Kapitel 17

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Mit Schmerzen als hätte mich jemand mit einem Bus überfahren, wachte ich am nächsten Morgen auf.
Bonnie welche neben mir geschlafen hatte, schlief immer noch tief und fest.

Vorsichtig krabbelte ich aus dem Bett und bewegte mich in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen.

"Schon wach?"
Ich zuckte kurz zusammen. Als ich mich umdrehte, lehnte Emma im Türrahmen.
"Mein Kater killt mich", stöhnte ich leise und fasste mir an meine pulsierende Stirn.

"Ist ja auch ganz schön viel passiert gestern..." Langsam lief sie zum Kühlschrank und holte sich einen Joghurt heraus.
Damit setzte sie sich neben mich an den Küchentisch.
Die fast schon unangenehme Stille sprach mehr als tausend Worte.

"Was ist es?", fragte ich sie als ich es nicht mehr aushielt.
"Chris..."
Mehr musste Emma gar nicht sagen.

"Da ist nichts. Wirklich nicht."
Skeptisch zog Emma eine Augenbraue nach oben.

"Hör zu, ich weiß nicht was gestern passiert ist, oder warum es passiert ist. Ich weiß nur das sich Chris in letzter Zeit wirklich komisch verhält, was mir echt höllisch auf die Nerven geht. Noch mehr als sonst."
Um nicht in Wut auszubrechen, nahm ich einen weiteren Schluck von meinem Wasser.

"Mit Sicherheit war es einfach nur einer seiner dummen Streiche. Wäre immerhin nicht unüblich", fügte ich hinzu.

Emma schien darüber zu grübeln, erwiderte meine Aussage jedoch nicht. Stattdessen aß sie weiter ihren Joghurt.

"Übrigens tut es mir leid, dass ich in euer Gebüsch gekotzt hab", etwas beschämt fuhr ich mir durch die Haare und vermied den Augenkontakt mit Emma.

"Schon okay." Sie zuckte mit den Schultern und löffelte ihren Becher leer.
"Es soll heute sowieso regnen."

Erleichtert atmete ich aus. Immerhin eine Sache die mir nicht so unangenehm sein muss.
An den Kuss mit Chris konnte ich jedoch nicht aufhören zu denken.

Immer wieder spielte sich die Situation in meinem Kopf ab.
Wie seine warme Hand meine Taille ergriff. Wie sein Atmen gegen meine Lippen prallte und seine brennenden Augen ein Loch in meine Seele bohrten.

Konnte dies wirklich die Spur eines teuflischen Racheplans sein? Immerhin hatten wir immer noch eine offene Rechnung zu begleichen.

Selbst wenn es keine Rache war, wieso konnte ich nicht aufhören daran zu denken?
Vielleicht war ich auch einfach schon zu lange Single.

"Mit den Gedanken mal wieder bei Chris?", ertönte plötzlich Bonnies Stimme.
Müde rieb sie sich ihre Augen und setzte sich neben mich.
Schnell schüttelte ich meinen Kopf.

"Du musst mal wieder flachgelegt werden meine Liebe", erwiderte Bonnie trocken und nahm ebenfalls einen Schluck Wasser zu sich.

"Rylie schreibt gerade, dass heute Abend in der Stadt ein Autokino stattfinden wird. Lust hinzugehen?", kam es von Emma, welche von Bonnies Satz wohl nichts mitbekommen hatte.

"Wenn ich mich jemals von diesem Kater erholen werde", antwortete ich kraftlos und ließ meinen Kopf auf den Tisch fallen.

"Also dann geb ich ihr Bescheid, dass wir dabei sind." Zufrieden lächelte Emma und sah zu uns.

Würde ich heute Chris sehen, würde ich vermutlich vor Beschämung davon rennen.
Es wird schon schlimm genug ihn am Montag in der Schule sehen zu müssen.

Am Abend nahmen mich Isaac und Bonnie mit ins Autokino.
Während Bonnie, Isaac, Rylie und Ela ihre Zweisamkeit genossen, fühlte ich mich leicht fehl am Platz.
Selbst Emma und Ethan waren sich mittlerweile näher gekommen.

Nach geschlagenen 80 Minuten nach Beginn des Films hielt ich es schließlich nicht mehr aus. Ich warf einen Blick auf mein Handy.
Die geringe Akkuwarnung ignorierte ich dabei gekonnt.
Es war kurz vor 23:00 Uhr.
Also machte ich mich auf den Weg zum Kiosk auf der anderen Straßenseite.

Lange würde der Film sowieso nicht mehr gehen und dann könnte ich mich endlich in meinem Bett verkriechen.
Ich war gerade in der Snackabteilung um nach ein paar Süßigkeiten zu schauen, da öffnete sich die Kiosktür und die Glocken der Tür klingelten.
"Abend."

Diese Stimme kannte ich nur zu gut.
Es war Chris, welcher den Verkäufer gegrüßt hatte.

Schnell zog ich meinen Kopf nach unten und versteckte mich hinter dem Snackregal.
Aufmerksam lauschte ich wohin sich seine Schritte bewegten, sodass ich mich passend in die entgegengesetzte Richtung bewegen konnte.

Als die Luft rein zu sein schien, kam ich hinter dem Regal vor um zur Kasse zu laufen.

Weit kam ich jedoch nicht, da ich direkt gegen eine harte Brust stieß.
"Kira", kam es leise von Chris, welcher mir nun direkt in meine Augen sah.

Wie erstarrt stand ich vor ihm, unfähig mich zu bewegen.
Plötzlich griff seine Hand langsam nach meinem Gesicht.

Ich wollte schon davonrennen, da bewegte sich seine Hand an meinem Gesicht vorbei, um nach einer Chipstüte in dem Regal hinter mir zu greifen.

Ich konnte spüren wie mir die Röte ins Gesicht schoss.
Blitzartig kehrte ich Chris einfach meinen Rücken zu.
Mehr tat ich gar nicht. Zu mehr war ich aus irgend einem Grund auch nicht imstande.

"Das macht dann 1,99€", kam es von dem Kassierer aus der Ferne.

Wieder ertönten die Glocken der Tür.
Als ich mich langsam wieder umdrehte, bemerkte ich dass Chris längst verschwunden war.

Erleichtert lief ich zur Kasse und bezahlte meine Snacks.
Was war nur los mit mir? Seit wann verhalte ich mich so, nur weil Chris in der Nähe war?

Normalerweise würde ich ihm die Stirn bieten und mich nicht wie ein schüchternes kleines Mädchen verhalten.

Doch nicht nur das Meine, sondern auch sein Auftreten hatte sich verändert.
Für gewöhnlich nannte mich Chris ja nicht einmal bei meinem richtigen Namen.

"Entschuldigen sie?"
Der Kassierer riss mich aus meinen Gedanken.
Wie lange war ich nur schon wieder in Gedanken versunken?

"3,45€ bitte."
"Oh klar, entschuldigen sie."
Schnell gab ich ihm das Geld und verschwand mit meinen Snacks im Arm aus dem Kiosk.

Sobald ich jedoch die Tür öffnete, klatschte mir eiskalter Regen ins Gesicht.
Wann hat es angefangen zu regnen?

Verdammt! Das Autokino! Die anderen warteten mit Sicherheit bereits seit einer halben Ewigkeit auf mich.

So schnell ich konnte rannte ich auf die andere Straßenseite.
Die meisten Autos waren bereits verschwunden.

Zu meiner Verwirrung, waren auch die Autos der anderen nicht mehr da, wo sie vorher mal waren.

Ich schaute mich auf dem ganzen Platz um, konnte sie jedoch nicht finden.
Der ganze Regen hatte meine Klamotten bereits komplett durchnässt.

Schnell warf ich einen Blick auf mein Handy.
"Scheiße!"
Es war 23:10 Uhr. In 5 Minuten würde mein letzter Bus fahren.

Ich würde es jedoch niemals in 5 Minuten zu meiner Bushalte schaffen.
Verdammt, warum musste es auch Sonntag sein.
In diesem beschissenen Kaff war der Bus, der um 23:15 Uhr wegfuhr, an einem Sonntag leider Gottes der letzte.

Der nächste Bus würde erst um 5:00 Uhr kommen.
Genervt zückte ich mein Handy aus meiner Hosentasche.

Das ganze Wasser auf meinem Handy, machte es mir schwer dieses zu bedienen.

In dem Moment, in dem ich auf die Nummer meiner Mutter drücken wollte, schaltete sich mein Handy auch schon ab.

"Kacke verdammt!"
Kein Akku mehr.

Verzweifelt fuhr ich mir durch meine Haare.
Das hieß dann wohl laufen.
Noch schlechter konnte dieser Tag auch nicht mehr laufen, oder?

"Schlechtes Wetter für einen Spaziergang. Findest du nicht?", ertönte es plötzlich von der Seite.

Chris - Because Enemies Don't Look At Each Other Like ThatWo Geschichten leben. Entdecke jetzt