheinen, soll dieses gegeben werden. Jedoch weiterhin Wolken verschlucken beinahe gänzlich die Helle des Morgenlichts. Orks verabscheuen es, da ihre dunklen Seelen und Leiber von jeglichem natürlichen Licht geschwächt werden. Solcherart, die allzeit in den Abgründen von Gebirgen hausen und sich nur zur absolut schwärzesten Stunde der Nacht heraustrauen, grollen sogar Sternenlicht. Noch keinen von ihnen habe ich je gesehen, aber ihre Augen sollen aberwitzig riesig sein, so wie die von Eulen, jedoch von einer Farbe wie das Wasser eines Höhlensees und ihre Hässlichkeit, so heißt es, übertrifft selbst die eines verwesenden Orks.
Ich wende den Blick nach Norden. Blitze erhellen den Horizont und das ferne Rauschen von herniederprasselnden Regen ist vernehmbar. Ibzig zu! Die Nässe wird die Feuer löschen, kaum dass sie entzündet wurden. Sigrun und Bofur neben mir betrachten die heraufziehenden regenschweren Wolken ebenso erzürnt. Wenn doch allein unser und der stürmische Wille aller Krieger um uns herum so viel Macht besitzen würde, dass sie abdrehen oder sich auflösen.
Thorin streift geharnischt durch die Reihen seiner Truppen. Auch er beobachtet mit Zorn den Horizont. Eigens seiner müsste wahrhaftig ausreichen, um dem Wetter genügend Angst für einen Rückzug zu bereiten. Ein altes Lied kommt mir plötzlich bei seinem Anblick in den Sinn. Es handelt von der Stärke von Wünschen, die gemeinsam gesprochen werden. Laut müssen sie genannt werden, einhellig, verbunden mit der Kraft des Wollens und der Gefühle des Habens. Nicht als Flehen oder Gebet, sondern als hätten sie bereits Erfüllung gefunden.
Leise beginne ich es zu singen. Die Wörter wie Wassertropfen, sich zu einem Rinnsal unter Schotter vereinend. Kaum hörbar in der Weite des Feldes. Sigrun neben mir kennt es ebenfalls, denn mit ein stimmt sie schließlich. Unsere Stimmen sich zu einem Quell verbindend, dahinplätschernd in der Stille. Bofur greift den Refrain auf. Weitere Krieger in der Nähe erheben ihre brummenden Stimmen. Sie fließen zusammen wie Bäche hin zu einem Fluss, der wild und ungestüm über Steine rauscht. Ein beständiger Strom, der nach und nach andere ergreift. Das Lied so stark. Die Wörter so mächtig. Der Wunsch darin so wirklich. Visualisiert in Gedanken und allen Herzen. Sich materialisierend in einem Sturm, der die Regenwolken hinfort treibt.
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Menu Tessu ::: Teil 2 ::: Du bedeutest mir alles
FanfictionThorin ist nach dem Tod seines Vaters König der Blauen Hallen in den Ered Luin. Gleichwohl ihm und seine Getreuen ereilen weitere teils freudige, teil gefährliche Erlebnisse. Astâ unterdes; Leibdienerin, Kriegerin, Freundin, Vertraute; wird immer me...