Kapitel 17: Opfer

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Frustriert schrie ihre Anführerin auf.

Auch wenn Mildred ihren Angriff auf Kelsus Geist spüren konnte, nahm sie doch auch den ungebrochen starken Widerstand seinerseits wahr.

Er strahlte eine ruhige, helle Kraft aus und auch wenn er am Boden lag realisierte sie, dass er nicht wehrlos war. Er konzentrierte sich völlig auf seinen geistigen Kampf und hatte das Wohlergehen seines Körpers Jerud anvertraut.

Der ihn mit seinem Leben schützen würde, so wie Kelsu es für ihn tun würde. 

Als sie beide betrachtete wusste sie mit absoluter Sicherheit, dass sie in ihrem vergangenen Leben, trotz der Liebe zwischen ihr und Sajan, niemals etwas vergleichbares gekannt hatte.

Ihr Blick wanderte zu den Geistern um sie herum, die ihr mit einem Mal hohl erschienen. Hier würde sie keine Familie finden können.

Sie wären nicht in der Lage die Leere in ihr zu füllen und das war weder die Schuld der Geister, noch die der beiden Krieger vor ihr.

Überrascht stellte sie fest, dass sie in all dem Chaos und den Emotionen um sie herum Ruhe gefunden hatte. Sie konnte die Situation von außen betrachten und ihr wurde klar, dass sie diese Klarheit in ihrem Geist, die Kraft die sie in sich fühlte, Kelsu verdankte.

Er hatte gar nicht erst versucht einen Kontakt mit der Anführerin oder den anderen Geistern herzustellen. Nur mit ihr. 

Nur sie hatte er versucht zu erreichen, aber nicht zu kontrollieren. Seine Gegenwart war ohne Worte und gerade seine Besonnenheit war es, die sie von den anderen fortzog.

Sie fühlte Tränen in ihren Augen, auch wenn sie wusste, dass diese nicht real waren. Er schien so viel Vertauen in sie zu setzen, welches sie nicht einmal verdiente. 

Nicht nur weil sie seinen Schutz zerstört und einen Teil seiner Materialien geklaut hatte, sondern weil sie ihn auch jetzt enttäuschen musste. Sie konnte sich weder von den anderen trennen um sie zu schwächen, noch sich effektiv gegen sie wenden. Mildred war bereits zu weit gegangen.

Ihr Blick fiel auf die kleinen Metallkugeln, die nicht weit entfernt von Kelsu im Gras lagen. Blutmagie. Sie leuchteten in einem blassen Violett und beinahe hätte sie laut aufgelacht. Er hatte so viele Taschen, ihr hätte klar sein müssen, dass ihn ihr Diebstahl nicht so einfach außer Gefecht setzen würde.

Selbst Jerud besaß mehr als eine Waffe, auch wenn sein Schwert seine Hauptwaffe war. Dennoch stellte sie mit Schrecken fest, dass er noch blasser geworden war und sie traf eine Entscheidung.

Ihre Gestalt flackerte für einen Moment, als ihr die Tragweite ihres Entschlusses bewusst wurde. Eisen würde sie verschwinden lassen und sie vermutete, dass der Zauber in den Kugeln auf Zerstörung ausgerichtet war. Es tat ihr leid, dass sie ihre ehemaligen Freunde in das Nichts schicken musste.

Entschlossen streckte sie ihre Hand nach den magisch leuchten Kugeln aus und vermied absichtlich Kelsus Blick. Sie glaubte nicht, dass es das war, was er bezweckt hatte. Wehmütig dachte sie an die Zeit mit den beiden zurück.

Ebenfalls bedeutungslos. Sie war bereits tot und ihre Existenz als Geist war wider der Natur. Nach dieser Nacht hätte sie auch keine Hoffnung mehr.

Als sie die Kugeln berührte fühlte sie das erste Mal seit sie ein Geist geworden war Schmerzen. Es war nicht so wie das Geld, welches Kelsu ihr übergeben hatte. Dies war Magie, die Geister endgültig töten sollte. Sie machte keinen Unterschied und würde auch sie nicht verschonen.

Sie lachte verzweifelt auf. Ihre Wut trat in den Hintergrund und leider verschwand auch Kelsus angenehme Ruhe. Das tiefschwarz-violette Licht schien sich ihrem Arm hinauf auszubreiten und brannte sich seinen Weg weiter hinauf.

Sie hätte sich einen schnelleren Tod gewünscht, einen friedlicheren. Die Gruppe schien zu spüren, dass sich etwas in ihren eigenen Reihen geändert hatte, dass sich einer von ihnen nicht wie die anderen verhielt und Schmerzen hatte. Unruhe kam auf und selbst die Anführerin war abgelenkt.

Mildred nutzte die Verwirrung und warf mit einem Schrei die Kugeln in die wirbelnde Masse an Geistern.

Sie fielen in ihrem Schrei mit ein und sie konnte ihren Schock überdeutlich in ihrem eigenem Verstand widerhallen spüren. Die Magie ließ sie innerlich verbrennen und auch Mildred brannte, immer noch lachend. Entgegen aller Vernunft stürzten sich die anderen dennoch auf sie, als würde es jetzt noch einen Unterschied machen.

Keiner von ihnen würden überleben und sie hätten sowieso keine Zeit mehr die Verräterin unter ihnen zu bestrafen.

Sie wich nicht zurück, sondern erwartete ihren Angriff, während sie fühlte wie ihr Geist zerfaserte. Die ersten Angriffe der erneut Sterbenden trafen sie dennoch hart. Doch immer mehr von ihnen verschwanden bereits und Mildred schaute teilnahmslos zu. Die stärkeren Geister hielten länger durch und die Anführerin hielt sich nicht mehr mit der Lüge einer Familie auf, sondern nahm die Energie der anderen in sich auf, um mehr Zeit zu gewinnen.

Als sie sich Mildred zuwandte, wurde sie allerdings nur wenige Zentimeter vor ihr durch einen schwach flackernden Schutzschild gestoppt. Sie wandte sich Kelsu zu, in dessen Augen das Leben zurückgekehrt war. Er sah immer noch erschöpft aus und hockte auf dem Boden, doch er hatte genug Kraft sammeln können, um seine Magie zu wirken.

Allerdings war für sie dieser Schutz sinnlos.

Ihre Gedanken verloren den Zusammenhang, Schmerz war alles was sie noch spüren konnte und Schwärze breitete sich um sie herum aus. Für einen Moment hatte sie Panik und versuchte sich an ihre Existenz zu klammern. Doch dann wusste sie nicht mehr ihren Namen und selbst die Magie die in ihr brannte konnte ihr nichts mehr anhaben.

Zurück!

Das Wort hallte in ihrem Geist und ohne zu verstehen was dieser Befehl bedeutete, wurde sie ohne ihr Zutun in einen Ring gezogen.


Das letzte EchoWo Geschichten leben. Entdecke jetzt