Kapitel 11: Auf Wanderschaft

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Nach seiner Rückkehr in die Stadt hatte Kelsu gefühlt nur wenige Minuten schlafen können, bevor er unsanft von Jerud geweckt wurde, der die Reise fortsetzen wollte.

Offenbar hatte ihn die Zeit mit Tyrael unruhig zurück gelassen und Kelsu rieb sich die Augen.

Erholt sah sein Partner auch nicht aus, doch er sagte nichts, sondern nahm sein Gepäck und folgte ihm.

Ihr Weg führte sie aus der Stadt hinaus. Im Vorbeigehen hatten sie sich an den Marktständen Frühstück gekauft und schlugen nun den Weg Richtung Layana ein.

Dort würde sie ihr nächster Auftrag erwarten. Die Stadt lag am Fuße eines Berges und war fast so groß wie Lumiel, allerdings das komplette Gegenteil zu der dunklen Hauptstadt des Landes.

Zu Fuß dauerte die Reise mehrere Tage und Kelsu dachte sehnsüchtig an die Luftschiffe zurück, die er erst am frühen Morgen gesehen hatte.

Allerdings reisten viele der Krieger zu Fuß. Pferde waren rar geworden und viele der neuesten technischen Errungenschaften waren nur eine Spielerei der Reichen, aber noch nicht alltagstauglich.

An den stärksten bereisten Routen wurden so kleine Unterkünfte für die Nacht zur Verfügung gestellt. Es waren kleine, geschützte Gebäude, die meistens aus zwei Räumen bestanden und einen angeschlossenen Stall hatten. Sie wurden regelmäßig mit Proviant aufgefüllt, um den Kriegern das Reisen zwischen den Städten zu erleichtern.

Priester hielten die Schutzzauber aufrecht, doch die meisten Krieger versuchten die großen Städte vor Einbruch der Dunkelheit zu erreichen. Es war immer besser in einem der Gasthäuser zu übernachten, als am Rande der Straße.

„Siehst du den Wald?", fragte Jerud in die Stille hinein.

Verwirrt schaute Kelsu ihn an. Natürlich sah er den Wald, er erstreckte sich neben ihnen auf der linken Seite. Dann hielt er inne.

„Er wandert wieder", stellte er leise fest und blieb stehen.

Jerud wartete geduldig auf ihn, während Kelsu den Blick über die grünen Bäume wandern ließ. Der Wind rauschte leise in ihren Blättern, aber davon abgesehen war es still. Er hörte keine Vögel und sah auch keine anderen Tiere. Nicht einmal Insekten. Die gesamte energetische Ausstrahlung des Waldes hatte sich verändert. Trotz seiner Stille schien er lebendiger geworden zu sein. Sein Blick wanderte über den Weg und die Waldgrenze. Der Wald war näher gekommen. Nur wenige Zentimeter, aber er konnte sehen, dass sich die Wurzeln weiter in Richtung Weg bewegt hatten. Es würde noch Wochen dauern, bis sie den Weg erreicht hatten und dort würden sie von den Schutzzaubern aufgehalten werden.

Er trat einen Schritt auf ihn zu und Jerud hielt ihn am Arm zurück.

„Ich möchte nur wissen, warum sie wandern", erklärte er sich, doch Jerud schüttelte den Kopf.

„Die Wälder sind seit einer halben Ewigkeit nicht mehr gewandert. Du wirst dich ihm nicht nähern."

„Deine Sorge in Ehren, Jerud, aber ich habe nicht vor in den Wald hinein zu gehen."

Verärgert entzog er sich seinem Griff und trat einen weiteren Schritt nach vorne. Kelsu war zuversichtlich, dass er wusst wie man sich gegenüber einem lebenden Wald verhielt.

Jerud zog als Reaktion darauf sein Schwert und folgte ihm. Nur widerwillig ließ er ihn näher an den Wald treten, doch Kelsu beachtete ihn nicht und kniete sich auf den Boden.

Er suchte in seinem Beutel einen Heliotrop heraus und hielt ihn in der einen Hand, während er die andere Hand dicht über den Boden hielt, immer noch weit entfernt von den Wurzeln. Dann schloss er die Augen.

Das letzte EchoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt