Menu Tessu ::: Teil 2 ::: Du bedeutest mir alles

Wer suchet, der findet

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Mit einem unvergleichlichen Surren schnellt der Pfeil getrieben von der ideal gespannten Sehne davon und trifft hart die Hin und Her schwingende Zielscheibe. Kleine Späne bröseln herunter, während er tief in das Holz eindringt. Nicht gänzlich zufrieden löse ich die Fixierung auf das Ziel und lasse den Bogen sinken. Die mit einem Kreis gekennzeichnete Mitte verfehlte ich um viele Haaresbreiten.

„Die beweglichen Ziele und solche, die du aus einer Drehung heraus treffen musst, bereiten dir weiterhin Schwierigkeiten. Aber ansonsten, vermag ich dir nicht mehr sehr viel beizubringen." Ich bedanke mich mit höflich gesenktem Blick bei Vilí, der zugleich das berührte Lächeln ob des Lobes verbergen soll.

Wahrlich einiges lernte ich von ihm. Nicht nur den effektiven Umgang mit Pfeil und Bogen, sondern ebenso, wie sich Feinde durch ihre Spuren aufstöbern lassen, welche Fallen genutzt werden können, um Beute zu fangen, und das zielgenaue Werfen von Seilen sowie anderen kleinen Gegenständen, wann auch immer mir dies einmal nützlich sein wird. Selten haben wir die Gelegenheit zusammen zu trainieren, sind seine Pflichten als Ratsmitglied, Meister des Heeres, Prinzgemahl und Vater doch umfangreich und lassen ihn wenig Zeit. Jedoch stets wenn ich darum bat, denn einstweilen ist mir der Axtkampf mit Dwalin zu eintönig und der Schwertkampf mit Thorin zu nervenaufreibend, erhörte er mich und sagte sogar Treffen mit hohen Ministerialen ab, wie mir Dís einst wohl aus Versehen zutrug.

„Du übertreibst mit deiner Kritik maßlos", tadelt plötzlich liebevoll eine Stimme vom Ende des Platzes. Die Herrin kommt langsamen Schrittes auf uns zu, Fili an der Hand haltend, Kili auf dem Arm und ein weiteres Leben im siebten Monat unter dem Herzen tragend. Durch die lange Stillzeit werden Zwergenfrauen nur alle sechs bis zehn Jahre erneut schwanger, wenn sie denn überhaupt und besonders in Adelskreisen mehr als zwei Kinder gebären wollen, sobald ein Junge das Weiterbestehen des Hauses sicherte. Dís jedoch überraschte uns bereits elf Monde nach Kilis Geburt mit der glücklichen Nachricht einer weiteren Schwangerschaft. Aus Liebe entstanden diese Wunder, nicht zur Wahrung der Erbfolge, obwohl Thorin dies auch aus ebenjenen Grund freuen mag. Bislang kein Interesse daran zeigte er sich zu vermählen, wenngleich ihm die Väter zahlreicher Damen des Hofes sowie der fremder Reiche Angebote dazu unterbreiten. An allen von ihnen hat er etwas auszusetzen und zu Balins Verzweiflung, lehnte er bis jetzt jede Offerte ab.

„Wie meinst du das, Amrâlimê?", fragt Vilí nach und nimmt ihr den jüngsten Sohn ab. Dís lächelt neckend. „Du selbst trafst noch nie besonders gut bewegliche Ziele und oh, darf ich dich an den Warg erinnern, den du, obwohl er präsent auf einer Anhöhe über dir stand, aus der Drehung heraus verfehlt hast." Der Denunzierte versucht, sich die Kränkung seiner hoheitlichen Würde nicht anmerken zu lassen, und kitzelt ablenken wollend Kili, der sich daraufhin kichernd auf seinem Arm windet. „Wie könnte ich das denn jemals vergessen, dein Bruder erinnert mich schließlich bei jeder sich bietenden Gelegenheit daran."

Ich senke den Blick um das Lachen darüber zu verstecken. Vorstellen kann ich mir, wie der König seinen Schwager derbe damit verspottet. Nicht viel übrig hat er für Pfeil und Bogen als Kriegswaffe, sah es dereinst nur mit Widerwillen, dass ich mir diese Fähigkeit aneignete, akzeptiert sie jedoch, solange ich auch des Schwertkampfes geübt bleibe.

Derweil erwachte Kilis Interesse an dem Bogen seines Vaters, denn mit kleinen Fingern greift er beständig danach und als er ihm diesen endlich gibt, bestaunter er ihn mit großen Augen. Mit diesem eigenen Stolz im Blick, den in solch Ehrlichkeit und Gefühlswärme wohl nur Eltern zu ihren Kindern empfinden können, betrachtet der Vater seinen Sohn. Weiter tragen wird er seine Fähigkeit an sie beide und das noch Kommende. Sie alles lehren, was er auch mir beibrachte, und vieles mehr. Zu stattlichen, ehrenwerten, mutigen und begabten Kriegern und Prinzen werden sie einst heranwachsen, da bin ich mir sicher.