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Emery p.o.v.

Billy und ich saßen nun in der Starcourt Mall und hatten uns etwas zum Frühstücken geholt.

Ich war noch ein wenig verwirrt von dem Kuss im Auto, da ich nicht wusste, ob das einfach typisch Billy gewesen war, also seine Masche oder ob es ihm etwas bedeutet hatte.

,,Ich will dich nicht zu etwas drängen, nur damit du es weißt... Aber ich werde dir jetzt anbieten, dass du immer mit mir reden kannst, wenn dir etwas auf dem Herzen liegt. Egal, was für ein Gespräch, ich bin da und ich höre dir zu.", meinte ich leise, während ich in meinem Kaffee rührte.

,,Danke.", kam es leise von Billy.

Einen Moment schwiegen wir und ich biss von meinem Croissant ab.

,,Er war sehr wütend, am Samstagabend. Weil er mir, wie ich schon gesagt habe, die Schuld daran gegeben hat, was mit Max passiert ist. Er hat mich angeschrien, ziemlich angeschrien. Dabei hat er mich geschubst und gegen die Wand gestoßen, bis mein Kopf heftig dagegen geknallt ist. Ich habe Sterne gesehen und jetzt habe ich eine ziemliche Beule am Hinterkopf, die sogar wehtut, wenn ich meinen Kopf nur ganz leicht anlehne. Ich kann nicht auf dem Rücken liegen, nur auf der Seite... Er hat mir mit seinem Arm die Luft abgedrückt... Und mich gezwungen ihn anzusehen, indem er mein Kinn umfasst hat, meine Wangen zusammengequetscht hat und mich eisern festgehalten hat... Dabei hat er mich angeschrien...", murmelte Billy da und ich sah ihn schweigend an.

,,Er hat mich immer und immer wieder geohrfeigt, bis meine Wange gefühlt doppelt so dick war, gebrannt hat wie Feuer und knallrot war. Ich habe meine Wange nicht mehr gespürt. Und er hat mir in die Seite geboxt. Jetzt ist meine Seite blau. Und dann hat er mir ins Gesicht geschlagen, sodass das passiert ist...", er zog langsam wieder seine Sonnenbrille ab und ließ mich somit wieder die dunkle Verfärbung unter seinem rechten Auge und die geplatzte Ader sehen.

,,Und dann hat er mich wie ein kleines Kind auf mein Zimmer geschickt. Ich habe das ganze Wochenende kein Essen bekommen. Und erst Sonntagabend was getrunken. Den ganzen Sonntag habe ich in meinem Bett verbracht und mit niemandem geredet.", murmelte Billy und ich nickte langsam.

,,Auch nicht mit Max?", fragte ich vorsichtig und er schüttelte den Kopf. ,,Sie war beim Arzt als es passiert ist und wahrscheinlich hat sie ein Verbot bekommen, in mein Zimmer zu gehen. Sie hat das auch nicht gesehen.", er deutete auf sein Auge. Ich nickte langsam.

,,Wie lange tut dein Dad das schon?", fragte ich unsicher. ,,Früher hat er es bei meiner Mum gemacht. Fast jeden Tag. Und irgendwann bin ich dazwischen. Er hat mich zur Seite gestoßen, sodass ich mit dem Kopf gegen die Tischkante geknallt bin und das Bewusstsein verloren habe. Als ich wieder aufgewacht bin, hatte er meine Mutter so windelweich geprügelt, dass sie ins Krankenhaus musste. Als wir sie an ihrem Entlassungstag wieder abholen wollten, war sie weg. Sie hatte uns verlassen und mich bei meinem Vater zurückgelassen. Ich habe sie angerufen, sie angebettelt, mich mitzunehmen. Aber sie hat mich bei ihm gelassen. Und ab da hat sich seine Wut auf mich konzentriert.", antwortete er und ich nickte wieder langsam.

Dann erhob ich mich einfach, lief um den Tisch herum und umarmte Billy, während er saß. Er wirkte überrascht, hob dann aber die Hand und legte sie auf meinen Unterarm, der um seine Brust geschlungen war.

,,Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll, deswegen versuche ich einfach für dich da zu sein.", murmelte ich und küsste ihn kurz auf den Kieferknochen. ,,Danke...", murmelte er und ich drückte kurz meinen Arm.

Ich ließ ihn langsam wieder los und setzte mich wieder an meinen Platz.

,,Wie läuft es ansonsten mit Max? Hast du dir überlegt, was ich gesagt habe?", fragte ich und trank einen Schluck Kaffee. ,,Weißt du, Susan und Max können nichts dafür, warum ich sie nicht so gut abkann. Daran ist mein Vater Schuld. Er halst mir immer auf, auf Max aufzupassen und wenn Max dann, was ja einerseits verständlich ist, abhaut, dann bekomme ich ziemlich Stress. Ich meine, Max ist dreizehn, welche Dreizehnjährige will schon dauernd einen Babysitter haben? Sie will mit ihren Freunden abhängen und das ohne mich. Das ist verständlich.", murmelte Billy und ich nickte langsam.

