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,,Warum hast du das getan?", fragte ich leise, als Max ihre Zimmertür hinter uns schloss.

Ich hatte ihr keinen Grund gegeben, mich in Schutz zu nehmen. Niemals. Eher im Gegenteil. Ich hatte ihr immer nur Gründe gegeben, mich eben zu verpfeifen.

,,Du wolltest das nicht. Und ich lebe eventuell in der Wunschvorstellung, dass du mich einfach beschützen wolltest. Das wolltest du ja scheinbar auch, aber in meiner Wunschvorstellung wolltest du mich beschützen, nicht nur, um dich selbst zu schützen, sondern auch, weil ich deine kleine Schwester bin...", sie zuckte die Schultern.

Ich sah sie einen Moment schweigend an.

,,Danke...", murmelte ich und sie lächelte mich zaghaft an. ,,Ich... ähm...", ich stockte. Dann fuhr ich mir mit der Hand durch die Haare.

,,Es ist nicht deine Schuld, dass ich dich nicht sonderlich leiden kann, du hast nichts falsch gemacht, nur, dass du es weißt... Weder du, noch deine Mum... Und ähm... Ich werde nichts mehr sagen, wegen dem Sinclair-Jungen... Du kannst dir deine Freunde selbst aussuchen, ich... Du weißt schon, ich werde nicht mehr dazwischen funken...", ich sah überall hin, nur nicht zu Max.

Einen Moment schwiegen wir beide und ich spürte Max' Blick auf mir, jedoch sah ich sie immer noch nicht an.

,,Kannst du mir vielleicht wirklich kurz bei Mathe etwas erklären?", fragte sie da plötzlich und ich sah überrascht zu ihr. ,,Wenn du mich dafür nicht mehr in Schwierigkeiten bringst, indem du einfach abhaust, ohne mir zu sagen wohin du gehst. Dafür bekomme nämlich ich dann den Anschiss...", ich schob meine Hände hinten in meine Hosentaschen.

Max nickte mit einem leichten Grinsen.

,,Zeig her...", meinte ich und sie kramte ihre Mathesachen hervor. Dann schlug sie ihr Heft auf und legte es auf den Schreibtisch. Sie zeigte auf eine Aufgabe und ich lief die paar Schritte zu ihr, um auf das Blatt zu gucken.

,,Das ist einfach...", murmelte ich und sie setzte sich an ihren Schreibtisch. Ich ließ mich auf der Tischkante nieder und erklärte ihr dann, wie man das rechnete.

Mathe war leider Gottes das einzige Fach, das ich wirklich beherrschte. Ich war gut im Rechnen, vor allem im Kopfrechnen, was ich dem zu verdanken hatte, dass ich immer im Kopf ausrechnete, wie viele Liter Sprit ich verbrauchte, wie viele ich demnach brauchte und dann nach den aktuellen Spritpreisen rechnete, wie viel es kosten würde.

Als wir noch in Kalifornien gelebt hatten, war ich auch in ein paar wenigen anderen Fächern noch ganz in Ordnung gewesen, doch ich hasste es hier und der Unterricht war mir vollkommen egal. Ich machte nie mit, hörte fast nie zu und es war einfach beschissen. Meine Noten waren im Keller, außer in Mathe, da ich das konnte, ohne aufzupassen. Und Sport war gut, aber der Rest sah nicht so gut aus.

,,Danke...", meinte Max vorsichtig, als ich ihr alles erklärt hatte. Ich nickte einfach nur.

Dan stieß ich mich von dem Schreibtisch ab.

,,Ich gehe in mein Zimmer...", murmelte ich dann einfach nur, bevor ich Max' Zimmer verließ und rüber in mein Zimmer lief.

Mein Vater warf mir dabei finstere Blicke zu.

,,Kein Abendessen.", knurrte er und ich wusste, dass das nur mir galt. ,,Habe eh keinen Hunger...", murmelte ich und ging in mein Zimmer. Ich wusste, dass das die Bestrafung dafür war, dass er mir nicht glaubte. Aber er würde es immer noch vor Max nicht in Frage stellen.

Ich schloss die Tür hinter mir und nahm die Hanteln unter meinem Bett hervor. Diese legte ich auf mein Bett, bevor ich mir eine Zigarette zwischen die Lippen schob, diese anzündete und rauchend begann, die Hanteln zu stemmen.

Ich musste mich auspowern und ablenken, hoffentlich würde ich vor Erschöpfung einfach einschlafen, bevor ich vom Hunger Bauchschmerzen bekommen würde.

,,Wo ist Billy?", hörte ich Max draußen fragen, als sie zu Abend aßen. ,,Er will nichts essen.", hörte ich meinen Vater sagen.

Ich stemmte wütend weiter die Hanteln, versuchte mich vollkommen auszupowern.

Als meine Muskeln schmerzten, legte ich die Hanteln bei Seite, rauchte meine zweite Zigarette auf und schmiss diese dann in meinen Aschenbecher, der wie immer, ziemlich befüllt mit Stummeln von Zigaretten war.

Ich ließ mich auf mein Bett fallen, strich mir die verschwitzten Strähnen aus der Stirn und starrte an die Decke.

Am liebsten würde ich einfach in meinen heißgeliebten Camaro steigen und rumfahren, aber ich konnte nicht. Aktuell sollte ich nur das Nötigste fahren, bis ich mir genug Geld angespart hatte.

Ich griff auf meinen Nachttisch und nahm mir meine Zigarettenschachtel. Wieder landete eine Zigarette zwischen meinen Lippen und ich zündete sie an.

Ein zaghaftes Klopfen ertönte. ,,Billy?", hörte ich die Stimme meiner Stiefmutter leise. Ich brummte nur, die Zigarette im Mundwinkel.

Die Tür ging langsam auf und ich starrte weiter an die Decke.

Ich hörte die leisen Schritte meiner Stiefmutter und wandte ihr dennoch nicht den Blick zu.

Plötzlich trat sie neben mein Bett.

,,Hier...", wisperte sie und ich sah sie irritiert an. In ihren Händen hielt sie einen Teller mit zwei Broten mit Butter und Käse, ein wenig kleingeschnittenem Gemüse und auch Salat.

Irritiert setzte ich mich auf.

,,Schnell, bevor es dein Vater merkt...", meinte sie mit einem sanften Lächeln und ich nahm den Teller. ,,Danke...", murmelte ich und sie lächelte mich an. Dann verließ sie eilig wieder mein Zimmer, bevor mein Vater es wirklich merkte.

Ich schlang gierig die Brote runter, bevor ich dann das Gemüse aß und den Salat ebenfalls runterschlang.

Dann stellte ich den Teller bei Seite, ich würde ihn rausbringen, wenn mein Vater schlafen gegangen war. Ich nahm die Zigarette wieder aus der Halterung des Aschenbechers, steckte sie zwischen meine Lippen und ließ mich wieder auf das Bett fallen.

Meine Augen waren schwer und ich war müde. Ich rauchte die Zigarette auf, drückte sie im Aschenbecher aus und ließ mich dann wieder in das Kissen sinken.

Den ganzen Tag in der prallen Sonne sitzen, die Hitze aushalten und das Aufpassen auf die ganzen Leute im Schwimmbad, hatte mich schon müde gemacht, aber das Training eben war noch ein Zusatz gewesen.

Es klopfte wieder an meiner Zimmertür und ich seufzte müde.

,,Hm...", brummte ich dann und die Tür ging auf. Max kam vorsichtig rein.

,,Ich habe die Hausaufgabe fertig, kannst du vielleicht kurz drüber gucken?", fragte sie unsicher und ich seufzte wieder müde, bevor ich nickte.

Ich klopfte neben mich auf das Bett und sie kam zu mir gelaufen.

Warnend sah ich sie an, als sie auf mein Bett sprang und ein wenig federnd neben mir saß.

Ich stützte mich hinter ihrem Rücken auf dem Ellenbogen ab und sah auf ihren Schoß, wo ihr Blatt lag.

Mit immer wieder zufallenden Augen sah ich auf ihr Blatt und rechnete im Kopf nach. Doch mein Kopf machte nicht wirklich mit. Ich war viel zu müde.

Auch Max wirkte erschöpft.

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Nur kurz zur Info: Hier wird es nicht um Billy und Max gehen, aber ich habe mir die ganze Zeit gewünscht, dass die Beiden eine bessere Beziehung zueinander bekommen, deswegen wird davon ein wenig etwas kommen, ziemlich viel eventuell sogar.

Bald kommt es dann auch zu den eigentlichen Hauptpersonen mehr.

Broken BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt