Ferðu

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„Majestät, ein Bote Rohans ist soeben eingetroffen."

Mein Auftauchen und die überbrachte Nachricht so spät am Abend kommt Thorin weidlich ungelegen, wie mir deutlich durch seinen tadelnden Blick vorgeworfen wird. Vertieft war er in das Spiel mit seinen Neffen und befahl eigentlich, ihn nach diesem anstrengenden Tag voller Beratungen, Besichtigungen, Entscheidungen und der bürgerlichen Audienz nicht mehr zu stören. Daher auch ungern, und erst nachdem Balin die Dringlichkeit hervorhob, suchte ich ihn auf. Das sich mir bietende Bild, wie er zusammen mit Fili auf dem Boden vor dem Kaminfeuer im Zimmer seiner Schwester hockt, den gerade einmal zwei Monate alten Kili im Arm hält und dabei kleine zwergische Krieger aus Holz gegeneinander kämpfen lässt, entschädigt jedoch für die Zurechtweisung.

„Was will er?", fragt Thorin, deutlich darum bemüht die Stimme nicht allzu mürrisch klingen zu lassen, um die Kinder nicht zu verschrecken. Ich senke um Entschuldigung bittend den Blick. „Er bringt eine wichtige Nachricht aus seinem Reich, mehr sagte er den Torwachen leider nicht." Mein König brummt grimmig über die wenigen Informationen die ihn auftreiben, wuschelt Fili durch die krausen Haare und erhebt sich schwerfällig. Mit deutlichem Widerwillen übergibt er Dís, die bislang auf dem Sofa neben ihnen saß und das Spiel mit stolzem Lächeln beobachtet, ihren jüngsten Sohn. „Ich komme gleich wieder", verspricht er. Gewohnt sind Schwester und Neffen seine Abwesenheit und plötzlichen Aufbrüche, auch wenn er dringend Erholung und Ausgleich benötigt. Die Pflichten eines Königs ruhen nie und manches Mal befürchte ich, sie bürden ihm mehr auf, als er noch lange ertragen kann. Oft in letzter Zeit, schläft er nach wenigen Sätzen bereits ein, währenddessen ich ihm diese vorlese. Jedoch garstig sind seine Träume und gewähren in selten Kräftigung. Kopfschmerzen plagen ihn vermehrt. Kaum Gelegenheit findet er für Müßiggang und wenn, dann ist eine Störung wie diese wahrscheinlich.

Gemeinsam begeben wir uns zum Salon, in dem der späte Gast gebeten wurde, um zu warten. Sich unterdessen in einen der gemütlichen Sessel die dort stehen zu setzen getraute er sich jedoch nicht, denn schmutzig von dem langen Ritt von Rohan hierher sind seine grün-braunen Gewänder. Viele Tage muss er ununterbrochen ohne größere Rast unterwegs gewesen sein, so müde und zerschunden, wie er erscheint. Er verbeugt sich tief vor Thorin, als wir eintreten. „Mein Herr, es ist mir eine Ehre, dass Ihr mich so spät noch empfangt."

Thorin indes legt heute keinen Wert mehr auf große und unnötige Floskeln und Etikette und hat auch keinerlei Angst um den guten Brokatstoff der Möbel, denn er bittet den Boten umgehend, sich zu setzen. Zudem befiehlt er mir, ihm Wein und etwas zu essen zu bringen, was ich allerdings längst anforderte und wenige Augenblicke später bereits durch Jassin serviert wird.

Ich warte danach an der Tür verweilend, ob er weitere Wünsche an mich richtet, jedoch lässt er sich dem Boten gegenüber in die Polster des Sofas nieder und nimmt das Glas Rotwein zur Hand, das ich ebenso für ihn bringen ließ. „Was treibt Euch den langen Weg von Edoras hierher?", fragt Thorin. Aufgeregt ist er, das höre ich.

„Keine gute Nachricht, Majestät", antwortet der Rohirrim mit gesenktem Blick. Etwas, das wir alle längst vermuteten, denn ungewöhnlich ist eine persönliche Botschaft. Großes Übel gibt ihr meist einen Anlass. „König Folca starb zu Beginn diesen Monats."

Trotz der Erwartung, eine schreckliche, schockierende Mitteilung ist dies. Folca lebte bereits viele Jahre für einen Menschen, jedoch nicht so alt war, dass wir mit seinem Tod rechneten, und den Anschein erweckt der Krieger, dass auch er noch immer von diesem Umstand erschüttert ist.

„Woran?", will Thorin wissen. Die Stimme klingt rau und seine Hand zittert, während er das Glas, das er an seine Lippen führte, ohne einen Schluck gekostet zu haben, wieder sinken lässt. Ein wenig nur. Jedoch verrät es, wie sehr ihn die plötzliche Nachricht aufwühlt.

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