Das Feuer in mir, das Feuer in dir

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In den nächsten Tagen geht es mir überraschend gut. Schmerzen und allgemeines Unwohlsein der ersten Zeit halten sich im erträglichen Maß und immer mehr wird mir bewusst, was in meinem Körper geschieht und welch Leistungen er vollbringt. Gleichwohl achtet Thorin sehr auf das Wohlgefühl. Das geringste Anzeichen von Erschöpfung oder Übelbefinden nimmt er als Anlass, Pausen einzuberufen, mir selbst Kleinigkeiten abzunehmen und sogar seine Schwester zu fragen, was für Kräuter, Tinkturen, Umschläge oder weiteres mir helfen könnten. Seine Besorgnis ist herberührend ... aber zu weilen auch leidig.

„Majestät, ich bitte Euch, das ist doch nun wirklich nicht nötig", beschwöre ich ihn mit bettelnder Stimme, als er sogar nach Yrsa schicken möchte, nachdem die Blutung bisherig länger dauert denn nur einige Tage. Aber nicht davon abringen will er sich von mir lassen. Hilfesuchend blicke ich in meiner Verzweiflung zu Dís, die sich sein Schauspiel bisher schweigend mit an sah, gleichwohl ein leichtes Lächeln nicht verhehlen könnend. Sie erhört mich zum Glück.

„Thorin, das ist vollkommen normal am Anfang", beruhigt sie ihm mit Verständnis für die Unruhe verdeutlichender Stimme. Jedoch auch eine sanfte Warnung höre ich heraus. Er sollte sich nicht über gebührendes Maß um das Wohl einer Dienerin bemühen. Schon gar nicht wegen solcherlei, das ihn eigentlich nichts anzugehen brauch. „Die Regelmäßigkeit muss sich erst finden. Bis dahin kann sie kürzer und länger dauern, manche Monate ganz ausbleiben oder im Abstand weniger Wochen auftreten. Du solltest dir und auch Astâ deswegen wirklich nicht so viele Unannehmlichkeit bereiten."

Sie spricht das aus, was ich nur denken darf. Es selber gehört habe ich bislang nicht, sehrwohl aber wurde mir zugetragen, dass einige Höflinge sich über seine Überfürsorglichkeit das Schandmaul zerreißen. Was für ein abträglicher König mag das sein, der sich mehr um das Frauenleiden einer Dienerin kümmert denn um wichtige Staatsgeschäfte. Ihr mögt euch sicherlich denken, von wem diese infamen Lästereien stammen. Unbestreitbar ausnehmend ist sie, jedoch des festen Glaubens bin ich, wäre ich seine Tochter, genauso sorgen würde er sich. Gleichwohl einen Grund zur Berechtigung erhielte sie gewiss durch diesen Aspekt.

Thorins unbelehrbarer Sturkopf denkt jedoch nicht daran, sich von den Argumenten überzeugen zu lassen, dass es mir gemäß den Umständen gut geh, alles ganz natürlich ist und keinerlei Aufhebens darum entfacht werden müsste. Grimm funkelt bedrohlich in seinen Augen, während er seine Schwester anblickt, sie daraufhin nach einem kurzen Niederschlag mit einem etwas weicheren, gleichwohl gebieterischen Ausdruck versieht, um mich zu betrachten. Unwohl wird es mir unter ihnen. Tausende Tausendfüßler scheinen über meine Haut zu krabbeln und ein beengendes Gefühl entsteht in der Brust, sodass es schwerfällt zu atmen.

„Trotz alledem wird sie übermorgen nicht an den Feierlichkeiten zur Eröffnung des ghelekvustmerag* teilnehmen, sollte die Blutung bis dahin nicht aufgehört haben." Es ist der Befehl eines Königs. Ohne Widerstand oder Einspruch muss er ausgeführt werden. Darum weiß Dís und auch wenn sie Prinzessin und seine Schwester ist, so müsste auch sie sich seinem Willen beugen.

Allerdings ihr Sturkopf ist gleichermaßen dick und lässt sich selten von einem einmal gefassten Entschluss abbringen. „Thorin, das ist doch wohl nicht dein Ernst!? Der Sommersonnenwendball ist gerade für eine junge Frau der Höhepunkt des Jahres." Klein stehe ich neben ihr, die sich mit kräftiger Stimme für mich einsetzt. Gefreut habe ich mich tatsächlich auf das bevorstehende Bankett. Anders ist er als die sonstigen höfischen Bälle. Weniger steif. Weniger förmlich. Von Blumen und frischen Farben wird er dominiert und kaum jemand schert sich um die Etikette, denn ein Fest der Fröhlichkeit und Leichtigkeit ist es traditionell. Jeder darf mit jedem tanzen und sprechen, ungeachtet von Rang und Stellung. So manch Verbindung zwischen Mann und Frau die dem, meist adligem Elternhaus einer der beiden, niemals im Sinn liegen würde, wird in dieser Nacht geschlossen. Liebe schert sich nicht um anhaftende Titel.

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