,,Ich versuche schon, mich mehr mit Max zu arrangieren, aber es ist schwer. Denn diese Situation ist für uns beide nicht leicht, aber sie ist nun mal nicht diejenige, die geschlagen wird. Klar, sie kann auch nichts dagegen machen, dass ich es werde, aber... Deswegen bin ich so oft so wütend auf sie, weißt du...", murmelte er und ich sah ihn schweigend an.

,,Ich hoffe, ihr bekommt das bald hin. Denn ich glaube, Max hat dich irgendwie schon lieb.", lächelte ich und Billy schüttelte sich für einen Moment. Ich verdrehte die Augen.

,,Ja, okay... Ich sie ja irgendwie auch.", seufzte er dann und ich schmunzelte. ,,Aber wehe, du sagst ihr das.", er hob drohend den Zeigefinger und ich lachte. ,,Ehrenwort.", meinte ich und er grinste. ,,Deine Reaktion am Samstag auf ihren allergischen Schock war ziemlich aussagend.", kicherte ich und er schnaubte.

,,Ich kann es immer noch nicht fassen, dass ich vor eigentlich allen geflennt habe.", murrte er. ,,Du hast deine kleine Schwester wiederbelebt, ich glaube, niemand hätte anders reagiert. Und deswegen hat darauf auch kaum jemand geachtet.", beruhigte ich ihn und er grinste.

,,Susan sieht mich, seit sie uns gesehen hat, mitleidig an. Als wüsste sie nicht vorher, dass er mich schlägt... Aber sie weiß es. Sie kann nichts dagegen tun, das weiß ich auch, sie hat es schon versucht. Aber wahrscheinlich wusste sie nicht, dass ich so darunter leide.", meinte er dann und ich nickte.

,,Du kannst immer gerne zu mir kommen, wenn du das möchtest. Und wenn du zuhause rausmöchtest oder sonst was.", versprach ich ihm und er lächelte. ,,Danke.", murmelte er dann und sah verlegen zur Seite.

,,W-willst du eigentlich bei dir darüber reden?", fragte er nun vorsichtig und deutete in Richtung meines Beins. Ich seufzte.

,,Als ich dreizehn war, wurde ich von meinem Vater schwer misshandelt, sodass Nervenschäden zurückblieben. Ich habe, wenn ich mein Bein länger nicht bewege, Krämpfe und muss dann aufstehen, um ein wenig zu laufen. Die ersten Schritte sind meistens sehr unangenehm und schmerzhaft. Mein Vater war damals betrunken und naja, ich weiß nicht mal, worüber er so wütend war, dass er es an mir ausgelassen hat. Ich musste operiert werden und davon ist auch die Narbe. Die Nervenschäden konnten nicht so richtig behoben werden, nur so weit, dass ich wieder halbwegs normal laufen kann und auch mein Bein normal funktioniert. Dazu musste ich lange Übungen machen und es war ein ewiger Prozess. Nur dadurch ist es jetzt so, wie es ist. Ich hatte jedoch das Glück, dass sich meine Mutter gleich nach dem Vorfall von meinem Vater getrennt hat. Seitdem musste ich ihn nie wieder sehen.", erzählte ich es ihm und er sah mich traurig an.

,,Aber meine Mum hat jemand Neues gefunden. Er ist zwar viel unterwegs wegen seiner Arbeit, aber er ist ein guter Kerl. Und meine Mum ist glücklich. Sie muss zwar auch viel arbeiten und ich sehe sie nicht oft, weil sie dauernd irgendwelche Schichten schiebt und nie zuhause ist, aber ich weiß, dass sie mit ihm glücklich ist.", fügte ich hinzu.

,,Das ist gut...", murmelte Billy und ich nickte.

,,Vermisst du deine Mum?", fragte ich vorsichtig und sah kurz Schmerz in Billys Augen aufflammen. ,,Manchmal. Aber ich weiß nicht, ob ich wirklich sie vermisse oder ob ich das früher vermisse, wie es war. Denn sie hat mich im Endeffekt verlassen und sie hat mich bei ihm zurückgelassen. Ich weiß nicht, wie ich reagieren würde, wenn sie plötzlich vor mir stehen würde. Ob ich mich freuen würde oder ob ich ausrasten würde, keine Ahnung...", er zuckte die Schultern.

Ich nickte.

,,Lass uns gehen.", meinte er dann und erhob sich mit einem Grinsen. Er streckte mir die Hand hin und ich ergriff diese lächelnd.

Broken BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt