Wie habe ich dich vermisst

85 8 4
                                    

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Nicht mit einer so frühen Rückkehr haben wir gerechnet. Eine besonders drängende Eile muss die Truppen hinter Thorin angetrieben haben. Ob es nun die Sehnsucht gen Zuhause war, das in der Ferne über den Bergen aufziehende Gewitter oder womöglich beides, ist jedoch egal. Sie sind wieder hier, nach so langer Zeit. Nicht ohne Verluste. Nicht ohne neue Wunden, die die Kämpfe auf den Seelen hinterließen. Nicht ohne gewonnene Erfahrungen und erneuerte Bündnisse.

Dís und ich gesellen uns zu den trotz der späten Stunde vielen anderen Wartenden in der großen Eingangshalle. Frauen und Kinder der Krieger sind es meistens, aber auch einige Ratsmitglieder, Ministeriale, Händler und die Angehörigen des Hausgesindels. Arm und Reich, Adliger wie Bürger, sie alle warten sehnsüchtig auf ihre Brüder, Schwestern, Männer, Söhne und Töchter. Sie alle wollen die Rückkehrer sowie sieg- und ruhmreichen Vertreiber der Orks aus unseren Landen begrüßen.

Die eisernen Torflügel stehen bereits weit offen. Ein Heer dieser Größe können die Wachen lange bevor es den Hügel erreicht trotz der Dunkelheit entdecken und zudem einige Reiter wurden wohl als Boten vorausgeschickt, denn freudig werden diese schon von ihren Angehörigen und Liebsten in die Arme geschlossen.

Die Adligen treten beiseite, um der Prinzessin Platz zu gewähren. Mehr denn andere hat sie das Anrecht darauf, die Truppen als Erste zu begrüßen, nicht nur, weil Gemahl und Bruder unter ihnen sind. Einige betrachten mich skeptisch, blieb meine Abwesenheit am Hof natürlich nicht unbemerkt und sie fragen sich, wo ich wohl steckte. Andere tuscheln gerade so leise hinter vorgehaltenen Händen miteinander, dass ich die infamen Gerüchte, die derweil aufkamen, dennoch höre. Die, die mich näher kennen und die ich zu schätzen gelernt habe, denn fern halten sie sich von Gerede, Heuchelei, Korruption sowie Intrigen, nicken mir jedoch wissend lächelnd zu. Unter ihnen auch Gloin und Oins alter Vater, der von der Gemahlin des Meisters der Münze gestützt wird. Ich begrüße sie mit einer kurzen ehrenvollen Verbeugung, ehe mich Yrsa erleichtert in die Arme schließt.

„Sie kommen!", ruft einer der Torwachen plötzlich hinunter in die Menge der Wartenden und wenige Augenblicke danach hören wir bereits die schwer bestiefelten Schritte von hunderten Zwergen näherstampfen. Das Gestein der Schlucht erzittert unter ihrem Gleichschritt. Nervös knetet die Herrin ihre Hände, obwohl ich ihr natürlich erzählte, dass alle wohlbehalten zurückkommen werden. Und dann endlich, reitet Thorin, erhabener König der Langbärte, sieggekrönt und sich dessen sichtbar bewusst, jedoch schmutzig und gezeichnet von Kämpfen und der Rückreise, an der Spitze seines Heeres durch das offene Tor. Zu seiner rechten Seite sein Schwager, deren Augen sofort beginnen fieberhaft suchend nach der Einen die er liebt in der Menge umherzuschweifen. Links von ihm Berater sowie Leibwächter, erhabenen Hauptes, gleichwohl müde und froh, endlich zuhause angekommen zu sein.

Sie halten, um abzusteigen, und kaum haben die Füße von Vilí den Boden berührt, stürmt seine Gemahlin aus der Menge auf ihn zu. Überglücklich springt sie ihm geradezu in die sich für sie weit öffnenden Arme. Ein berührender Anblick ist es, wie er sie herumwirbelt und ungeachtet der vielen Anwesenden innig und voller Liebe küsst. Er nachdem er sie absetzte, fällt ihm auf, welch überraschenden Umstand sich unter dem langen Mantel verbirgt. Der Ausdruck in Vilís Gesicht ist kaum beschreibbar. Eine Mischung aus Glück, Unglauben, Erstaunen und Fassungslosigkeit. Er legt die Hand auf den gewölbten Bauch, streicht darüber, spürt das wachsende Wunder. Sein Kind. Lächelnd und mit schimmernden Augen, küsst er seine Gemahlin erneut.

Ungestümer trete ich ebenfalls im Schatten der Adligen die den König aus Gründen der Freude oder Einschmeichelei willkommen heißen wollen vor. Ich suche Dwalins Blick und finde ihn schnell. Er lächelt unauffällig, senkt die Augenlider, um mich zu begrüßen und zu verdeutlichen, wie froh er ist, dass ich wohlbehalten und rechtzeitig heimkehrte. Wie gerne würde ich ihn in gleicher Weise empfangen wie die Herrin ihren Gemahl, ihm mein Glück das ich darob empfinde zeigen, jedoch zu öffentlich ist es hier. Später, fern beobachtender Augen, werde ich die Gelegenheit dazu haben.

Menu Tessu ::: Teil 2 ::: Du bedeutest mir allesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt