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Max p.o.v.

Wir alle saßen bei Mike im Keller.

Sie versuchten mich aufzumuntern und wahrscheinlich auch sich selbst. Wir alle hatten an der Trauerfeier heute zu knabbern, vor allem an Billys Auftritt und was er gesagt hatte.

Ich lehnte gegen Lucas und starrte nur vor mich hin.

Ich machte mir Sorgen um meinen großen Bruder. Es machte mich traurig, ihn so zu sehen.

,,Wie geht es Billy?", fragte El mich leise und ich seufzte. ,,Ich weiß es nicht. Er redet nicht mit uns. Er verbarrikadiert sich die ganze Zeit in seinem Zimmer, kommt nie raus, isst kaum, trinkt kaum, raucht wahrscheinlich durchgängig und er weint still vor sich hin, damit keiner von uns es mitbekommt. Er hat ein Bild von Emery eingerahmt und auf seinem Nachttisch stehen, dabei noch ein Polaroid, das ich mal von den Beiden gemacht habe. Jedes Mal, wenn ich nach draußen gehe und ihn durch sein Fenster sehe, liegt er in seinem Bett, starrt das Bild an und weint stumm vor sich hin. Und nachts schreit und weint er. Er ruft oft nach Emery. Und die Wunden an seinem Oberkörper sind noch nicht richtig verheilt.", antwortete ich und alle nickten.

Auch Nancy, Steve und Jonathan waren bei uns.

,,Ich vermisse meinen großen Bruder...", murmelte ich und Lucas umarmte mich.

,,Ich habe das Gefühl, das ein großer Teil von ihm an dem Tag mit Emery gestorben ist. Und es macht es für mich noch viel schlimmer, meinen Bruder so leiden zu sehen. Es ist gefühlt nichts mehr von dem Billy übrig, den wir alle kennen. Kein Lachen mehr, kein Grinsen, keine Partys, keine gute Laune, er hört nicht mal mehr seine ohrenbetäubende Musik, ich sehe ihn nicht mehr beim Gewichte stemmen, er verschwindet nicht mehr mit seinen Jungs, er guckt Mädchen nicht mal mehr an, es kommt kein selbstverliebtes Gelaber mehr, wo er sich selbst für seinen guten Körper lobt. Es ist nicht mehr Billy...", hauchte ich.

,,Er nennt mich nicht mehr Miststück oder kleines Stück Scheiße. Ich habe es immer gehasst, auch, wenn ich wusste, dass er es irgendwann nicht mehr ernst gemeint hat, sondern es eigentlich eher liebevoll gemeint hat. Aber jetzt vermisse ich es sogar, versteht ihr?", die erste Träne lief meine Wange runter.

,,Ich habe etwas überlegt...", meinte Dustin nun und wir alle sahen zu ihm. Ich wischte mir die Träne von der Wange.

,,Was wäre, wenn wir in das Uspide Down gehen würden und dort die Monster, endgültig töten würden, so, wie den Mind Flayer? Vielleicht würden dann ja die Menschen zurückkommen, die er getötet hat... Die Menschen, die Billy entführt hat, als er besessen war und Emery...", fuhr er fort und wir alle starrten ihn an.

,,Wäre das möglich?", fragte ich und sah zu El. Sie wirkte nachdenklich und knetete dabei ihre Finger. ,,I-ich weiß nicht... Und wenn wir... Wenn wir dorthin gehen würden... Wir müssten erst ein Portal finden und wir sollten eigentlich keins finden, das würde nur wieder gefährlich werden... Und im Upside Down dort hätten wir es nicht nur mit dem Mind Flayer und den Demogorgons zu tun... Es gibt dort noch jemanden, von dem ihr nichts wisst...", meinte El.

,,Und wer ist das?", fragte Steve.

,,Früher kannte ich ihn als Peter... Er war einer der Arbeiter von Papa im Labor. Doch dann erfuhr ich, dass er 1 war. Er war der Erste, der so war, wie ich. Und er wollte mir helfen, aus dem Labor zu fliehen. Doch er hat sie alle getötet. Alle dort... Alle anderen Kinder, die so waren wie ich. Und ich habe ich ihn weggeschleudert und habe das Upside Down erschaffen... Und ich habe ihn zu dem Monster gemacht. Die Monster, die uns immer wieder angreifen, das sind seine Haustiere. Sie hat er erschaffen. Also, wenn wir die Monster dort töten wollen, müssen wir erst an ihm vorbei. Und wahrscheinlich müssen wir ihn töten. Und er ist die 1. Er ist der Stärkste. Aus ihm sind wir alle anderen geschaffen.", meinte El und wir alle starrten sie an.

,,Vecna.", benannte Dustin ihn dann.

,,Aber wir könnten es schaffen. Alle zusammen.", meinte ich dann. ,,Leute, ich weiß nicht... Das Upside Down, das Portal ist gerade erst geschlossen... Und jetzt wollt ihr ein Portal finden, hineingehen und alles dort töten? Sollten wir uns nicht vielleicht damit abfinden, dass eben nun die Leute tot sind, die tot sind, anstatt dorthin zu gehen, unser aller Leben zu riskieren und auch zu riskieren, dass das Uspide Down wieder auf unsere Welt trifft?", Will schüttelte den Kopf.

,,Aber wir könnten auch es schaffen, alles abtöten und die Welt davor bewahren, dass das Upside Down und Vecna wieder zuschlagen. Und eventuell können wir alle retten, die deswegen gestorben sind und sie zurückholen. Wir könnten Emery zurückbringen. Und so könnten wir Billy zurückbringen.", meinte ich.

Alle schwiegen.

,,Bitte... Ich will meinen Bruder zurück, bitte...", ich schluchzte auf.

Lucas umarmte mich sofort fest.

,,Bitte, helft mir... Ich will einfach nur meinen Bruder wiederhaben. Bitte...", schluchzte ich und alle sahen mich an.

,,Ein Versuch ist es wert.", meinte Lucas hinter mir. ,,Wir könnten wirklich sie alle besiegen.", fügte er hinzu und ich war ihm dankbar, dass er bei mir war.

,,Wir sollten zumindest darüber nachdenken.", stimmte nun auch Nancy zu. ,,Es ist aber verdammt gefährlich.", meinte nun auch Jonathan und stimmte somit seinem kleinen Bruder zu.

,,Natürlich ist es das. Aber wir sind es den Leuten schuldig, die dadurch gestorben sind. Wir sind es Emery schuldig.", kam es nun von Steve.

,,Und wir sind es Billy schuldig. Er hat versucht, uns alle vor dem Mind Flayer zu retten, indem er sich ihm entgegengestellt hat und versucht hat, ihn abzuwehren. Wäre Billy nicht gewesen, hätte der Mind Flayer uns auch El genommen. Und wer weiß, wie viele er noch getötet hätte, bevor das Tor geschlossen wäre, wenn nicht Billy gewesen wäre und ihn so lange aufgehalten hätte?", fügte Nancy hinzu und ich sah sie dankbar an.

,,Würde er denn mitmachen?", fragte Jonathan nun und sah dabei zu mir. ,,Wenn Billy erfährt, dass es eventuell eine Möglichkeit gibt, Emery zurückzuholen, er würde alles tun. Ohne zu zögern. Er würde dafür selbst in den Tod gehen. Er hat sie wirklich geliebt. Nein, er hat sie nicht geliebt, er liebt sie wirklich.", entgegnete ich.

,,Also können wir, egal, wer mitmacht, auf Billy zählen.", nickte Steve und ich nickte ebenfalls.

,,Wie gesagt. Er würde alles tun. Egal, was mit ihm passiert, egal, was er dafür opfern muss, er würde es tun. Billy liebt sie. Aus ganzem Herzen. Und wenn er sie zurückholen kann, würde er dafür selbst draufgehen.", meinte ich und wieder wurde genickt.

,,Aber bitte, lasst mich mit ihm reden und ich werde erst mit ihm reden, wenn die Möglichkeit, dass wir ins Upside Down können, gesichert ist. Ich werde ihm erklären, dass es trotzdem nicht sicher ist, dass wir Emery zurückholen können, aber ich möchte ihm keine Hoffnung machen und dann kommen wir nicht mal ins Upside Down...", murmelte ich und die anderen nickten.

Ich sah auf meine Hände.

Wenn wir Emery wirklich zurückholen konnten, würde ich meinen Bruder zurückbekommen. Meinen großen Bruder, der mich kurz vor Emerys Tod vor seiner leiblichen Mutter als seine Schwester bezeichnet hatte und meine Mutter, als seine Mum.

Meinen großen Bruder, der mich zu jeder Gelegenheit aufgezogen hatte, anfangs, um mich zu nerven, weil er mich gehasst hatte, aber irgendwann war es ein liebevolles geschwisterliches Aufziehen geworden.

Mein großer Bruder, der mich überall hingefahren hatte und mein Lieblingslied angemacht hatte, wenn ich traurig im Auto gesessen hatte.

Mein großer Bruder, der jeden zusammengeschlagen hatte, der mir auch nur ein Haar gekrümmt hatte.

Ich würde den lachenden Billy wiederbekommen, der er durch Emery geworden war.

Ich würde den Billy wiederbekommen, der uns als seine Familie gesehen hatte, der uns geliebt hatte.

Wahrscheinlich sah er uns immer noch als seine Familie und liebte uns, auch, wenn Emery tot war und er jetzt sehr anders war, aber der Billy davor hatte es uns gezeigt. Zumindest teilweise.

Und alleine, um Billy wieder lachen zu sehen, würde ich alles tun.

Broken BoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt