Der lange Weg zurück

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Ein ungewöhnliches Geräusch weckt mich am nächsten Morgen. Dumpf dringt es in meinen Traum vor und stört dort das leise Zwitschern der Vögel, die in den Ästen des Baumes sitzen, der hoch über mir seine gewaltige Krone ausbreitet. Die Sonnenstrahlen, die durch das von einem lauen Wind bewegten Blattwerk flackern, verblassen zuerst. Die Frische des Grases, auf dem ich liege, verdorrt im Wachwerden. Die vorbeiziehenden Wolken am blauen Himmel werden vom plötzlich aufkommenden Sturm in Fetzen zerrissen. Nur Dwalins Angesicht, das sich über mich beugt, die Sanftheit seines Kusses, die Wärme seiner Hände auf meinem Körper, harren für einen letzten Moment. Ich will nicht von hier fort. Will nicht zu mir kommen. Will nicht zurück in die wirkliche Welt.

Aber unerbittlich ist das nervende Geräusch und missmutig über das letztendliche Erwachen stöhne ich auf und drehe mich ihm trotzdem noch entkommen wollend zur Seite. Oder versuche es vielmehr erfolglos, denn hindern zwei starke Arme, die den Körper fest umschlingen, ihn daran. Augenblicklich hellwach schreckt der Geist auf, dünke ich mich doch nach Wochen auf freiem Feld schlafend auch jetzt dort und eine gefährliche Situation ist es, wenn mich des Nachts jemand gefangen nahm. Das Zusammenzucken alarmiert den Häscher, denn noch vehementer wir die Bannung. Jedoch passt zu dem bedrohlichen Angriff nicht, dass er mir einen sanften Kuss auf den sich ihm ungeschützt präsentierenden Nacken haucht. Ich öffne verwundert darüber die Augen und finde mich unversehens in einem hell von Morgensonnelicht durchfluteten Zimmer wieder. Im mir gegenüberliegenden Kamin steigen kleine Rauchkringel von einem wohl erst kürzlich verglommenen Aschehaufen auf. Das Kissen, auf dem mein Kopf ruht, ist weich, die Decke, die schwer den Körper bedeckt, warm.

„Es ist alles in Ordnung", flüstert eine vertraute Stimme beruhigend. Dwalin kennt zweifellos die Angst, die einen Krieger durchschauert, sobald er in ungewohnter oder unerwarteter Umgebung und dazu Situation erwacht. Ich atme erleichtert auf und lege eine freie Hand auf seinen Oberarm, um ihn zu signalisieren, dass es mir gut geht. Daraufhin einen erneuten Kuss drückt er auf die empfindliche Stelle des Halses, verweilt jedoch mit den Lippen dort. Jetzt, da ich weiß, wo ich bin, in absoluter Sicherheit, geborgen in seinen Armen liegend, mich daran erinnernd, dass wir uns in der Stille der letzten Nacht aussprachen, entspannt sich der Körper wieder und der beschwichtigte Geist gibt sich der Umarmung hin.

Jedoch nicht lange, denn da ertönt dieses störende Geräusch erneut. Ein Klopfen, das von der Tür kommt, ist es, wie mir abermals aufrüttelnd gewahr wird. Auch Dwalin schreckt nun aus der bisherigen dahindösenden Ruhe auf, in der er wohl gerne noch einige Zeit verweilt hätte.

„Wer da?", fragt er hörbar mürrisch dem Störenfried entgegen und entlässt mich fühlbar widerstrebend aus der Umarmung. „Dwalin, steh endlich auf, das Frühstück ist schon längst vorbei", dringt die gedämpfte Stimme seines Bruders durch das Holz. Verwerflich und für ihn unverhofft wäre es nicht, wenn Balin mich hier entdecken würde, jedoch heraufbeschwören will ich es ungern und ziehe mir daher in der Versenkung verschwindend die Decke über den Kopf. Dwalins leise spöttelndes Lachen hierüber höre ich gleichwohl allzu deutlich.

„Warum?", will er wissen und hebt dabei neckend einen Zipfel der Decke ein kleines Stück an. Aufgebracht davon, funkelt es ihm böse aus dem stickigen Dunkel heraus entgegen. Nur mit sichtlich großer Mühe kann er das Gefeixe darüber unterdrücken.

„Thorin will mit den Heerführern den Rückweg besprechen und DU fehlst, wieder einmal, als einziger. Nicht, dass sowohl er wie ich es gewohnt sind, aber dennoch solltest du dich gefälligst beeilen." Balins tadelnde Stimme über diesen unmanierlichen Umstand bringt nun meinerseits ein spöttelndes Kichern hervor. Ich sehe den Plan der Vergeltung ob des Hohns in seinem Blick aufblitzen. Schrecklich wird sie sein, da bin ich mir sicher.

„Ich komme gleich", verspricht er schnell und darauf hoffend, dass sein Bruder sich damit zufriedengibt und nun endlich verschwindet. Scheinbar ist dem so, denn seine Schritte entfernen sich den Flur entlang.

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