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„Majestät." Thorin grummelt durch zusammengebissene Zähne, denn mehr als alles andere verärgert es ihn, wenn sein Redefluss während einer Ratssitzung unterbrochen wird. Gerade einen Disput mit einigen einflussreichen Mitgliedern führte er. Die unbedingte Sinnhaftigkeit von Ausgaben zum Bau eines neuen Armenhauses mit angrenzendem Erholungsheim für Geschädigte des letzten Pockenausbruches, der zwar wenige Leben kostete, aber Arbeiter dauerhaft so weit schwächte, dass sie ihre Tätigkeit in den Minen nicht mehr nachgehen können, wurde von ihnen in Frage geheuchelt, kurz, bevor sie zum Beschluss gestellt werden sollte.Er stoppt inmitten des Satzes und funkelt den sich aus der tiefen Verbeugung aufrichtenden Dori grimmig an. Gewohnt ist er dies mittlerweile und weiß damit umzugehen. Kaum mehr erschreckt er sich oder befürchtet, im nächsten Moment aus dem Dienst entlassen zu werden. Der immer noch junge Zwerg bewies sich im zurückliegenden Jahr und entwickelte sich zu genau dem zuverlässigen, loyalen und anständigen Diener, den ich von Anfang an in ihm sah.
„Was gibt es denn?", fragt Thorin mit herrischer Stimme. „Verzeiht die Störung, Majestät", beginnt Dori und verbeugt sich erneut, jedoch nicht zu tief dieses Mal wie zur Begrüßung, „aber ihre Hoheit, Prinzessin Dís, schickte mich ihre Nan'ul hasûna zu holen, da sie eine Bitte an sie richten möchte."
Thorin blickt mich an und dann auf die vielen vollgeschriebenen Blätter, die sich vor mir auf dem Tisch liegend und stapelnd ausbreiten und das bislang Gesagte und Beschlossene akribisch dokumentieren. Er schnauft knurrig, denn ungern würde er die tatkräftige Unterstützung entlassen, aber seine Schwester bat auch dieses Mal darum, dass ich ihre Begleitung in Schwangerschaft und bald bevorstehender Geburt werden soll. Er gibt mir letztendlich mit einer Handbewegung zu verstehen, dass ich mich entfernen kann.
„Du übernimmst ihre Aufgabe", befiehlt er jedoch an Dori, als er zusammen mit mir den Sitzungssaal verlassen will. „Ich, Herr?!", erwidert der junge Zwerg mit zitternder Stimme. Eine verantwortungsvolle Herausforderung, die er wohl nicht nur meiner Meinung nach durchaus gewachsen ist. Orientieren kann er sich an dem bereits zu Papier gebrachten und bei aller Ehrlichkeit, eine leserlichere Handschrift als ich hat er sogar. Seine Runen sind klar und gerade, trotzdem er sie schnell niederschreibt. Daher ermutigend nicke ich ihm zu und er nimmt an meiner statt den Platz neben Thorin ein.
„Ihr habt mich rufen lassen", begrüße ich die Prinzessin, nachdem sie das Klopfen erhörte und in ihre Gemächer bat. Dís quält sich von ihrem Sitzplatz nach oben. Kleiner als bei Fili ist ihr Bauch, obwohl sie wenige Wochen vor der Niederkunft steht, jedoch nicht minder beschwerlich die Schwangerschaft, wenngleich sie sich dies nur selten ansehen lassen will. Rückenschmerzen, Müdigkeit und eine eigenartige Unruhe, von der sie mir bereits oft berichtete, zehren an den dringend für die Geburt benötigten Kräften. Zudem bekommt der kleine Fili mit gerade einmal fünf Jahren seinen ersten Zahn, ungewöhnlich früh für einen Zwergling. Jedoch nicht minder schmerzhaft als mit acht. Unruhig schläft er dadurch, will kaum etwas essen und ist quengelig, so dass er seiner Mutter nur selten von der Seite weicht. Zusätzlich zehrt dies an ihr. Müder mehr noch als sonst die Tage, sieht sie heute aus. Sorge überkommt mich bei ihrem Anblick.
Dís kommt näher und heißt mit einer warmen Hand an meiner Wange, sich aus der begrüßenden Verbeugung wieder aufzurichten. Schön ist sie trotz der Strapazen und ihr das empfundene Glück über ihre wachsende Familie nach so vielen Verlusten, deutlich anzusehen. Sie lächelt sanft und streicht die Haut entlang, berührt mit achtsamen Fingern die Perle in meinem Bart. Thorin gehörte sie einst und sie weiß natürlich darum, jedoch nicht, warum ich sie trage und in welcher Situation er sie mir übergab.
Mit Argwohn betrachtete sie damals, als mich ihr Bruder in seinen direkten Dienst stellte, den Umgang und welche Auswirkungen er haben könnte. Er ist nicht nur ein Mann, sondern unser König, mächtig und scharfsinnig, jedoch genauso besitzergreifend und gierig, und wenn auch nicht gänzlich den zwergischen Ideal von Schönheit entsprechend, denn sein Bart ist zu kurz für einen Angehörigen der Langbärte, junge Frauen zu verführen ein Leichtes für ihn. Die Anziehung, die er ausstrahlt, welch Einfluss Stimme, Lippen und wandernde Hände haben, ich erführ dies bereits sehr oft am eigenen entfachten Leib. Jedoch niemals davon erfahren darf sie, denn unlauter ist jede einzelne Berührung, jedes gewisperte Wort, jede Nacht verbracht in seinen Gemächern oder sogar an seiner Seite, jede sündhafte Phantasie, die aufkommt, wenn er halbentblößt vor mir steht. Dís lächelt. Die Vermutung beschlich sie vielleicht unlängst, aber solange die Heimlichkeit verschlossener Räume das Verbotene umgibt, wird uns keine Strafe von ihrer Hand drohen.
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Menu Tessu ::: Teil 2 ::: Du bedeutest mir alles
FanfictionThorin ist nach dem Tod seines Vaters König der Blauen Hallen in den Ered Luin. Gleichwohl ihm und seine Getreuen ereilen weitere teils freudige, teil gefährliche Erlebnisse. Astâ unterdes; Leibdienerin, Kriegerin, Freundin, Vertraute; wird immer me...